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Als Conway geendet hatte, seufzte O’Mara und schwieg ein paar Sekunden, dann sagte er: „In Schleuse sechs waren vier unserer besten Diagnostiker, Wesen, deren Verlust sich dieses Hospital nicht leisten kann. Ihre schnelle Reaktion hat zweifellos wenigstens drei von ihnen das Leben gerettet, Sie sind also zwei Helden.“

Conway hustete verlegen.

In diesem Augenblick kam ein Leutnant des Monitor-Korps ins Zimmer und ging auf O’Mara zu.

„Entschuldigen Sie, Sir“, sagte er. „Ich habe etwas gefunden, was uns vielleicht bei der Suche nach dem SRTT hilft. Eine DBLF-Schwester will einen PVSJ ungefähr zur Zeit des Unfalls gesehen haben. Für einen DBLF sind PVSJs sowieso nicht besonders hübsch, aber die Schwester sagt, der hier hätte noch viel schlimmer als gewöhnlich ausgesehen. Sie sagte, es sei sicher ein Patient gewesen, der eine ganz schreckliche Krankheit…“

„Sie haben überprüft, ob wir einen PVSJ hier haben, der an dieser Krankheit leidet?“

„Ja, Sir. Keiner da.“

O’Mara blickte plötzlich grimmig drein. „Schön“, sagte er. „Sie wissen, was Sie zu tun haben.“ Er nickte dem Offizier zu.

Conway hatte kaum mehr an sich halten können, und als der Leutnant jetzt den Raum verlassen hatte, platzte er heraus:

„Das Ding, das ich aus der Luftschleuse kommen sah, hatte Tentakel und… und… nun, es sah jedenfalls nicht wie ein PVSJ aus. Ich weiß, daß ein SRTT seine Körperform verändern kann, aber so radikal und in so kurzer Zeit…!“

O’Mara stand auf. „Wir wissen praktisch überhaupt nichts über diese Lebensform — aber wir dürfen jedenfalls nicht zulassen, daß ein Besucher hier frei herumläuft, denn er wird schon durch reines Unwissen eine Menge Schaden anrichten.

Sehen Sie sich also nach Patienten um, die Ihnen komisch vorkommen. Leutnant Carlson ist gerade in die Funkzentrale gegangen, um alle Insassen des Hospitals zu verständigen. Wenn Sie etwas finden, das vielleicht unser SRTT sein könnte, dann nähern Sie sich ihm vorsichtig. Machen Sie keine ruckartigen Bewegungen, und achten Sie darauf, ihn nicht zu verwirren. Und verständigen Sie mich sofort.“

26

Als sie O’Maras Büro verlassen hatten, führte Conway Prilicla zur ersten ihrer Stationen und bemühte sich unterwegs, den GNLO mit wichtigen statistischen Daten des Hospitals vertraut zu machen.

Die Station enthielt achtundzwanzig Babies der Klassifikation FROB — kleine, kräftig gebaute, ungeheuer starke Wesen mit einem Hornpanzer, der die Festigkeit von Stahlplatten hatte. Erwachsene Wesen dieser Spezies neigten wegen ihrer großen Masse dazu, langsam und träge zu sein, aber die Jungen vermochten sich trotz der vierfachen Erdschwerkraft und des hohen Drucks, in dem sie lebten, überraschend schnell zu bewegen. In dieser Umgebung bedurfte es eines schweren Schutzanzuges, und das unterste Stockwerk dieser Station wurde nur in äußersten Notfällen überhaupt von Ärzten aufgesucht. Man hievte vielmehr die Patienten mit Hilfe einer Art Flaschenzug in die Höhe, um sie dann in einer eigens für diesen Zweck geschaffenen Kuppel in der Decke zu untersuchen, wo man ihnen mit einer langen, extrem starken Nadel eine Spritze verpaßte. Diese Nadel wurde an der Stelle eingeführt, wo das Vorderbein an den Körper anschloß — eine der wenigen weichen Stellen am Körper eines FROB.

„… Sie werden wahrscheinlich eine Menge Nadeln abbrechen, bis Sie das richtig heraushaben“, fügte Conway hinzu, „aber machen Sie sich darüber keine Gedanken.“

Sie gingen auf die FROB-Station zu Prilicla, sechs vielgliedrige und bleistiftdünne Beine bewegten sich mit verblüffender und gleichzeitig verwirrender Schnelligkeit, und Conway hatte ständig Angst, einmal auf eines zu treten — was aber nie geschah.

„Um wieder auf unsere dickhäutigen kleinen Freunde zurückzukommen“, sagte Conway, „diese Unempfindlichkeit bezieht sich, besonders bei den jüngeren Angehörigen dieser Spezies, leider nicht auch auf Bakterien oder Viren, und die Kleinen…“

„… bekommen jede Krankheit“, unterbrach Prilicla. „Und wenn irgendwo eine neue Krankheit entdeckt wird, sind sie die ersten, die sich anstecken.“

Conway lachte. „Ich hatte ganz vergessen, daß die meisten ET-Krankenhäuser FROBs haben und daß Sie sie vermutlich schon kennen. Dann wissen Sie auch, daß diese Krankheiten für die Jungen nur selten tödlich verlaufen, aber daß die Therapie immer lang und kompliziert ist. Keiner von den achtundzwanzig Fällen hier ist ernsthaft, und der Hauptgrund für ihre Anwesenheit hier ist, daß wir ein neues Universalserum entwickeln wollen, womit man ihnen auf künstlichem Wege schon die Immunität gegenüber Ansteckungen beibringen möchte, die sie sich später im Leben sowieso erwerben und so… halt!“

Er stieß den Befehl im Flüsterton hervor. Prilicla erstarrte, und seine Füße mit den Saugnäpfen klammerten sich an den Boden. Dann starrten beide Ärzte das Wesen an, das gerade vor ihnen im Korridor aufgetaucht war.

Auf den ersten Blick sah es wie ein Illensaner aus. Der formlose, stachelbewehrte Körper mit den trockenen Membranen, die die oberen und unteren Glieder verbanden, gehörte zweifellos der PVSJ-Gattung der Chloratmer an. Aber darüber hinaus besaß das Wesen noch zwei Tentakel, die von einem FGLI zu stammen schienen, und dazu atmete es ebenso wie sie eine an Sauerstoff reiche Luft.

Das konnte nur der Ausreißer sein.

Conway erinnerte sich an O’Maras strikte Anweisung, das Wesen nicht zu erschrecken und versuchte, sich etwas Freundliches und Beruhigendes auszudenken, was er zu ihm sagen konnte. Aber der SRTT rannte sofort davon, als er sie erblickte, und Conway brachte nur hervor:

„Schnell, ihm nach!“

Sie erreichten die Korridorkreuzung und bogen in den Gang ein, in der der fliehende SRTT verschwunden war. Prilicla hatte sich wieder an die Decke geschwungen, um Conway nicht im Wege zu sein. Aber als Conway dann sah, was der SRTT zu tun im Begriff war, vergaß er alle Vorsätze, und er schrie: „Halt, du Narr! Nicht da hinein…!“

Der SRTT stand vor dem Eingang zur FROB-Station.

Sie erreichten die Schleuse einen Augenblick zu spät und mußten hilflos durch die Luke zusehen, wie der SRTT die innere Pforte öffnete und von der vierfachen Schwerkraft erfaßt und zu Boden gerissen wurde. Dann schloß sich die innere Tür automatisch, und Prilicla und Conway konnten die Schleuse betreten und sich auf die geänderten Umweltbedingungen im Innern der Station vorbereiten.

Conway fuhr mit nervöser Hast in den Schutzanzug, den er immer in der Schleusenkammer aufbewahrte, und schaltete dann seinen Schwerkraftgürtel auf den hier erforderlichen Wert. Prilicla war inzwischen mit seinen eigenen Geräten beschäftigt. Während Conway seinen Anzug noch einmal überprüfte und dabei über diese doch so nötige Zeitverschwendung fluchte, erblickte er durch eine Luke in der Schleusenwand etwas, was ihn schaudern ließ.

Die pseudoillensanische Gestalt des SRTT lag an den Boden gepreßt da. Sie zuckte leicht, und schon näherte sich eines der größeren FROB-Babies, um diesen eigenartigen Gegenstand zu untersuchen. Einer der großen säulenartigen Füße mußte auf den SRTT getreten sein, denn er zuckte zurück und begann sich schnell und unglaublich zu verändern. Die schwachen, membranartigen Glieder des PVSJ schienen mit dem Hauptkörper zu verschmelzen, der sich in die knochige, echsenartige Gestalt mit den gefährlich aussehenden, zugespitzten Tentakeln verwandelte, die sie zuerst in Schleuse sechs gesehen hatten. Das war offenbar die furchterregendste Manifestation des SRTT.

Aber der junge FROB besaß beinahe die fünffache Masse des anderen und empfand daher keineswegs Angst. Er senkte seinen massiven Kopf und stieß zu. Der SRTT krachte nach einem Flug von zwanzig Fuß gegen die Wand. Der FROB wollte spielen.

Die Schleuse hatte sich inzwischen vor den beiden Ärzten geöffnet, und beide kletterten jetzt hastig die Treppe zur Decke hinauf, von wo aus man viel besser sehen konnte. Der SRTT veränderte sich erneut.