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„Eine geniale Theorie, Doktor“, sagte O’Mara schließlich mit ungewohnter Freundlichkeit. „Noch mehr als das — ich glaube, Sie haben genau erfaßt, was hier geschehen ist, nicht nur in der Theorie. Es ist nur schade, daß dieses Wissen dem Patienten nicht hilft…“

„Darüber habe ich auch nachgedacht“, unterbrach ihn Conway eifrig, „und ich glaube, der Ausreißer ist im Moment das dringendere Problem — wenn wir ihn nicht bald einfangen und beruhigen, gibt es Verletzte — zumindest in meiner Abteilung. Unglücklicherweise ist Ihre Idee, es mit Hilfe einer Tonbandaufzeichnung seiner eigenen Sprache zu beruhigen, nicht gerade sehr erfolgreich, um es gelinde auszudrücken…“

„Da haben Sie allerdings recht“, sagte O’Mara trocken.

„… Aber“, fuhr Conway fort, „wenn wir diese Idee dahingehend abwandelten, daß der Alte oben zu dem Ausreißer spricht, wie wäre das? Wenn wir zuerst den alten SRTT kurierten…“

„Den Alten kurierten! Was, zum Teufel, glauben Sie eigentlich, haben wir die letzten drei Wochen wohl getan?“ brauste O’Mara auf. Aber er fing sich sofort wieder und erkannte, daß Conway im Augenblick alles andere im Kopf hatte, nur nicht dumme Witze.

„Entschuldigen Sie, Doktor, reden Sie weiter.“

Conway gehorchte. Als er geendet hatte, war am Interkom ein lautes Aufseufzen zu hören, und dann: „Ich glaube, Sie haben die Lösung. Wir müssen es versuchen und werden es auch tun, trotz des Risikos, das Sie erwähnten“, sagte O’Mara erregt. Und jetzt klang seine Stimme plötzlich wieder abgehackt und befehlsgewohnt. „Sie übernehmen die Leitung dort unten, Doktor. Sie wissen besser, was Sie wollen, als sonst jemand. Und nehmen Sie sich den DBLF-Ruhesaal im 59. Stockwerk — der ist nahe bei Ihrer Abteilung und kann schnell evakuiert werden. Die Geräte, die Sie brauchen, sind in fünfzehn Minuten dort. Sie können sofort anfangen, Conway…“

Ehe sein Gerät abgeschaltet wurde, hörte er O’Mara Anweisungen an das Monitor-Korps geben. Sämtliches Personal der Säuglingsstation stehe ab sofort unter Conways und Priliclas Kommando — und als Conway sich umdrehte, drängten sich schon die ersten grünuniformierten Monitore in die Schleuse.

28

Irgendwie mußten sie es fertigbringen, den jungen SRTT in den DBLF-Ruheraum zu treiben, aber dazu mußten sie ihn zuerst aus der AUGL-Station herauslocken. Das war die Aufgabe von zwölf Angehörigen des Monitor-Korps, die schwitzend und fluchend in ihren schweren Anzügen herumschwammen, bis sie den Ausreißer an eine Stelle gedrängt hatten, wo sein einziger Fluchtweg die Schleuse war.

Conway, Prilicla und eine Anzahl weiterer Monitore warteten im Korridor, als der SRTT durchkam. Sie hatten alle Schutzkleidung angelegt, um auf ein halbes Dutzend verschiedene Umgebungen vorbereitet zu sein, durch die die Jagd sie vielleicht führen würde. Murchison hatte auch mitgehen wollen — sie wollte am Ende dabei sein, hatte sie erklärt — aber Conway hatte ihr scharf erklärt, ihre Aufgabe sei es, über die drei AUGL-Patienten zu wachen.

Der Ausreißer hatte sich erneut verwandelt — und zwar diesmal in eine Gestalt, die entfernt an die eines Erdenmenschen erinnerte. Jetzt rannte er auf gummiartigen Beinen, die an den falschen Stellen durchknickten, durch den Korridor, und die schuppige, bläuliche Haut, die er in dem AUGL-Tank besessen hatte, glättete sich zusehends und verwandelte sich in das Weiß eines Arztmantels und die rosa Farbe von menschlicher Haut.

Plötzlich schlug er einen Haken, der ihn in einen MSVK-Korridor führte. Die plötzliche Wendung überraschte die Verfolger, so daß sie in wirrem Durcheinander hinter der inneren Pforte der Verbindungsschleuse zusammenstießen. Die MSVKs waren dreibeinige, entfernt an Störche erinnernde Wesen, die eine äußerst geringe Schwerkraftanziehung benötigten, an die sich DBGDs, wie Conway, nicht sofort anpassen konnten. Aber während Conway noch halb in der Luft schwebte, reagierten die Monitore dank ihrer Weltraumausbildung bereits. Der SRTT wurde wieder in die Sauerstoffabteilung zurückgetrieben.

Der DBLF-Ruhesaal war nur noch ein paar Minuten entfernt, und der SRTT steuerte geradewegs darauf zu. Wieder veränderte sich das Wesen, diesmal in etwas Niedriges, Schweres, das sich auf allen vieren bewegte. Es schien sich gleichsam zu verdichten, und man hatte den Eindruck, als bilde sich ein Panzer. Es befand sich immer noch in diesem Zustand, als plötzlich zwei Monitore schreiend und wild mit den Armen herumfuchtelnd aus einem Seitengang schossen und in den Ruheraum rasten — und ihn leer fanden!

Conway fluchte. Der Korridor hätte von mindestens einem halben Dutzend Monitoren bewacht sein sollen. Wahrscheinlich befanden sie sich noch im Ruheraum, um ihre Geräte aufzustellen, und der SRTT würde an der Tür vorbeirennen.

Aber Conway hatte nicht mit der schnellen Reaktion Priliclas gerechnet. Sein Assistent mußte die Lage im gleichen Augenblick wie er erkannt haben. Der kleine GNLO rannte den Korridor hinunter, überholte den SRTT und schwang sich zur Decke hinauf. Conway wollte schon eine Warnung rufen und dem GNLO sagen, daß er gegen ein Wesen, das jetzt alle Merkmale einer übergroßen und äußerst behenden gepanzerten Krabbe hatte, keine Chance besäße. Aber dann sah er, was sein Assistent beabsichtigte.

Etwa dreißig Fuß vor dem fliehenden SRTT stand eine motorbetriebene Tragbahre in einer Nische. Er sah Prilicla auf die Bahre zurennen, den Starterknopf drücken und weiterlaufen. Prilicla war nicht selbstmörderisch tapfer, sondern lediglich intelligent und schnell, und das zählte unter diesen Umständen viel mehr.

Die Bahre setzte sich unkontrolliert in Bewegung und rollte in den Korridor hinaus — geradewegs auf den SRTT zu. Es gab ein metallisches Krachen und dann eine Wolke gelbschwarzen Rauchs, als die schweren Batterien zersprangen und kurzschlossen. Ehe die Ventilatoren den Qualm beseitigt hatten, war es den Monitoren gelungen, den benommenen und beinahe reglosen Ausreißer in den Ruheraum zu treiben.

Ein paar Minuten darauf trat ein Monitoroffizier auf Conway zu. Er deutete mit einer Kopfbewegung auf das wirre Durcheinander von Gerätschaften, die erst vor wenigen Minuten aufgebaut worden waren, und erst jetzt sah Conway bewußt die grün uniformierten Männer, die sich an den Wänden postiert hatten und alle zur Mitte des großen Saales blickten, wo der SRTT sich langsam umdrehte und einen Fluchtweg suchte. Wenn man den Monitoroffizier ansah, spürte man, welche Neugierde er empfand, aber er war bemüht, sich davon in seiner Stimme nichts anmerken zu lassen.

„Doktor Conway, nehme ich an? Nun, Doktor, was sollen wir jetzt tun?“

Conway fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Bis jetzt hatte er nicht viel darüber nachgedacht — er hatte geglaubt, es würde ihm leichtfallen, weil der junge SRTT eine solche Gefahr für das Hospital darstellte und schon soviel Unheil angerichtet hatte. Aber jetzt begann er, ihm leid zu tun.

Conway zuckte die Achseln und sagte heiser:

„Sie sehen dieses Tierchen da in der Mitte. Ich möchte, daß Sie ihm Todesangst einjagen.“

Er mußte das natürlich näher erklären, aber die Monitore verstanden sehr schnell und setzten die Geräte, die man ihnen geschickt hatte, mit großer Begeisterung ein.

Es bestand kein Zweifel, daß der SRTT Angst hatte — Prilicla berichtete laufend über seine emotionellen Empfindungen.

„Ruhe!“ schrie Conway plötzlich. „Versuchen Sie es einmal mit den leisen Sachen!“

Der Lärm vorher war nur die Einleitung gewesen. Jetzt kamen andere Dinge — doch diesmal ohne Geräusch, weil Conway hören wollte, was für Laute der SRTT von sich gab.

Rings um die zitternde Gestalt inmitten des Saales platzten Raketen, die blendendes Licht, aber nur wenig Hitze von sich gaben. Gleichzeitig traten Zug- und Druckstrahlen in Aktion, die an dem SRTT herumzerrten und ihn auf dem Boden hin- und herschoben und ihn manchmal auch in die Höhe hoben oder gegen die Decke schmetterten. Die Strahlen arbeiteten nach dem gleichen Prinzip wie die Schwerkraftgürtel, ließen sich aber viel feiner einstellen.