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Jetzt hatte der SRTT wirkliche Angst, solche Angst, daß selbst Nichtempathen es fühlen konnten. Die verschiedenen Gestalten, die er annahm, würden Conway noch wochenlang Alpträume verursachen.

Conway hob ein Handmikrofon an die Lippen und legte den Schalter um. „Schon irgendwelche Reaktionen dort oben?“

„Bis jetzt noch nicht“, dröhnte O’Maras Stimme aus den Lautsprechern an den Wänden. „Ich weiß nicht, was Sie gerade tun, aber Sie müssen noch dicker auftragen.“

„Aber das Wesen befindet sich schon im Zustand äußerster Panik…“ begann Prilicla.

Conway funkelte seinen Assistenten an. „Wenn Sie’s nicht vertragen, dann verschwinden Sie!“ herrschte er ihn an.

„Ruhig Blut, Conway“, war O’Maras Stimme zu hören. „Ich weiß schon, wie Sie sich fühlen, aber vergessen Sie nicht, daß das Endergebnis das alles rechtfertigt…“

„Aber wenn es nicht funktioniert?“ protestierte Conway, und dann: „Ach, lassen Sie nur.“ Zu Prilicla sagte er: „Tut mir leid.“ Dann fragte er den Offizier neben sich: „Könnten wir noch mehr Druck ausüben?“

„Ich würde vorschlagen, daß wir ihn noch herumdrehen sollten. Manche Spezies werden völlig demoralisiert, wenn man sie dreht“, sagte der Monitor.

Und so kam noch eine Drehbewegung hinzu — nicht eine einfache Drehbewegung, sondern ein wildes, rollendes, stoßendes Drehen, so daß Conway schon allein vom Zusehen übel wurde. Und gleichzeitig flammten immer noch Leuchtraketen auf, zischten auf das Wesen zu und wurden wieder weggerissen. Die Männer hatten schon einen Großteil ihrer Begeisterung verloren, und Prilicla schwankte auf seinen sechs spindeldürren Beinen, als hätte ihn ein Sturmwind erfaßt.

Es war falsch gewesen, Prilicla mitzunehmen, sagte sich Conway; man durfte einfach einen Empathen keiner solchen brutalen Behandlung — wenn auch nur auf Umwegen — aussetzen. Er, Conway, hatte von Anfang an einen Fehler gemacht, weil die ganze Idee grausam und sadistisch und falsch war. Er war noch schlimmer als ein Ungeheuer.

Und dann begann hoch über ihm jener dunkle, sich drehende Fleck, von dem Conway wußte, daß er ein junger SRTT war, ein hohes, schrilles Geräusch von sich zu geben.

Und im gleichen Augenblick ertönte chaotischer Lärm aus den Wandlautsprechern. Schreie, Rufe, splitternde Geräusche und eilige Schritte und im Hintergrund ein schweres, grollendes Knurren. Dann kam O’Maras Stimme durch. Er schrie jemand etwas zu, und dann brüllte eine ihnen unbekannte Stimme:

„Um Himmels Willen, hört auf dort unten! Jetzt ist der Alte aufgewacht und schlägt uns den ganzen Saal in Trümmer…!“

Sie stellten die Drehbewegung ein, ließen den SRTT langsam zu Boden sinken und warteten dann gespannt, während das Schreien und der Lärm aus der Beobachtungsstation drei seinen Höhepunkt erreichte und langsam wieder abflaute. Die Männer an der Wand standen reglos da und sahen einander an oder musterten das Wesen auf dem Boden. Und dann kam es.

Das Geräusch war ähnlich den fremdartigen Lauten, die man vor ein paar Stunden über den Interkom vernommen hatte, aber jetzt fehlten die Störgeräusche, und da alle ihre Translatoren eingeschaltet hatten, kam es in englischer Sprache durch.

Es war der alte SRTT, der, jetzt physisch wieder ganz in Ordnung, besänftigend und zugleich tadelnd auf seinen Sprößling einredete. Er sagte, der Kleine sei unartig gewesen und solle nicht mehr herumrennen und alle Leute wildmachen, und es würde ihm nichts mehr passieren, wenn er den Wesen gehorchte, die mit ihm im Raum seien. Und je schneller er das täte, schloß der alte SRTT seine Ermahnung, desto eher könnten sie beide nach Hause gehen.

In geistiger Hinsicht hatte der Ausreißer furchtbare Prügel bezogen, das wußte Conway. Vielleicht sogar zuviel. Gespannt sah er zu, wie das Wesen — immer noch in einer Gestalt, die weder Fisch noch Fleisch war — über den Boden humpelte. Als es dann einen der Monitore sanft und untertänig ans Knie stieß, erhob sich ein Hallo, das an Lautstärke dem Lärm vorher kaum nachstand.

„Als Prilicla hier mir den Tip gab, was dem alten SRTT fehlte, war ich ziemlich sicher, daß nur eine drastische Kur ihm helfen würde“, sagte Conway zu den Diagnostikern und Seniorärzten, die rings um O’Maras Schreibtisch saßen.

Der Umstand, daß er in solch erhabener Gesellschaft saß, war ein sicheres Zeichen für das Lob, das man ihm zollte, aber er war trotzdem etwas nervös, als er fortfuhr. „Meine Idee war daher, das enge physische und emotionelle Band zu benutzen, das, wie ich entdeckte, zwischen dem SRTT und seinem jüngsten Sprößling existierte. Also fingen wir den Jungen im DBLF-Ruheraum und versuchten, ihm Angst einzujagen, wobei wir die Laute, die er dabei von sich gab, hierher übertrugen. Das funktionierte. Der alte SRTT konnte einfach nicht liegenbleiben und nichts tun, während sein jüngster und am meisten geliebter Sprößling sich offenbar in schrecklicher Gefahr befand. Seine elterliche Sorge und Liebe überwanden also die Psychose und zwangen ihn in die Realität zurück. Er konnte den Kleinen beruhigen, und alle Betroffenen waren glücklich und zufrieden.“

„Eine hervorragende Schlußfolgerung, die Sie da gezogen haben, Doktor“, lobte O’Mara. „Ich muß Ihnen meine Anerkennung aussprechen…“

In diesem Augenblick unterbrach ihn der Interkom. Es war Murchison. Sie berichtete, daß der Zustand der drei AUGLs seine, Conways, Anwesenheit erforderte. Conway verlangte ein AUGL-Band für Prilicla und sich selbst und erklärte, wie dringend die Angelegenheit sei. Während sie das Band aufnahmen, begannen die Diagnostiker und Seniorärzte den Raum zu verlassen. Conway dachte etwas enttäuscht, daß Murchisons Anruf seinen vielleicht größten Augenblick zerstört hatte.

„Machen Sie sich keine Gedanken, Doktor“, sagte O’Mara, der manchmal seine Gedanken zu lesen schien. „Wenn dieser Anruf fünf Minuten später gekommen wäre, wäre Ihr Kopf so angeschwollen gewesen, daß Sie das Band nicht mehr hätten aufnehmen können…“

Zwei Tage darauf hatte Conway seine erste und einzige Meinungsverschiedenheit mit Dr. Prilicla.

Er behauptete, daß es ohne die Unterstützung von Priliclas empathischer Fähigkeit und Murchisons Wachsamkeit unmöglich gewesen wäre, alle drei AUGLs zu kurieren. Der GNLO erklärte, er müsse zu seinem größten Bedauern seinem Vorgesetzten widersprechen, aber Dr. Conway habe nicht recht. Murchison dagegen erklärte, es sei ihr ein Vergnügen gewesen, helfen zu können und bat um Urlaub.

Conway sagte ja und setzte dann die Debatte mit Prilicla fort.

Conway wußte, daß er die drei AUGLs ohne die Hilfe des kleinen Empathen nicht hätte retten können — vielleicht nicht einmal einen. Aber er war der Chef, und wenn ein Chef und seine Assistenten etwas leisten, gebührt der Ruhm dem Chef.

Der Streit, wenn das der richtige Ausdruck für eine im Wesen freundliche Meinungsverschiedenheit war, dauerte Tage. Die Arbeit in der Säuglingsstation tat sich beinahe von selbst, und sie hatten keine ernsten Sorgen. Von dem Wrack, das mit einem Insassen im Augenblick zum Hospital unterwegs war, wußten sie nichts.

So wußte Conway auch nicht, daß er binnen zwei Wochen der bestgehaßte Mann im ganzen Hospital sein würde.

29

Kreuzer Sheldon vom Monitor-Korps tauchte etwa fünfhundert Meilen von Sektor 12 entfernt aus dem Hyperraum auf. Das Wrack, das den eigentlichen Anlaß seines Kommens bildete, wurde vom Saugfeld seiner Hypergeneratoren sanft gegen den Rumpf gepreßt. Irgendwo in dem Wrack verborgen, das der Monitorkapitän neben sich herschleppte, gab es einen Überlebenden, der dringend ärztliche Hilfe brauchte.

Der Kapitän nahm schnell Verbindung mit dem Empfang auf und schilderte seine Lage, worauf man ihm versicherte, daß man sich der Sache sofort annehmen würde.