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»Barbarinnen.«

»Barbarinnen?«

»Ja, ungeübte, unausgebildete, rohe, leckere kleine Schönheiten, von denen viele so gut wie kein Goreanisch sprechen.«

»Woher kommen sie?«

»Keine Ahnung. Der Lieferpunkt scheint irgendwo in der Nähe Kailiauks zu liegen. Für die Märkte taugen sie allerdings wenig.«

Die Information interessierte mich. Die Lieferpunkte für Sklavenhändler, die mit den Kurii zusammenarbeiteten, waren auf Gor sehr veränderlich. Diese Praxis wurde zweifellos geübt, um der Entdeckung durch die Priesterkönige zu entgehen.

»Werden diese Barbaren in der Regel nach Westen über den Boswell-Paß gebracht?« fragte ich.

»Beinahe nie«, sagte der junge Mann. »Meistens transportiert man sie nach Süden, offenbar über die dortigen Pässe.«

Die neue Einzelheit bestärkte mich in meinem Verdacht, daß die Mädchen in der Tat von der Erde entführt worden waren. Wurden sie nämlich über den Boswell-Paß geschafft, hätten sie früher oder später Clark aus Thentis auffallen müssen, einem dortigen Sklavenhändler, der den Priesterkönigen schon manche Dienste geleistet hatte.

»Interessant«, sagte ich. Die Umgebung Kailiauks, das so dicht am Ödland lag, schien für die Anlieferung frischen Sklavenmaterials geeignet zu sein, weil sie so unzugänglich war. Außerdem ließ sich damit erklären, wie die Kurii auf die Haut mit den Bildern aufmerksam geworden waren. Möglicherweise hatten sie in oder bei Kailiauk einen Agenten sitzen.

»Es heißt, daß solche Barbaren ausgezeichnete Sklavinnen ergeben«, wenn sie erst einmal richtig gezähmt und ausgebildet sind«, sagte der junge Mann.

»Das höre ich gern.«

»Aber besitzen wollte ich trotzdem keine«, sagte er.

»Hast du denn schon einmal eine besessen?«

»Nein.«

»Dann solltest du dich nicht voreilig festlegen.«

»Du hast recht.« Er lachte.

Der junge Mann hatte keine Ahnung, was er versäumte. Erdenmädchen, die nach jahrelanger sexueller Entbehrung auf den Planeten Gor gebracht wurden und sich plötzlich der absoluten maskulinen Dominanz unterworfen sahen, ohne etwas anderes tun zu können, als ihre wunderbare, verborgene, bisher unterdrückte weibliche Natur hervorbrechen zu lassen, waren oft die dankbarsten, hingebungsvollsten, perfektesten Sklavinnen.

»Für den Markt taugen sie aber nichts«, meinte der junge Mann.

»Da magst du recht haben.« Durchaus vorstellbar, daß ein Überangebot an barbarischen Frauen einen negativen Einfluß auf die Preise hatte. Die mit den Kurii zusammenarbeitenden Sklavenhändler verteilten diese Mädchen natürlich auf verschiedene Märkte, was Nachforschungen erschwerte und im Durchschnitt die Preise verbesserte, die man erzielen konnte.

»Bald ist es Zeit, das Lager aufzuschlagen«, sagte der junge Mann.

»Bitte, Herr!« flehte das Mädchen, das schon vorhin zu uns gesprochen hatte. »Bitte binde mich im Lager los, ich möchte dir dienen.«

»Nein, ich!« rief ein anderes Mädchen.

Der junge Mann lachte. Die Mädchen wollten ihn gnädig stimmen. Dabei war er kein übel aussehender Bursche, und sie waren nur Sklavinnen. Die Beförderung solcher Frachten bringt nicht viel Lohn, doch gewisse Nebenvergünstigungen.

»Seht doch!« rief der Fahrer plötzlich und deutete nach rechts. »Rauch!« Sofort stand er auf und ließ die Peitsche ertönen. Grunzend erhöhten die Tharlarion das Tempo. Noch zweimal knallte die Peitsche. Die Mädchen auf der Ladefläche verstummten. Ich hielt mich am Rand des Kutschbocks fest. In einem weiten schrägen Tal rechts von uns, zwei oder drei Pasangs von der Straße entfernt, machte ich drei dünne Rauchsäulen aus.

»Schneller! Har-ta!« brüllte der junge Mann seinen Zugtieren zu.

»Wir sollten anhalten«, sagte ich. »Vielleicht können wir helfen.«

»Dazu ist es zu spät«, antwortete er. »Wenn man den Rauch sehen kann, ist es zu spät. Dort ist längst jeder tot oder gefangen.«

Hinten auf dem Wagen stieß eines der Mädchen einen Angstschrei aus. Als nackte, gefesselte Sklavinnen waren sie völlig hilflos.

»Dennoch muß ich mich dort umhören.«

»Dann tust du das allein.«

»Einverstanden, halt an!«

»Reiter!« rief der junge Mann. Weiter vorn auf der Straße wirbelte eine Staubwolke auf. Er brachte die Tharlarion zum Stehen. Ächzend scharrten sie mit den Hufen auf dem Kies und warfen die Köpfe hoch. Der junge Mann sah sich verzweifelt um. Auf der schmalen Straße konnte er den Wagen nicht wenden. Die Mädchen begannen zu kreischen und sich in ihren Fesseln zu winden.

»Soldaten!« sagte ich. Ich war auf dem Kutschbock aufgestanden.

»Dank sei den Priesterkönigen!« rief der junge Mann.

Gleich darauf zügelte eine Abteilung Soldaten ihre Kaiila vor dem Wagen, es waren Lanzenträger und Armbrustschützen. Sie trugen die Farben Thentis’. Von Kopf bis Fuß waren sie mit Staub bedeckt. Die Uniformen waren schwarz von Dreck und Schweiß. Die Flanken der tänzelnden Kaiila waren schaumbedeckt. Die Tiere schnaubten, warfen die Köpfe hoch und atmeten keuchend. Die dritten Lider, die durchsichtigen Sturmmembranen, waren heruntergezogen und ließen die herumrollenden Augen gelb erscheinen.

»Staubfüße«, sagte der Offizier, der die Männer anführte. »Die Straße ist geschlossen. Wohin wollt ihr?«

»Nach Fort Haskins«, sagte der junge Mann.

»Ihr könnt hier nicht bleiben, und umkehren wäre gefährlich«, meinte der Offizier. »Am besten wäre es wohl, wenn ihr so schnell wie möglich nach Fort Haskins weiterfahrt.«

»Das werde ich tun.«

»Es ist doch ungewöhnlich, nicht wahr, daß die Staubfüße auf dem Kriegspfad sind?« fragte ich. Soweit ich wußte, gehörten sie zu den friedlicheren Stämmen des Ödlandes. Sie traten oft sogar als Vermittler zwischen den Männern der Siedlungen und den wilderen Stämmen des Landesinneren auf, zum Beispiel den Gelben Messern, den Sleen und den Kaiila.

»Wer bist du?« fragte der Offizier.

»Ein Reisender«, gab ich zurück.

»Wir wissen nicht, was sie in Wut gebracht hat«, sagte der Offizier. »Sie haben niemanden getötet. Nur Höfe niedergebrannt und Kaiila mitgenommen.«

»Vielleicht handelt es sich um eine Warnung«, sagte ich.

»Sieht so aus«, erwiderte der Offizier. »Zum Beispiel haben sie nicht im ersten Licht des Morgens angegriffen. Sie kamen ganz offen, taten ohne Eile ihre Arbeit und zogen sich zurück.«

»Sehr rätselhaft«, sagte ich.

»Es ist ein friedliebender Stamm«, fuhr der Soldat fort, »aber ich muß schleunigst weiter. Vielleicht rücken nun gleich auch noch die Sleen oder Kaiila an.«

Ein Mädchen auf dem Wagen begann entsetzt zu wimmern.

Langsam ritt der Offizier um den Wagen herum und besah sich durch die hölzernen Gitterstäbe unsere Ladung.

»An eurer Stelle würde ich schleunigst weiterfahren. Nicht einmal Staubfüße könnten dieser Ladung widerstehen.«

»Jawohl, Hauptmann!« sagte der junge Mann. Der Offizier ritt wieder an die Spitze seiner Männer, während der junge Kutscher aufstand, mit einer Hand die Zügel schüttelte und mit der anderen die Peitsche schwang. »Los, los, ihr Viecher!« brüllte er. Behäbig setzten sich die Tharlarions in Bewegung, und knirschend fuhr der Wagen an. Die Mädchen waren stumm.

Nach wenigen Ehn hatten wir gut einen Pasang zurückgelegt. Wir waren wieder allein. Es war dunkel.

»Die Sklavinnen haben Angst«, sagte ich.

»Wir werden nicht lagern«, antwortete der junge Mann, »sondern die ganze Nacht durchfahren. Ich werde nur ab und zu halten, damit die Tharlarion sich ausruhen können.«

»Eine weise Entscheidung«, bemerkte ich.

»So etwas sieht den Staubfüßen gar nicht ähnlich«, sagte er.

»So sehe ich die Sache auch«, erwiderte ich.

5

Ich machte Platz, indem ich an den Rand der Straße trat. Früh am Morgen hatte es geregnet, und der Boden war schlammig. Die Männer, einige zu Fuß, einige auf Kaiila, überholten mich waffenklirrend. Ich schaute einigen in die Augen. Es waren Söldner. Sie gehörten allerdings keiner Söldnerkompanie an, die ich kannte. Zweifellos waren sie hier und dort angeworben worden. Sie trugen die unterschiedlichsten Uniformen und Uniformteile und ein Durcheinander von Waffen. Einige besaßen womöglich nicht einmal einen Heimstein. Die Truppe zog nach Norden, wie ich. Vermutlich lag ihr Ziel ebenfalls in Kailiauk. Ich schätzte die Stärke der Kolonne auf tausend Mann – eine ungewöhnliche Größe für eine goreanische Söldnerstreitmacht. Man mußte schon viel Geld aufwenden, um eine solchen Armee anzuwerben und bei Laune zu halten.