Ich ging zur linken Seite hinüber, um mir einige Nebenblöcke anzuschauen.
»Ich nehme die hier«, hörte ich einen Mann sagen – womit der Kauf des Mädchens vollzogen war. Sie gehörte zu den wenigen, für die Ram Seibar einen Preis festgesetzt hatte. Und die bereits gebrandmarkt worden waren. Sobald auf einer Nebenplattform ein Mädchen verkauft wurde, schob man ein anderes an ihre Stelle.
»Wie kommst du dazu, ein Mädchen ohne Brandzeichen zu verkaufen?« wollte ein Besucher von einem Wächter wissen und deutete auf eine sommersprossige rothaarige Barbarin, die angstvoll auf einer Plattform kniete.
»Ist sie dir fünfzig Tarsks wert?« fragte der Wächter.
»Ja.«
Sofort nahm der Wächter das Mädchen von der Plattform und schob sie in die Arme eines bereitstehenden Helfers. »Fünfzig Tarsks für diesen kleinen Tarsk«, sagte er. »Dies wird der Käufer sein«, fuhr er fort und deutete auf den Mann, der sich für das Mädchen interessiert hatte. Der Assistent nickte, warf sich das Mädchen über die Schulter und verschwand.
»In zehn Ehn kannst du sie am Haupteingang abholen«, sagte der Sklavenhändler zu seinem Kunden. »Dann wird sie das Brandzeichen tragen.«
Der Mann nickte und wandte sich ab.
Ich lächelte vor mich hin. Das Geschäft war raffiniert geworden. Technisch gesehen würde der Verkauf erst stattfinden, nachdem die junge Frau das Brandzeichen erhalten hatte. Und nur so durften Sklavinnen verkauft werden. Ich warf einen Blick in die Runde. Die Mehrzahl der angebotenen Mädchen trug dieses Zeichen noch nicht. Natürlich lag dies an der Kürze der Zeit, die sie sich in Ram Seibars Besitz befanden. Daß die Mädchen so schnell zum Verkauf kamen, ist in der Grenzzone nicht ungewöhnlich. Erstens besteht eine starke Nachfrage, und zweitens haben die meisten Händler in dieser Gegend Gors wohl wenig Lust, Zeit und Geld für Training, richtige Ernährung und Leibesübungen aufzuwenden. Sie vertreten den Standpunkt, daß für diese Dinge auch der Herr des Mädchens sorgen kann, und zwar nach seinem eigenen Gutdünken.
»Ich nehme die hier«, sagte ein kleiner, stämmiger, breitschultriger Bursche, der einen breitkrempigen Hut trug. »Sie hat kräftige Beine. Laß sie brandmarken und zu den anderen tun.«
Der Angestellte des Sklavenhändlers nickte. Über den Preis wurde nicht gesprochen. Vermutlich war für eine bestimmte Anzahl von Mädchen eine Mengen-Abnahme vereinbart worden, vermutlich sogar mit Ram Seibar persönlich. Der Angestellte schien sich bei dem Gespräch mit dem Kunden nicht unsicher zu fühlen. Offenbar war der Mann in dieser Gegend gut bekannt. Er hatte schon mehr als ein Mädchen erworben, die meistens von gutem Aussehen, wenngleich ihm das nicht das Wichtigste zu sein schien. Für seine Käufe schienen ihm andere Kriterien wichtiger zu sein.
»Ehrenwerte Herren!« rief der Mann in dem schmutzigen blaugelben Hemd, der vorhin am Eingang seine Waren angepriesen hatte. »Ehrenwerte Herren! Wir sind bereit für die letzte Auktion des Abends!«
Diese Ankündigung wurde von interessiertem Gemurmel beantwortet, und die Anwesenden schoben sich durch den Raum auf die Hauptplattform zu. Dicht daneben war die voll bekleidete, anscheinend sehr hübsche junge Frau zur Schau gestellt. Offenbar hatte man sie bis zuletzt aufgehoben. Im Verlauf des Abends waren zu unregelmäßigen Zeiten andere Mädchen versteigert worden, fünfzehn oder sechzehn. Ich war geblieben, um den Verkauf dieser Frau zu beobachten, denn es interessierte mich zu sehen, ob sie so hübsch war, wie die zarten Gesichtszüge vermuten ließen. Sie war ein hellhäutiges, schlankes, geschmeidig wirkendes Mädchen. Sie schien hübsche Brüste, eine zarte Taille und wunderschön ausschwingende Hüften zu haben, die zweifellos ein verlockendes Liebesnest bargen. Ihre Augen, die von Zeit zu Zeit angstvoll in die Menge blickten, waren blau. Das rote Haar war mit einem Band streng zurückgebunden. Sie konnte als Vergnügungssklavin in Frage kommen.
Ich wandte mich zurück und blickte an der linken Reihe der Nebenplattformen entlang. Die Mädchen darauf wirkten verlassen, unbeachtet, einige schienen sich sogar zu ärgern, daß sie nicht mehr im Mittelpunkt des Interesses standen.
»Ich glaube, wir können anfangen!« rief der korpulente Mann. Mit der Kaiilapeitsche deutete er auf das rothaarige Mädchen. »Hier hätten wir das letzte gute Stück, auf das heute abend geboten werden kann, eine hellhäutige, rothaarige barbarische Schönheit.«
»Wir wissen nicht, ob sie schön ist oder nicht!« rief ein Mann.
Der Auktionator beachtete den Ruf nicht. »Ich möchte Ihnen gleich zu Anfang versichern«, fuhr er fort, »daß wir nach der Beendigung der Auktion noch eine Ahn geöffnet haben werden. Sie können dann noch einmal die Leckerbissen auf unseren Nebenplattformen in Augenschein nehmen und sich immer noch zu einem Kauf entscheiden.«
»Mach schon! Wir wollen sie sehen!« rief eine Stimme.
»Wir haben diese barbarische Schönheit bis zuletzt aufgehoben«, sagte der Angestellte Ram Seibars. »Sie bildet den krönenden Abschluß der Auktion des heutigen Abends. Seht sie euch an. Macht sie euch nicht Appetit?«
»Allerdings!« rief so mancher Zuschauer lachend.
»Wir wollen sie sehen!« forderte ein anderer.
»Eine hellhäutige, rothaarige barbarische Schönheit!« wiederholte der Auktionator. »Hochintelligent, vornehm erzogen und empfindsam, eine Frau, die sich in ihrer Heimat zweifellos aus der Masse heraushebt – die auf Gor aber das Gehorchen und Dienen lernen wird.«
Das Mädchen blickte bedrückt auf die Menge. Sicher verstand sie nicht, was mit ihr geschah. Sie war eine Barbarin und gerade erst auf diesen Planeten gebracht worden. Sie sprach kein Goreanisch.
Der Auktionator verstand sein Geschäft. »Seht euch an, was sie trägt, welch absurde Kleidung! Es scheint sich um ein Mittelding zwischen der Gewandung einer freien Frau und der einer Sklavin zu handeln.« Soweit ich erkennen konnte, hatte die Frau ein attraktives Kleid an, wie man es oft bei Karrierefrauen sieht, die nicht zu weiblich erscheinen wollen und dürfen. Das Kleid war aus einem weichen braunen synthetischen Material und fiel eine Handbreit unter das Knie. Kleine, runde rote Knöpfe schlossen das Vorderteil und ebenso die Manschetten. Ein in der Farbe passender Gürtel vervollständigte die Ausstattung.
»Ist dies die Kleidung einer freien Frau oder einer Sklavin?« rief der Auktionator.
»Die einer Sklavin!« riefen die Männer. »Zieht sie aus!«
»Wie ihr wollt.« Der Auktionator beugte sich nieder und befreite das Mädchen von den hochhackigen Schuhen, die mit Gurten befestigt waren. »Sie hat hübsche Füße«, verkündete er. »Findet ihr nicht auch?«
»Ja!« riefen mehrere Stimmen.
»Ich bin besser als sie«, sagte eine Mädchenstimme neben mir. Gleichzeitig legte sich eine Hand sanft um meinen Arm. Ich senkte den Blick und erinnerte mich an sie. Ich hatte sie vor dem Beginn der Verkäufe schon draußen auf der Straße gesehen, ein Tavernenmädchen namens Ginger.
»Ich dachte, du wärst besetzt«, sagte ich.
Sie zupfte mich am Ärmel. »Er behielt mich eine Ahn lang bei sich«, sagte sie mit Schmollmund. »Ich mußte ihm gut dienen.«
»Ausgezeichnet«, sagte ich.
»Aber jetzt bin ich nicht mehr besetzt, Herr«, sagte sie.
»Hör nicht auf sie, Herr«, schnurrte eine Stimme von der anderen Seite. »Komm lieber mit mir. Ich bin ebenfalls eine Barbarin und heiße Evelyn.« Ich schaute nach links. Dort stand ein dunkelhaariges Mädchen, offenkundig ebenfalls eine Tavernensklavin, obgleich sie anders gekleidet war. Offenbar gab es Unterschiede im Geschmack oder in der Geschäftsauffassung ihrer Herren: Das neue Mädchen trug ein enges, schulterfreies Oberteil, dazu einen kurzen schwarzen Seidenrock, der mit Rüschen und roten Linien bestickt und mit Krinolinen verstärkt war. Eine schwarze Schleife zierte den hinteren Teil ihres Stahlkragens. Ein rotes Band, in der Farbe passend zu den roten Stickereien, steckte in ihrem Haar. Es war eine Aufmachung, wie sie Sklavinnen normalerweise verweigert wird, und ließ in ihrem Gesamteindruck an andere Zeiten und fremde Welten denken. Natürlich leiten sich die meisten goreanischen Moderichtungen von irdischen Einflüssen her.