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»Beachte sie nicht«, sagte Ginger. »Begleite mich in Randolphs Taverne.«

»Nein, mich, zur Taverne des Russell!«

»Ihr beide müßt euch hier eingeschlichen haben«, sagte ich, denn ich konnte mir nicht vorstellen, daß Ram Seibar es begrüßte, wenn Mädchen in seinem Saal Freier suchten, besonders wenn ein Verkauf im Gange war.

»Schlimmstenfalls würde man uns auspeitschen und vertreiben«, sagte Evelyn.

»Aber auf die Waden«, gab Ginger zu bedenken. »Das tut weh.«

»Ja«, sagte Evelyn erschaudernd. Offenbar waren sie schon mehr als einmal von zornigen Helfern vom Grundstück getrieben worden.

»Nein!« rief das Mädchen, das, an den Händen aufgehängt, im Blickpunkt der Menge stand. »Nein! Nein!« Der Gürtel ihres Kleides war aufgerissen, das Kleid war ihr vom Leib gerissen worden.

»Was wollen Sie?« rief sie. »Was tun Sie da?«

»Ich finde sie nicht hübsch«, sagte Ginger.

»Ich auch nicht«, stimmte ihr Evelyn zu. »Du bist vielleicht sogar hübscher als sie.«

»Ich bin wunderschön!« behauptete Ginger. »Nicht ich, sondern du könntest allenfalls gerade ein bißchen ansehnlicher sein als sie, meine mannstolle kleinen Sklavendirne!«

»Mannstoll?« rief Evelyn. »Ich habe selbst gehört, wie du auf deine Fesseln beißt, wie du jammerst, damit man dich nachts losbindet.«

»Dabei ist es in Kailiauk kein Geheimnis, wie sehr du dir die Fingernägel abkratzt, um aus deinem Gehege herausgelassen zu werden!«

»Ich kann nichts dafür, daß die Männer mein Sklavenwesen zum Durchbruch gebracht haben«, sagte Evelyn mit Tränen in den Augen.

»Und auch in mir wurden alle Dämme eingerissen«, sagte Ginger. »Rückhaltlos.«

»Ich bin rückhaltloser in meiner Leidenschaft als du!« behauptete Evelyn.

»O nein, bist du nicht!«

»Seid still, ihr Sklavendirnen!« rief ich.

»Ja, Herr!« flüsterte Ginger.

»Ja, Herr!« sagte auch die andere.

Unter dem Kleid trug das Mädchen auf der Plattform einen knielangen Unterrock aus weißer Seide.

Müßig überlegte ich, warum sich die beiden Tavernenmädchen Ginger und Evelyn ausgerechnet mich ausgesucht hatten. Es gab viele Männer in Kailiauk. Um diese Abendstunde wollte es mir seltsam erscheinen, daß sie sich überhaupt aus der Taverne entfernt hatten. Gewiß war dies die Zeit, da sie sich darum kümmern mußten, für ihre Herren Geld zu verdienen, indem sie in ihren Nischen die Gäste unterhielten. Ich schlug mir den Gedanken aus dem Kopf.

»Nein!« flehte das Mädchen auf dem Block. »Bitte nicht!«

Der Unterrock wurde ihr heruntergezogen.

»Ein Silber-Tarsk!« rief ein Mann.

»Ausgezeichnet«, sagte der Auktionator.

Es schien mir ein ungewöhnlich hohes Gebot für eine untrainierte barbarische Sklavin zu sein, zumal als Eröffnung der Auktion. Andererseits war mir schon aufgefallen, daß in Kailiauk für Mädchen hohe Preise verlangt und bezahlt wurden, die natürlich von Ort und Zeit abhingen. In Kailiauk gibt es viele Männer mit Geld, das sie im Handel von Fellen und Horn und Kaiila verdient haben. Außerdem herrscht in dieser unmittelbaren Nähe der Grenzzone, nur wenige Pasangs von der Ihanke entfernt, fern der normalen Wege des Sklavenhandels, ein gewisser Mangel an Sklavinnen, besonders an schönen Mädchen. Dementsprechend machen die Männer der Gegend hohe Angebote.

Die zum Verkauf stehende Sklavin trug nun nur noch Büstenhalter und Höschen.

»Häßlich ist sie eigentlich doch nicht«, sagte Ginger.

»Nein«, meinte Evelyn.

»Macht ihr das Haar auf!« rief ein Mann.

Ich lächelte. Ja, es war Zeit, dem Mädchen die Haare herabzulassen.

»Aber ja«, sagte der Auktionator und öffnete das Haarband, das ihrer Frisur einen Anflug von Strenge gegeben hatte. Er zog ihr Haar herab und schüttelte es aus. In den Fesseln drehte er sie dann nach links und rechts, damit alle Männer das prächtige Haar sehen konnten.

»So hübsch wie ich ist sie aber nicht!« sagte Ginger.

»Und nicht so hübsch wie ich!« fiel Evelyn ein.

Ich mußte lächeln. Zweifellos würde das Mädchen mehr erbringen als jede der beiden Sklavinnen, obwohl sie offenbar voll trainiert und willig waren.

»Zwei Silber-Tarsks«, bot ein Mann.

»Ausgezeichnet!« sagte der Auktionator.

Angstvoll und bekümmert blickte das Mädchen in die Menge. Gewiß klammerte sie sich an die Hoffnung, daß die Entblößung nun ein Ende hätte. Die brutalen Kerle wagten es sicher nicht, das Spiel noch weiter zu treiben! Daß man sie angekleidet auf den Block gebracht hatte, mußte ein Zeichen sein, daß man letztlich doch Rücksicht auf ihre Würde und ihren Stolz nehmen wollte. Und war sie nicht besser als die anderen Mädchen?

»Warst du ein Nebenblock-Mädchen?« fragte Ginger.

»Nein«, antwortete Evelyn. »Man hat mich in einer Auktion verkauft.«

»Mich auch«, sagte Ginger. »Meinst du, man hält sie für besser als uns?«

»Möglich. Männer sind Dummköpfe«, sagte Evelyn.

»Nein! Nein!« schrie das Mädchen in diesem Moment auf. »Bitte nein!«

Aber ihre Bitte wurde nicht erhört. Unbekleidet war sie wunderschön.

»Drei Tarsks!« rief ein Mann.

»Drei fünf«, sagte ein anderer und meinte damit ein Gebot von drei Silber-Tarsks und fünfzig Kupfer-Tarsks. In Kailiauk kamen hundert Kupfer-Tarsks auf einen Silber-Tarsk. In manchen anderen Städten und Marktflecken ist das Verhältnis zehn zu eins. Die kleinste goreanische Münze ist im allgemeinen der kleine Tarsk, ein Viertel bis ein Zehntel eines Tarsk. Die goreanischen Münzen unterscheiden sich von Gemeinde zu Gemeinde. Gewisse Münzen, zum Beispiel der Silber-Tarsk aus Tharna und der Gold-Tarn von Ar, bringen ein wenig Ordnung in das Durcheinander, das sonst den Handel sehr erschweren würde. Eine ähnliche übergreifende Funktion kommt in der Gegend des Tamber-Golfs und weiter südlich am Thassa dem goldenen Tarn von Port Kar zu. Goldhändler verlassen sich oft auf ihre Waagen, was sehr vernünftig ist, denn immer wieder kommt es zu Legierungen, was gewöhnlich von den fraglichen Gemeinden nicht angekündigt wird, und zu Abschälungen und Teilungen von Münzen. So ist es nicht ungewöhnlich, in einem goreanischen Münzbeutel neben ganzen Münzen auch Münzsegmente vorzufinden. Geschäfte werden oft auch über Kreditbriefe abgewickelt. Papiergeld im eigentlichen Sinne gibt es aber nicht.

»Vier!« rief ein Mann.

»Fünf!« wurde er überboten.

»Aber meine Herren!« rief der Auktionator. »Haltet euch zurück. Seht ihr nicht, daß sie nicht einmal das Brandzeichen trägt?«

Zwei Helfer schoben ein Brandungsgestell herein, schnallten das fassungslose Mädchen fest und nahmen das glühende Brandzeichen zur Hand.

Mit aufgerissenen Augen starrte das Mädchen darauf.

»Nein!« schrie sie. »Seid ihr Ungeheuer und Barbaren? Wofür haltet ihr mich? Für ein Tier? Oder für eine Sklavin?«

Das Eisen näherte sich der freigehaltenen runden Öffnung an ihrem Oberschenkel.

»Ihr blufft nur!« rief sie. »Das kann doch alles nicht wahr sein!«

Aber sie sollte erfahren, daß ihre Augen sie nicht betrogen hatten.

Die Klemmvorrichtung wurde geöffnet. Schluchzend kniete sie vor dem Auktionator.

»Sie weiß noch nicht, was mit ihr geschehen ist«, meinte Ginger.

»Sie weiß es«, widersprach Evelyn.