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Grunt saß auf dem Rücken seiner Kaiila, eines vornehmen gelben Tiers, und schaute nach Osten über die Grenzstangen hinaus. Am Zügel führte er eine Pack-Kaiila, die mit Waren beladen war. Ich ritt ebenfalls auf meiner Kaiila, einem langhalsigen schwarzen Tier mit seidigem Fell. An meinem Sattel war ebenfalls eine Pack-Kaiila angebunden. Unsere Lasttiere, die vierbeinigen wie auch die zweibeinigen, trugen die verschiedensten Güter. Während ich nur die Kaiila zur Verfügung hatte, konnte Grunt neben seinem zweiten Tier zehn andere Pack-Träger einsetzen, die seine Habe trugen. Ich hatte mich hauptsächlich für Decken, bunte Stoffe, Bänder, Spiegel und Perlen, Töpfe und Pfannen entschieden, die im Ödland sehr begehrt waren, dazu für harte Süßigkeiten, Zucker und Färbungsmittel. Grunt führte ähnliche Artikel mit, darüber hinaus aber auch lange Nägel, Nieten, Beile, metallene Lanzenspitzen, Messerklingen und Schlachtermesser. Die Messerklingen und langen Nägel werden zuweilen an Knüppeln befestigt. Daneben lassen sich die Messer natürlich mit geschnitzten Griffstücken aus Holz oder Knochen verbinden. Die Nieten dienen dazu, Klingen und Lanzenspitzen zu befestigen. Die metallene Lanzenspitze vereinfacht das Leben der roten Wilden. Sie läßt sich leicht auf den Schaft montieren. Im Gegensatz zu einer Steinspitze bricht sie nicht so schnell. Und sie macht gefährliche Ausflüge in feuersteinreiche Gegenden überflüssig.

Grunt stellte sich hinter dem hohen Sattelknauf hoch und hob die Zügel. Dann ließ er jählings die Füße nach hinten zucken und spornte das Tier an. Es setzte sich in Bewegung und überquerte mit seinem glatten schlenkernden Schritt die Reihe der Grenzstangen. Auf diese Weise ritt Grunt etwa zwanzig Meter weit und zog seine Kaiila dann herum. Er lockerte die lange zusammengerollte Peitsche, die an einem Schnapphaken auf der rechte Seite seines Sattels befestigt war, und kam zu uns zurück, an der rechten Seite der Kette seiner barfüßigen Schönheiten entlang. »Hei! Hei!« rief er. Zweimal ließ er die Peitsche knallen. Dann ritt er um das Ende der Kette herum und bewegte sich an der linken Seite entlang wieder nach vorn. Er war Rechtshänder.

»Wir sind Frauen und hilflose Sklaven!« rief Ginger. »Bitte, Herr, führe uns nicht über die Grenze!«

»Überleg es dir, Herr, wir bitten dich!« flehte Evelyn.

»Hei! Hei!« brüllte Grunt und ließ seine Peitsche ihr Werk tun.

Daraufhin setzte sich die Kette in Bewegung, angeführt von der entsetzten Rothaarigen, der ehemaligen Millicent Aubrey-Welles aus Pennsylvanien. Ginger und Evelyn stolperten weinend mit. Andere Mädchen folgten schluchzend. Nur Ginger und Evelyn schienen den Ort, der ihr Ziel war, ungefähr zu kennen, obwohl sie letztlich doch nur Barbarinnen waren. Auch sie konnten nicht voll ermessen, was ihnen bevorstand. Ich beobachtete die Mädchen, die ihre Lasten auf dem Kopf balancierten; ich sah die Kette, die sie in einer langgestreckten Linie zusammenhielt; ich sah, wie sie die Ihanke überschritten. Früh genug würden sie erfahren, was es bedeutete, in einem solchen Land, im Land der Kailiauk und des hohen Grases, eine weiße Sklavin zu sein.

Grunt hatte nun wieder die Spitze der Prozession übernommen; eine Pack-Kaiila führte er hinter sich.

Mein Blick fiel auf das rothaarige Mädchen, die erste an der Kette. Grunt hatte besondere Pläne mit ihr. Trotzdem diente sie im Augenblick wie die anderen als Lasttier, das Grunts Waren schleppen mußte. Es durfte eben kein Weißer mehr als zwei Kaiila über die Linie zwischen den Grenzstangen bringen.

Ich trieb meine Kaiila an; gleich darauf hatte auch ich mit meinen beiden Tieren die Ihanke überschritten. Nun befand auch ich mich im gefürchteten Ödland. Eilig ritt ich hinter Grunt und der Sklavenkette her. Ich wollte nicht zurückbleiben.

10

»Du weißt natürlich«, fragte ich Grunt, »daß wir verfolgt werden?«

»Ja«, antwortete er.

Wir schrieben etwa die Mittagsstunde unseres zweiten Tages im Ödland.

»Ich hoffe, daß die Leute friedliche Absichten haben«, meinte ich.

»Das ist nicht anzunehmen«, erwiderte er lächelnd.

»Befinden wir uns denn noch nicht im Revier der Staubfüße?« fragte ich. Dieser im Grenzbereich wohnende Stamm begegnete den Weißen im allgemeinen sehr wohlwollend. Der Handel lief praktisch ausschließlich über die Staubfüße; in der Tat erreichten die meisten Waren aus dem Landesinneren die Zivilisation nur über diesen Stamm, wobei die Staubfüße als Agenten und Zwischenhändler auftraten. Die meisten Stämme wollten mit den Weißen offenbar nicht direkt zu tun haben, was auf die Tradition der ›Erinnerung‹ zurückging, die Haß und Mißtrauen schwären ließ. Außerdem war es oft sehr schwierig, die jungen Wilden im Zaun zu halten. Kleine Gruppen von Händlern waren im Gebiet der Staubfüße zwar willkommen, doch drangen sie selten in die entlegeneren Stammesterritorien ein. Zu viele waren von solchen Vorstößen nicht zurückgekehrt. Grunt stellte insofern eine Ausnahme dar, als er bei seinen Handelstouren schon bis in die Länder der Flieher und Gelben Messer vorgedrungen war. Mindestens einmal war er sogar schon im Land der Sleen und der Kaiila gewesen. Einige dieser Gebiete waren seit den Tagen der ersten weißen Erforscher des Ödlandes, Männer wie Boswell, Diaz, Bento, Hastings und Hogarthe, kaum wieder erkundet worden.

»Doch«, sagte Grunt.

»Warum vermutest du dann, daß sie feindselig sind?« fragte ich.

»Es handelt sich nicht um Staubfüße?« erwiderte er.

Wir zogen unsere Kaiila herum, und die Sklavenkette blieb stehen. Dankbar setzten die Mädchen ihre Lasten ab. Wir beobachteten die Staubwolke, die einige Pasangs entfernt über der Prärie aufstieg.

»Dann muß es sich um Flieher oder Gelbe Messer handeln«, vermutete ich.

»Nein.«

»Dann weiß ich nicht weiter.«

»Schau dir doch den Staub an. Vorn ist er schmal und benimmt sich nicht so, als wäre er vom Wind emporgeschleudert worden.«

»Überdies würde die Windrichtung gar nicht stimmen!« rief ich.

»Und daraus schließt du«, sagte Grunt, »daß der Staub von den Pfoten galoppierender Kaiila aufgewirbelt wird.«

»Ja.«

»Damit hast du recht«, fuhr er fort. »Was fällt dir sonst noch auf?«

»Ich weiß nicht, was die Frage soll.« Allmählich wurde ich nervös. Es war noch früh am Tag. Ich bezweifelte nicht, daß die fernen Reiter uns vor Anbruch der Dunkelheit mühelos einholen konnten.

»Es ist so offensichtlich, daß es dir schon aufgefallen ist«, sagte Grunt, »ohne daß du aber die Bedeutung erkannt hast.«

»Was?«

»Du kannst den Staub deutlich sehen«, sagte er.

»Ja, natürlich.«

»Kommt dir das nicht merkwürdig vor?«