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»Warum wollen sie dann aber verhandeln?« fragte Samos.

»Das weiß ich nicht. Für mich ist dies ein ausgesprochen faszinierender Aspekt für die dunklen Umtriebe dieses Morgens.«

»Sie begrüßen uns nicht«, sagte Samos gereizt. Immerhin war er Agent der Priesterkönige und darüber hinaus Erster Kapitän des Kapitänsrates, der in Port Kar herrschenden Körperschaft.

»Nein«, bestätigte ich.

»Was tun wir?«

»Abwarten«, schlug ich vor.

Von draußen drang der Schrei einer Ul herein, einer riesigen zahnbewehrten, geflügelten Raubechse, die über den Sumpf flatterte.

»Wie wurde dieses Zusammentreffen arrangiert?« fragte ich.

»Der erste Kontakt erfolgte durch einen zugespitzten und beschwerten Nachrichtenzylinder, der vor zwei Tagen aufrecht im Sand meines Exerzierhofes steckte«, sagte Samos. »Offensichtlich während der Nacht vom Rücken eines Tarn abgeworfen.«

»Von einem dieser beiden?« fragte ich.

»Das erscheint mir über der Stadt unwahrscheinlich«, gab Samos zurück.

»Ja.«

»Sie haben menschliche Bundesgenossen.«

»Ja.« Bei meinen Abenteuern auf Gor waren mir mehrere Bundesgenossen solcher Wesen begegnet, Männer wie auch Frauen.

Wieder schrie die Ul. Die Tarns draußen im Käfig bewegten sich unruhig. Allerdings bestand für sie keine Gefahr, denn sie waren groß genug, jede Ul in Stücke zu reißen.

»Wir sind töricht gewesen«, sagte ich zu Samos.

»Inwiefern?«

»Gewiß ist das Protokoll in solchen Dingen ziemlich klar – zumindest aus der Sicht unserer Freunde.«

»Ich verstehe nicht, was du meinst.«

»Versetze dich mal in ihre Lage«, sagte ich. »Sie sind größer und stärker als wir und wahrscheinlich auch wilder und bösartiger. Außerdem sehen sie sich in der Intelligenz als überlegen an, als dominante Rasse.«

»Und?«

»Und natürlich erwarten sie, daß wir sie zuerst ansprechen – und nicht umgekehrt.«

»Ich soll solche Kreaturen begrüßen, ich, der ich Erster Kapitän der hohen Stadt Port Kar bin, des Juwels auf dem Thassa?«

»Genau.«

»Niemals!«

»Soll ich das für dich übernehmen?«

»Nein.«

»Dann sprich du zuerst.«

»Wir ziehen uns zurück.«

»An deiner Stelle würde ich es nicht riskieren, die beiden zu erzürnen«, sagte ich.

»Meinst du, sie würden reagieren?« fragte er.

»Ich rechne fest damit. Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie sich so einfach mit der Nutzlosigkeit ihres Vorstoßes abgeben würden.«

»Vielleicht sollte ich wirklich als erster sprechen.«

»Ich würde es dir empfehlen.«

»Schließlich haben sie um diese Zusammenkunft gebeten«, fuhr er fort.

»Genau«, ermutigte ich ihn. »Außerdem wäre es doch gewiß schade, in Stücke gerissen zu werden, ohne überhaupt zu wissen, was sie von uns wollten.«

»Zweifellos«, sagte Samos grimmig.

»Ich kann sehr überzeugend sprechen«, sagte ich.

»Ja.« Samos räusperte sich. Es gefiel ihm ganz und gar nicht, das erste Wort zu haben, doch er würde es tun. Wie viele Sklavenhändler und Piraten war Samos im Grunde ein ordentlicher Kerl.

»Tal«, sagte Samos laut und sichtlich an die zottigen Geschöpfe gewandt. »Tal, ihr großen Freunde.«

Das Fell geriet in Bewegung, riesige Muskeln begannen sich langsam und gleichmäßig darunter zu rühren. So wie die beiden gelegen hatten, wäre es schwierig gewesen, eine verwundbare Stelle auszumachen oder gar zu treffen. Mit langsamen, geschmeidigen Bewegungen trennten sich die beiden Wesen und schienen dann vor uns zu wachsen. Samos und ich traten zurück. Köpfe und Arme wurden sichtbar. Urplötzlich reflektierten die großen Augen des einen das Licht, und einen Moment lang strahlten sie wie glühende rote Kupferscheiben.

Nachdem sich der Winkel der Beleuchtung verändert hatte, konnte ich sie nun deutlich als große runde Augäpfel ausmachen, über denen sich die Lider blinzelnd bewegten. Ich sah, wie sich die Pupillen verengten. Solche Wesen sind vor allem Nachtschwärmer. Bei Dunkelheit sehen sie weitaus besser als der Mensch. Die Anpassung an neue Lichtverhältnisse erfolgt ebenfalls viel schneller als beim Menschen, Eigenschaften, die sich bei der blutigen Evolution der Rasse herausgeschält hatten. Als die Augen des Wesens aufblitzten, hatte sich das Licht gleichzeitig in den langen spitzen Reißzähnen gespiegelt, und ich hatte gesehen, wie sich die lange dunkle Zunge über die Lippen bewegte und wieder im Maul verschwand.

Die Kreaturen schienen mit dem Wachsen gar nicht aufzuhören, aber schließlich standen sie aufrecht vor uns. Die Hinterbeine, acht bis zehn Zoll durchmessend, sind um einiges kürzer als die Arme, die am Bizeps etwa acht Zoll und an den Handgelenken ungefähr fünf Zoll dick waren. Das größere der beiden Geschöpfe war etwa neun Fuß groß, das kleine ungefähr achteinhalb. Das Gewicht des größeren schätzte ich auf neunhundert Pfund, das des kleineren auf achthundert Pfund – dabei handelte es sich um durchschnittliche Größen und Gewichte für solche Geschöpfe. Hände und Füße besaßen jeweils sechs Zehen oder Finger, die lang und vielfach untergliedert waren. Die Nägel oder Klauen der Hände sind gewöhnlich abgefeilt, was vermutlich den Umgang mit Werkzeugen und Instrumenten erleichtert. Die einziehbaren Klauen der Füße werden im allgemeinen nicht bearbeitet. Normalerweise tötet ein solches Geschöpf seinen Gegner, indem er ihn am Kopf oder Schultern packt, mindestens mit den Zähnen, und dann mit den reißenden Hinterbeinen attackiert.

»Tal«, wiederholte Samos nervös.

Ich blickte über den Tisch auf die Geschöpfe. Ihre Augen leuchteten intelligent.

»Tal«, sagte Samos noch einmal.

Die Köpfe waren gut einen Fuß breit. Die Schnauzen besaßen zwei Nüstern und waren ledrig-abgeflacht. Die Ohren standen lang, breit und spitz empor. Die Kreaturen standen aufrecht und widmeten uns ihre Aufmerksamkeit. Dies gefiel mir, da ich daraus ableitete, daß sie keine Angriffsabsichten hatten. Wenn ein solches Geschöpf attackiert, legt es die Ohren flach am Kopf an.

»Sie antworten nicht«, sagte Samos.

Ich wandte den Blick nicht von den Wesen und zuckte die Achseln. »Warten wir ab«, sagte ich. Ich wußte nicht, auf welches fremdländische Protokoll die Kreaturen Wert legten.

Die beiden pelzigen Abgesandten standen zwar aufrecht, sie wußten sich auf allen vieren aber ebenfalls zu bewegen, wobei sie die Handknöchel aufstützten. Die aufrechte Haltung erweitert den Sichtbereich und hat sicher zur Entwicklung und Verbesserung des doppeläugigen Sehens beigetragen. In der waagerechten Stellung entwickeln diese Wesen eine große Geschwindigkeit, was vermutlich zur Ausprägung von Geruchs- und Hörsinn geführt hat.

»Einer ist ein Blut«, sagte ich.

»Was ist das?«

»In der militärischen Hierarchie dieser Wesen ergeben sechs Geschöpfe eine Hand, und der Anführer wird Auge genannt. Zwei Hände und zwei Augen bilden eine größere Einheit, ›Kur‹ oder ›Ungeheuer‹ genannt, die von einem Anführer oder Blut kommandiert wird. Zwölf solche Einheiten ergeben eine Bande, wieder unter dem Kommando eines Blut, der diesmal aber einen höheren Rang hat. Zwölf Banden, wieder von einem noch höherstehenden Blut geleitet, bilden einen Marsch. Zwölf Märsche sind angeblich ein Volk. Diese Faktoren und Divisionen haben anscheinend mit einer auf zwölf basierenden Mathematik zu tun, die ihrerseits vielleicht auf die Sechsfingrigkeit dieser Geschöpfe zurückgeht.«

»Warum wird der Anführer aber ein Blut genannt?« wollte Samos wissen.

»Anscheinend gibt es unter solchen Wesen den überlieferten Glauben, das Denken sei mehr eine Funktion des Blutes als des Gehirns, eine Terminologie, die sich in der Umgangssprache anscheinend gehalten hat. Ähnliche Anachronismen gibt es in vielen Sprachen, auch im Goreanischen.«

»Wer kommandiert über ein Volk?« wollte Samos wissen.

»Ein Wesen, das, soweit ich diese Dinge verstehe, ›Blut‹ des Volkes genannt wird.«

»Woher weißt du, daß einer dieser beiden ein ›Blut‹ ist?«