»Ja«, antwortete Max bedrückt.
»Ja«, sagte Kyle.
»Unser Lager liegt in dieser Richtung«, sagte Grunt und hob den Arm. »Bewegt euch!«
Die beiden Hobarts schlugen mit unsicheren Schritten die angegebene Richtung ein. Wir folgten ihnen auf dem Rücken unserer Kaiila.
Ich blickte nicht zurück.
13
Ich hatte mich auf einen Ellenbogen gestützt.
Als sie in meine Nähe kam, kniete sie nieder. Sie trug ihre kurze braune Sklaventunika.
Sie zitterte, sagte aber nichts.
Ich betrachtete sie eine Zeitlang. Sie hatte den Kopf gesenkt.
Dann legte ich mich rücklings auf meine Decken, die im Gras ausgebreitet waren. Ich verschränkte die Hände im Nacken, auf der zusammengefalteten Satteldecke unter mir. So blickte ich zu den Sternen und den drei goreanischen Monden empor. Es fällt schwer, die Majestät einer goreanischen Nacht im Ödland zu beschreiben, wegen der Weite des Himmels und der totalen Schwärze, neben der die Sterne um so greller wirken. Die Weite der Wildnis auf der Gor-Oberfläche und das Fehlen ausgedehnter Flächen künstlicher Beleuchtung lassen natürlich die sternenhellen Nächte fast überall mit einer Pracht zur Geltung kommen, die auf einen Erdenmenschen atemberaubend wirken mußte, war er doch nur die schmutzige, graue, verschmutzte, halb erleuchtete Nachtluft seiner Heimat gewöhnt. Im Ödland jedoch und an anderen Orten wie der Tahari tritt die Wirkung noch schärfer hervor, erscheint noch verblüffender, noch spektakulärer, noch unglaublicher und erstaunlicher – wohl wegen der relativen Flachheit des Geländes.
Ich sagte nichts zu dem Mädchen. Ich wollte sie nicht zur Eile antreiben. Ich ließ sie im Gras hocken, einige Fuß von mir entfernt.
Eine Kaiila bewegte sich unruhig am Zügel, begann knirschend zu grasen, schlug unruhig mit den Hufen auf.
Mein Blick galt den Sternen.
»Herr«, sagte sie.
»Ja«, erwiderte ich. Sie hatte Goreanisch gesprochen.
»Ich bin zu dir auf die Decke geschickt worden«, sagte sie.
Ich stützte mich auf einen Ellenbogen und betrachtete sie. Ihre Unterlippe zitterte. In ihrem kurzen Gewand sah sie sehr reizvoll aus. Sie hatte den Kopf gesenkt. Als neue Sklavin war sie es noch nicht gewöhnt, von einem goreanischen Herrn eindringlich gemustert zu werden.
Ich schaute sie an. Ihre Zurückhaltung fand ich charmant.
Erschrocken hob sie schließlich den Blick.
»Ich weiß nicht, was ich tun oder sagen soll«, jammerte sie leise auf Englisch vor sich hin.
Es war unsere fünfte Nacht im Ödland. Unter Gingers und Evelyns Anleitung hatte diese Frau – wie auch die anderen – Grundkenntnisse der goreanischen Sprache erworben. Ihre Fortschritte freuten mich; von den Betroffenen schien sie die beste zu sein. Dennoch war ihr Ausdrucksvermögen noch beschränkt.
»Ich kann nicht einmal die Sprache«, fuhr sie bekümmert auf englisch fort. »Ich bin dumm! Ich kann mir nichts merken! Alles habe ich vergessen!«
In ihrem Entsetzen hatte sie ihre bisherigen Goreanisch-Lektionen vergessen.
»Verzeih mir, Herr!« sagte sie plötzlich auf goreanisch. »Verzeih mir!« Zitternd senkte sie den Kopf.
Ich lächelte. Dieser einfache Satz hatte schon so manche nackte Sklavin vor Bestrafung bewahrt.
Sanft winkte ich sie zu mir.
Schüchtern kroch das Mädchen auf Händen und Knien herbei. Ich nahm sie in die Arme und drückte sie rücksichtsvoll neben mir nieder. Sie war verkrampft. Sie machte Anstalten, mich mit den Lippen zu berühren, doch ich legte ihr die Hand über den Mund. Erschrocken sah sie mich an.
»Ich spreche deine Sprache«, sagte ich leise auf englisch. Sie riß die Augen auf, doch meine Hand verhinderte, daß sie etwas sagte. »Es ist nicht sehr wichtig«, fuhr ich fort, »doch ohne meine Erlaubnis darfst du diese Tatsache niemandem verraten. Verstehst du?«
Sie nickte, und ich nahm die Hand fort.
»Du sprichst Englisch!« sagte sie staunend.
»Ja.«
»Willst du mich und die anderen Mädchen retten?«
Mit einem energischen Griff in die Haare machte ich ihr klar, daß sie Hilfe von mir nicht erwarten konnte.
»Weißt du, was heute nacht mit dir geschehen soll?« fragte ich.
»Ich soll entjungfert werden«, sagte sie.
»Das ist ein lächerlicher Ausdruck«, sagte ich. »Eher sollte man bei einer Sklavin davon sprechen, daß sie im Interesse aller Männer vorbereitet wird. Und du weißt, was die Aufgabe einer Sklavin ist.«
»Ihrem Herrn mit ihrem Körper zu gefallen.«
»Das siehst du zu eng«, widersprach ich. »Du mußt ihm mit der Gänze deiner Fraulichkeit zu Gefallen sein, in der Absolutheit deiner Sklaverei.«
»Ein goreanischer Herr begehrt und besitzt mich also voll und ganz?«
»Ja.«
»Das hatte ich gehofft«, flüsterte sie.
»Was?«
»Nichts, Herr.«
»Du bist nun nichts anderes als eine Sklavin, ein Besitzstück, das der Herr verkaufen kann, wie es ihm gefällt.«
Sie blickte mich entsetzt an.
»Wie kamst du hierher?« fragte ich.
»Man entführte mich nach der Arbeit«, antwortete sie. »Ich fuhr zurück in meine Wohnung. Vor einer roten Ampel wurde mir plötzlich von hinten eine schmale Kette um den Hals gelegt. ›Fahr zu, wie ich es dir angebe!‹ sagte eine männliche Stimme. Ich war entsetzt. Der Fremde hatte sich auf dem Rücksitz versteckt gehalten.«
»Er war nicht maskiert?« fragte ich.
»Nein.«
»Eine Maske hätte Verdacht erregt.«
»Gewiß«, erwiderte sie. »›Schau dir mein Gesicht ruhig an‹, sagte er. ›Du wirst es nicht wiedersehen, sobald du abgeliefert worden bist.‹ Wir fuhren in eine einsame Gegend, unter Bäume. Dort ließ er mich den Wagen verlassen, wo andere Männer mich in Empfang nahmen. Dann setzte man mir eine Art Kasten über den Kopf und leitete Gas ein. Ich verlor das Bewußtsein. Ich weiß nicht, wieviel Zeit vergangen war, als ich auf dieser Welt erwachte, auf einer Wiese liegend, am Hals mit anderen Mädchen zusammengekettet.«
Ich zog die Sklaventunika hoch, über ihren Kopf. »Leg dich wieder hin«, sagte ich, »auf den Rücken, das Gesicht nach oben. Und dann schau mich an, Sklavin!«
Hastig drehte sie den Kopf in meine Richtung. »Ja, Herr!«
»Sklavinnen wie du benutzen ihre Schönheit auf der Erde oft zum eigenen Vorteil. Sie öffnen sich damit manche Tür, nehmen auf diese Weise manche Hürde. Schönheit erleichtert auf der Erde das Leben, fördert die Karriere, erringt Reichtum und wirft andere Frauen aus dem Rennen.«
»Ja, Herr.«
»Hier auf Gor aber stehen die Dinge anders.«
»Ja, Herr.«
»Hier auf Gor gehört deine Schönheit voll und ganz deinem Herrn, wie du auch.«
»Ja, Herr.«
»Hast du deinen Sklavenwein bekommen?« fragte ich.
»Ginger, eine meiner Herrinnen, ließ mich eine bittere Flüssigkeit trinken, die diesen Namen trug?«
»Warum hat Grunt, dein Herr, dich auf meine Decke geschickt?« fragte ich. »Warum fand er es nicht angebracht, dich selbst für die Freuden der Männer vorzubereiten?«
»Ich weiß es nicht, Herr«, antwortete sie.
Ich hockte neben dem nackten Körper der ehemaligen Miß Millicent Aubrey-Wells, einer ehemaligen Debütantin, die nun Sklavin war, und beugte mich über sie.
»Bitte schick mich nicht schon zu den anderen zurück, Herr!« flehte sie.
»Es ist beinahe Morgen«, sagte ich.
»Bitte, Herr!« sagte sie und preßte unter den Decken ihren warmen, weichen Körper an mich. Das Blut an ihrem linken Oberschenkel war längst getrocknet.
Ich streckte die Hand zur Seite aus. Das Gras war kalt vom Tau. Es war noch immer dunkel.
Sie küßte mich inbrünstig. »Wie unvorstellbar waren doch diese Stunden!« sagte sie staunend. »Plötzlich erkenne ich mich als Sklavin, nackt und hingebungsvoll auf dem Lager eines Herrn, auf einer Welt, fern meiner Heimat.«
Ich schwieg.
»Ich schäme mich«, sagte sie nach kurzem Schweigen.
»Wegen deiner Hingabe?«
»Ja.«
Ich lächelte. Beim dritten- und viertenmal hatte sie schon beinahe wie eine richtige Sklavin ihren Gefühlen freien Lauf gelassen.