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»Fünf«, sagte ich zu der Staubfuß-Frau. Ich mußte daran denken, daß Grunt vor zwei Tagen bei einem ähnlichen Tauschhandel an anderem Ort fünf solche Rechtecke für einen ähnlichen Spiegel erhalten hatte. Während ich der Frau meinen Vorschlag machte, lächelte ich. Bei solchen Verhandlungen ist es für beide Seiten angebracht, viel zu lächeln. Dies macht den ganzen Handel, wenn er denn vollzogen wird, für beide Seiten sehr viel angenehmer. Es werden nicht nur Spannungen gemindert, sondern auch mögliche Verletzungen der Eitelkeit von vornherein vermieden. Man tut sich leichter, mit einem Lächeln ein wenig weniger zu bekommen, als man möchte, oder ein wenig mehr zu geben, als man beabsichtigt hatte. So wirken Konzessionen auf beiden Seiten weniger als Niederlagen, sondern eher als ein Gefallen, den man einem Freund tut. Langfristig gesehen, steigert dies die Zahl der für beide Seiten zufriedenstellenden Geschäfte, und der Partner, der bei einem Handel Zufriedenheit gefunden hat, wird sich eher auf einen neuen Tausch einlassen – und kann daher als regelmäßiger Kunde gelten. Es ist besser, an einem einzelnen weniger zu verdienen und ihn als Dauerkunden zu gewinnen, als einen höheren Profit zu machen und ihn nie wiederzusehen. So dachte wenigstens Grunt, der bei den Staubfüßen beliebt war, und soweit ich das beurteilen kann, spricht viel für diese Handlungsweise.

Wieder betrachtete ich die weiße Sklavin der Staubfüße. Gewaschen und gekämmt mochte sie nicht unattraktiv sein. Ich konnte mir schon vorstellen, warum die Krieger solche Geschöpfe um sich haben wollten und warum die Frauen gereizt und verächtlich reagierten. Wie konnten sie mit einer Sklavin konkurrieren? Wie konnten sie ihr gleichkommen, ohne selbst auch Sklavinnen zu werden?

»Zwei«, bot die Staubfuß-Frau.

»Fünf«, gab ich zurück. Ich war natürlich nicht wegen des Tauschhandels ins Ödland gekommen. Am liebsten hätte ich der Frau den Spiegel geschenkt. Andererseits hatte mir Grunt klargemacht, daß man die roten Wilden nicht beleidigen oder unrealistisch behandeln durfte, besonders mit Rücksicht auf andere Kaufleute, die uns folgen mochten. Wenn ich Waren verschenkte oder zu billig abgab, kam darin zum Ausdruck, daß ich billige oder minderwertige Dinge mitführte, ein Schluß, der sicher nicht zu unserem Vorteil war. Und waren die Tauschgüter in Ordnung, mochten die Krieger annehmen, sie hätten bisher zuviel dafür bezahlt, und fest erwarten, daß später kommende Händler ähnliche Preise forderten, was sie natürlich nicht tun würden oder sich leisten konnten.

Einer der Staubfuß-Krieger untersuchte gründlich das Beil, das Grunt ihm gereicht hatte. Grunt entschuldigte sich und stand auf. Beim Tauschhandel war es ratsam, rote Wilde nicht zu bedrängen.

Grunt kehrte zu seinen Vorräten zurück und holte einige in Wachspapier gewickelte Gegenstände. »Canhanpisasa«, sagte er. »Canhanpitasaka. Canhanpitiktica.« Mit diesen Worten begann er kleine Brocken Süßigkeiten an die umstehenden Krieger und Frauen zu verteilen. Die Frau, mit der ich gerade verhandelte, bekam ebenfalls eine Handvoll Melasseflocken. Sie schmatzte mit den Lippen und wechselte mit Grunt einige Worte, bei denen es sich um Höflichkeitsfloskeln handeln mochte.

Sie deutete auf Grunt. »Wopeton«, sagte sie. »Akihoka. Zontaheca.«

Ich schaute Grunt an. Ich wußte, daß er bei den roten Wilden unter anderem ›Wopeton‹ genannt wurde, was ›Händler‹ oder ›Kaufmann‹ bedeutet.

»Sie sagt, ich sei ein geschickter, ehrlicher Bursche«, übersetzte er.

»Hopa! Wihopawin!« sagte er dann zu ihr.

Lachend beugte sich die rundliche Frau vor. ›Hopa‹, das wußte ich, bedeutete ›hübsch‹ oder ›attraktiv‹.

»Wawihaka! Wayaiha!« rief sie lachend.

»Ich sagte ihr, sie sei eine hübsche Frau«, dolmetschte Grunt, »und jetzt neckt sie mich. Sie sagt, ich sei ein Schelm, ein Mann, der andere zum Lachen bringt.«

»Zwei«, sagte die Staubfuß-Frau zu mir.

»Fünf«, gab ich zurück.

Die Süßigkeiten in der Hand, sah Grunt sich um. Er erblickte einen rothäutigen Jugendlichen etwas außerhalb des Kreises der Krieger und bedeutete ihm näherzukommen. Der Junge trug Hemd, eine Hose und darüber einen Lendenschurz. Grunt bot ihm einen Brocken Süßigkeit an. Der junge Mann lehnte kopfschüttelnd ab. Sein Blick galt dem rothaarigen Mädchen.

»Ah«, sagte Grunt und wandte sich an die Sklavin. »Zieh dich aus!« Augenblicklich gehorchte sie. »Du kannst dich geschmeichelt fühlen«, sagte Grunt zu ihr. »Unser junger Besucher findet dich interessanter als Zuckerwerk. Sei ihm zu Gefallen!«

Zögernd wandte sich das Mädchen dem jungen Mann zu.

»Vier«, sagte ich zu der Staubfuß-Frau. Vermutlich hätte ich meinen Anfangspreis höher ansetzen müssen. Wie die Dinge lagen, würde ich für meinen kleinen Spiegel weniger erhalten, als Grunt gestern für ein ähnliches Tauschstück erlöst hatte.

»Winyela«, sagte die Staubfuß-Frau angewidert und spuckte ins Gras.

Grunt war zur Kette zurückgekehrt, an der die meisten seiner Mädchen kauerten, und löste Ginger, Ulla und Lenna, die beiden Schwedinnen. Mit Ausnahme der Rothaarigen hatten alle Mädchen inzwischen einen Namen erhalten, und zwar ihren früheren Erdennamen, der ihnen jetzt aber als Sklavenname verliehen worden war. Die beiden Amerikanerinnen hießen Lois und Inez, die Französin Corinne, die beiden Engländerinnen werden Priscilla und Margaret gerufen. Daß die rothaarige Amerikanerin noch keinen Namen erhalten hatte, lag nicht daran, daß Grunt oder ich Millicent als Sklavennamen nicht gut fanden, eher im Gegenteil. Vielmehr wollte Grunt sie noch nicht benennen.

Zwischen den Mädchen stehend, führte er Ulla und Lenna vor. Ginger folgte einige Schritte dahinter. Außer diesen drei Mädchen waren im Moment noch die Rothaarige und eine weitere Sklavin von der Kette frei – die Engländerin Margaret, die von Grunt unter eine Kailiauk-Haut gelegt worden war.

Vor den sitzenden Männern ließ Grunt die beiden Mädchen niederknien. Ginger übersetzte die Kommandos, mit denen er sie dazu brachte, vor den roten Wilden zu posieren.

Dann setzte sich Grunt und begann mit den Wilden zu sprechen. Einer deutete auf Ulla und sagte etwas, ein anderer interessierte sich sichtlich für Lenna.

Ich lächelte vor mich hin. Grunt wußte, wie er seine Waren anpreisen mußte.

Der rothäutige Jüngling beschäftigte sich inzwischen intensiv mit der Rothaarigen. Mürrisch schaute die Staubfuß-Frau über die Schulter. »Winyela!« sagte sie verächtlich.

»Vier«, forderte ich und lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf unser Geschäft.

»Zwei«, beharrte sie und beäugte den Spiegel.

»Vier!« sagte ich.

»Drei!« rief sie plötzlich und ließ ihre gesunden, kräftigen Zähne blitzen.

»Drei«, stimmte ich zu. Ich spürte, daß sie den Spiegel unbedingt haben wollte.

Ich gab ihr den Spiegel, und sie reichte mir die drei glasperlenbesetzten Rechtecke. Dann erhob sie sich erfreut und empfahl sich. Ich faltete die Decke mit meinen Waren und den eingetauschten Schmuckstücken zusammen. Ich hatte nicht gerade hart verhandelt. Gestern hatte Grunt für einen ähnlichen Spiegel fünf solche Artikel bekommen. Vermutlich hätte ich meinen Anfangspreis höher ansetzen müssen.

Nach rechts schauend, sah ich, daß zwei rote Krieger Ulla und Lenna perlenbesetzte Halsbänder umlegten. Kailiaukroben lagen im Gras. Vor einigen Ahn hatte Grunt zwei Stangen zu einem Lastenschlepper für seine Pack-Kaiila verarbeitet. Eine solche Schlepplast vermindert natürlich die Geschwindigkeit des Tiers, ermöglicht aber eine schwere Last. Bei den roten Wilden ist diese Transportmethode weit verbreitet, besonders wenn es um die Umsetzung ganzer Lager geht. Wenn Grunt endlich bereit war, nach Kailiauk zurückzukehren, würde sein Lastenschlepper schwer beladen sein.