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Sein Helm war verrutscht. Er sah kaum noch etwas, hörte aber um sich herum das Stöhnen Verwundeter und die kläglichen Laute sterbender Pferde.

Muwatta löste den Kinnriemen und nahm seinen Helm ab. Er war umgeben von zerschmetterten Streitwagen und Pferdekadavern. Ein Stück vor ihm lag ein Schimmel, dem durch die Sichelräder die Vorderläufe abgehackt worden waren. Er wälzte sich auf dem Torso in seinem Blut und versuchte immer wieder hochzukommen, obwohl es keine Beine mehr gab, die ihn tragen konnten.

Muwatta blickte an sich herab. Längs über seinen Brustpanzer, dicht unter dem Rippenbogen, verlief eine Delle, so tief, dass er einen Finger hineinlegen konnte. Die Rüstung der Devanthar hatte ihm das Leben gerettet. Aber jetzt drückte sie unerträglich auf seine geprellten Rippen.

Ein paar Schritt entfernt lag der Speer, den ihm Išta geschenkt hatte. Er nahm die kostbare Waffe wieder an sich. Der Schaft war aus Elfenbein gefertigt und mit Schnitzarbeiten verziert, die Kampfszenen zeigten. Das Stichblatt der Waffe war fast zwei Hand lang und ungewöhnlich schmal.

Er ging zu dem sterbenden Schimmel, hob die Waffe und stieß sie dem Hengst durch die Stirn. Das Stichblatt glitt leicht durch den dicken Knochen, tief in den Schädel. Muwatta malte sich aus, wie er Aaron aufspießen würde.

»Der Erzkönig lebt!«, erklang hinter ihm ein Jubelruf. Ein Krieger auf einem großen Sichelwagen winkte ihm zu.

Muwatta grüßte ihn würdevoll mit seinem Speer. Er musste seine Wagenschwadronen neu aufstellen. Diese Söldner aus Zapote hatten einen erstaunlichen Schaden angerichtet. Er konnte es noch nicht genau überblicken, doch es schien, als sei fast ein Viertel seiner Wagen außer Gefecht. Sie waren zu nahe beieinander gefahren.

Der Krieger, der ihm gerade noch zugewunken hatte, schrie entsetzt auf. Eine Schattengestalt war zu ihm auf den Streitwagen gesprungen und zerfetzte ihm mit langen Krallen die Kehle.

Muwatta fluchte. Lebten noch immer einige der Katzenmänner?

Der Erzkönig lief auf eine Gruppe unbeschädigter Streitwagen zu. »Weicht nach Süden aus!«, rief er. »Wir sammeln uns im Süden.« Es mochte vielleicht noch eine Handvoll Zapote leben. Sie waren es nicht wert, sich jetzt mit ihnen aufzuhalten.

Muwatta lief auf einen der leichten Streitwagen zu und sprang auf. Seinen Helm hatte er auf dem Schlachtfeld zurückgelassen. Er würde ihn nicht mehr brauchen.

Es war inzwischen unerträglich heiß. Die Sonne stand hoch am Himmel, als er seine Streitmacht neu ordnete. Diesmal stellte er die Wagen mit mehr Abstand zueinander auf. Es waren immer noch mehr als genug, um die geschwächten Überreste von Aarons Bauernheer zu zerschmettern. Und mehr Zapoter gab es nicht. Eine solche Überraschung würde er kein zweites Mal erleben.

»Herr«, sprach ihn sein Wagenlenker zaghaft an, als die Reihen der neu geordneten Schwadronen abfuhren. Es war ein stämmiger, kleiner Kerl, in dessen krausem Haar weiße Schuppen schimmerten. »Dort hinten, Herr. Da ist etwas.« Er deutete mit ausgestrecktem Arm nach Süden.

In der Hitze der späten Morgenstunde zogen flimmernde Schlieren über die Ebene. Es sah aus, als würde die Luft zerschmelzen, wo sie den Boden berührte. Verlockende Seen erschienen, wo es in Wahrheit nur Sand und Felsen gab. Und zwischen den verwirrenden Zerrbildern bewegte sich etwas. Es war unmöglich zu sagen, ob da nur einzelne Männer oder ganze Kolonnen kamen. Auch war sich Muwatta unsicher, wie weit diese zerfließenden Gestalten entfernt waren. Eine halbe Meile? Weniger?

Hatte Aaron noch eine zweite Söldnertruppe der Jaguarkrieger angeworben? Unentschlossen blickte der Unsterbliche nach Westen. Eine Staubwolke näherte sich. Die Streitwagen Arams. Sie waren sein Ziel. Vielleicht standen dort hinten auch nur Sklaven, die aus dem Feldlager geflohen waren.

Plötzlich erfüllte ein erschreckend vertrautes Sirren die Luft. Pfeile! Der Himmel füllte sich mit Schauern von Geschossen. »Abrücken!«, schrie Muwatta und griff selbst nach den Zügeln des Streitwagens. »Abrücken!«

Woher kamen die Bogenschützen? Sie mussten auf hundert Schritt oder sogar weniger herangekommen sein. Verfluchtes Ödland!

Ringsherum schlugen Pfeile ein. Pferde bäumten sich auf. Die Schwadronen, die er gerade erst geordnet hatte, gerieten erneut durcheinander.

Ein schwarzer Pfeilschaft ragte aus der Kehle seines Wagenlenkers. Der Krieger kippte nach hinten. Muwatta schenkte ihm keinen Blick mehr. Er trieb die Pferde an, der Staubwolke entgegen. Jetzt musste die Entscheidung fallen.

Wagenkampf

Volodi griff nach dem Bogen. Er war ein miserabler Schütze, aber so kämpfte man nun einmal von einem leichten Wagen aus. »Geht über die Flanken!«, rief er seinen Leuten zu.

Muwattas schwere Streitwagen fuhren in weitem Abstand zueinander. Sie wollten sie dazu verlocken, zwischen ihnen hindurchzupreschen.

»Über die Flanken!«, rief Volodi noch einmal mit aller Kraft und war sich doch bewusst, dass seine Stimme im Donnern der Hufe unterging. Die Ebene hier war wie geschaffen für eine Streitwagenschlacht.

Sein Wagenlenker Mikayla zog an den Zügeln. Langsam scherten sie nach links aus. Die Front von Muwattas Streitwagen war vielleicht noch fünfhundert Schritt entfernt. Sie war erschreckend breit! Und sie kam rasend schnell näher.

Beide Seiten peitschten ihre Pferde zum Galopp. Volodi blickte über die Schulter. Die meisten Wagen folgten ihm. Die Zinnernen ließen sich auf die hintersten Positionen der Formation zurückfallen. Volodi war zufrieden. Alles lief wie geplant. Auf seine Leute war Verlass. Doch dann sah er, dass etliche der Satrapen und ihrer Adelskrieger entgegen seinem Befehl geradewegs auf die Wagenfront des Feindes zuhielten. Verdammte Narren! Sie waren es gewohnt, gegen Zweispänner zu kämpfen. Leichte Wagen, deren Waffen Pfeile und Wurfspeere waren. Aber die Streitwagen im Zentrum von Muwattas Streitmacht waren ganz anders. Es waren klobige Gefährte mit Seitenwänden aus Holz und groß genug, um drei oder sogar vier Mann zu tragen. Und dann die Sichelklingen! Sie würden versuchen, die leichteren Wagen zu rammen.

»Es wird knapp«, schrie Mikayla gegen den Lärm an. Er schlang sich die Zügel geschickt um die Hüften und griff nach dem Bogen neben sich.

»Was tust du da?« Ein Wagenlenker sollte im Gefecht die Zügel niemals aus den Händen lassen.

»Wir müssen durchbrechen. Das schaffen wir nur mit zwei Bogenschützen an Bord«, gab Mikayla ungerührt zurück.

Mit Schrecken sah Volodi, dass die Wagenfront vor ihnen kein Ende nahm. »Dort bei den leichten Wagen versuchen wir es.« Er zog einen Pfeil aus dem Köcher und beobachtete fasziniert, wie Mikayla mit einem leichten Schritt zurück und einer Hüftbewegung die Zügel so führte, dass ihre beiden Pferde genau auf die leichten Wagen zuhielten.

Der Boden war zwar eben, aber jeder Stein, jede leichte Bodenwelle ließ den Wagen emporspringen. Volodi schaffte es erst beim dritten Versuch, die Nocke in die Sehne einzuhaken.

Mikayla hatte damit weniger Probleme. Er legte den Pfeil auf, hob den Bogen und spannte gleichzeitig die Sehne in fließender Bewegung. Nie hatte Volodi einen Schützen gesehen, der sich so elegant und vollkommen bewegte.

Mikaylas Pfeil schnellte davon. Drei Herzschläge später strauchelte eines der Pferde vor den luwischen Wagen, die ihnen entgegenkamen.

»Unglaublich!«, rief Volodi dem Drusnier begeistert zu. »Wie machst du das?«

»Du musst eins werden mit deinem Ziel. Du musst es spüren!«

Volodi schüttelte ungläubig den Kopf. »Wer erzählt denn so einen Unsinn?«

»Eine gute Freundin. Es gibt keine bessere Bogenschützin als sie.«

»In Drusna?«

»Nein!«

Volodi war erleichtert. Es gehörte sich nicht für Frauen, sich mit einem Bogen zu beschäftigen. Weiber kümmerten sich um das Kleinvieh, das Kochen und die Kinder. So war die Ordnung der Welt. Er dachte an Shaya. Die Prinzessin aus dem Grasland war eine ausgezeichnete Kriegerin gewesen. Irgendwie unheimlich … »Deine Freundin … kam sie aus Ischkuza?«