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Artax fegte mit seinem Schwert flach über die Vorderseite seines Schilds, um die Spitzen der gesplitterten Speere zu entfernen, die im zähen Leder steckten. Sein Schild kam ihm schwer wie eine große Weinamphore vor. Selbst ohne den Ballast der Speerspitzen.

Plötzlich wichen ihre Feinde zurück.

»Endlich haben sie begriffen, dass sie sich hier nur blutige Nasen holen«, sagte Ashot matt.

Die Luwier bildeten einen weiten Ring um sie. Sie waren auf etwa zehn Schritt Abstand gegangen und hatten damit immer noch nicht die Böschung erreicht. Artax und seine Männer waren Schritt um Schritt zurückgedrängt worden.

Hinter der Schildwand der Luwier wurden die Speerträger der zweiten Reihe abgezogen.

Artax erkannte, was vor sich ging. »Die Schilde hoch«, rief er mit rauer Kehle.

»Kniet!«, ertönte im selben Augenblick ein Befehl in den Reihen der Luwier.

Die Schildträger kauerten sich nieder. Hinter ihnen standen Bogenschützen in langen, bronzenen Schuppenpanzern. Wie ein Mann hoben sie ihre Waffen, und ein Hagel von Pfeilen ging auf Artax und seine Kampfgefährten nieder.

Eiserne Spitzen bohrten sich durch das Leder. Männer, die all die Stunden des Schreckens überlebt hatten, schrien auf. Es ist vorbei, dachte Artax. Die Schlacht war verloren. Er sollte sich der Wirklichkeit stellen und dem Sterben ein Ende machen.

Er ließ seinen Schild sinken und sah, wie die Bogenschützen aufs Neue anlegten.

Er blickte auf die Toten, die zwischen den Linien lagen. Es waren so viele, dass er den rotbraunen Boden an keiner Stelle mehr sehen konnte.

Die Sonne funkelte unerträglich hell auf einem polierten Brustpanzer. Aus dem Licht erwuchs eine Flamme, die binnen eines Augenblicks zu einer lodernden Säule erblühte.

»Legt die Waffen nieder!«, befahl eine Stimme, die keinen Widerspruch duldete. Aus den Flammen trat der Löwenhäuptige. »Euer Herrscher Muwatta ist von Bogenschützen umzingelt, so wie ihr den Unsterblichen Aaron gestellt habt. Es gibt keinen Sieger in dieser Schlacht. Nur Besiegte. Die Unsterblichen werden die Entscheidung in einem Duell suchen.«

Artax hatte das Gefühl, als weiche auf einen Schlag alle Kraft aus seinen Gliedern. Ein Zweikampf war das, was er von Anfang an gewollt hatte. Und nun endete es so. Tausende waren für nichts gestorben.

Er ließ den schweren Schild von seinem Arm gleiten und stützte sich auf die Kante. Er hasste die Götter!

Deine Gedanken sind mir nicht verborgen, durchfuhr es ihn kalt. Komm mir nun mit aufrechtem Haupt und festem Schritt entgegen. Dein Auftritt entscheidet darüber, wie sich deine Krieger fühlen werden. Jetzt sind sie erleichtert, mit dem Leben davongekommen zu sein. Streite mit mir, sprich von vergeblichen Toden, und du wirst ihnen den Stolz rauben, mit dem sie in Zukunft auf diesen Tag zurückblicken werden. Sie haben vollbracht, was niemand für möglich hielt. Auch meine Brüder und Schwestern nicht. Sieh dich um, wer noch steht! Deine Bauern haben der Garde Muwattas widerstanden. Sie sind tapfere Männer. Sie haben all das nur für dich getan. Wende dich mit einem gehässigen Wort an mich, euren Gott, und du bist es, der alles zunichtemachen wird.

Artax straffte sich. An seinem Hass hatte sich nichts geändert, aber er erkannte die Wahrheit in den Worten des Löwenhäuptigen, und so gab er sich Mühe, würdevoll, ja wie ein Sieger auszusehen. Erhobenen Hauptes ging er auf den Devanthar zu, und als er ihn erreichte, wandte er sich zu seinen Kriegern. Kaum einer von ihnen war unverletzt. Sie stützten sich schwer auf ihre Speere und Schilde, aber er konnte den Stolz in ihren Gesichtern lesen und auch die Erleichterung, noch zu leben.

»Männer von Aram«, rief Artax. »Ihr habt vollbracht, was keiner glauben wollte. Ihr habt der Welt gezeigt, dass Bauern, Tagelöhner und Handwerker, die mit ganzem Herzen für ihre Überzeugung einstehen, selbst einer Übermacht aus Kriegern widerstehen können. Ganz gleich, wie das Duell mit Muwatta ausgehen wird – ihr habt die Welt verändert. Ab morgen wird nichts mehr so sein, wie es war. Aram wird ein Königreich sein, in dem mehr Gerechtigkeit einzieht.

Ihr seid das Fundament dieses Reiches, nicht die Satrapen in ihren Palästen. Und ich werde dafür sorgen, dass Aram auf einem starken Fundament steht.« Artax verneigte sich. »Es macht mich stolz, an eurer Seite gekämpft zu haben, Löwen von Aram.«

Es ist erstaunlich mit anzusehen, wie du dir noch mitten auf einem Schlachtfeld neue Feinde machst. Ich glaube nicht, dass viele meiner Brüder und Schwestern es schätzen werden, wenn ein Sterblicher sich anmaßt, die Welt zu verändern.

Glaubt Ihr, mein Tod könnte aufhalten, was heute begonnen hat?, dachte Artax.

Es wird genügen, wenn ein einziger Devanthar daran glaubt, es aufhalten zu müssen. Besiege Muwatta, und du hast dir das Recht erstritten, vor meinen Brüdern und Schwestern zu sprechen. Aber sei vorsichtig, Artax. Erliege nicht dem Größenwahn, nur weil sich deine Männer heute gut für dich geschlagen haben.

Wir werden auf ihn aufpassen und verhindern, dass er es zu toll treibt, mischte sich Aaron ein.

Schweigt, gebot der Devanthar. Artax hat mich in den drei Jahren seiner Herrschaft besser unterhalten als ihr in Jahrhunderten. Stört mich nicht, wenn ich bei ihm bin, oder ich werde eure Stimmen für immer aus seinem Kopf reißen.

Das ist möglich?, dachte Artax verblüfft, und zum ersten Mal seit drei Jahren keimte Hoffnung in ihm auf, die Stimmen all der anderen Aarons könnten eines Tages verstummen.

Ich bin ein Gott. Und nun lass uns gehen. Das Duell wird ein Stück vom Schlachtfeld entfernt im trockenen Flussbett stattfinden.

»Wir werden einfach über das Schlachtfeld gehen.« Artax war überrascht, dass er seinen Gedanken laut aussprach. Das klang ziemlich unspektakulär.

Wir könnten auch in einem goldenen Streitwagen, der von vier geflügelten Löwen gezogen wird, über den Himmel reiten. Aber ich dachte, ein solcher Auftritt wäre nicht dein Stil. Er birgt das Risiko, dass sich deine Untertanen künftig vor lauter Ehrfurcht vor dir auf den Boden werfen. Ich glaube nicht, dass dir das gefallen würde.

Sie schritten nebeneinander her, und erst jetzt erkannte Artax wirklich das Ausmaß der Schlacht. So viele Tote, Verstümmelte, Sterbende … Manche Männer schienen verrückt geworden zu sein. Sie saßen zwischen den Leichen und lachten auf eine Art, die Artax eisige Schauer über den Rücken jagte. Hatte der Löwenhäuptige gewollt, dass er all das sah?

Mein Bruder Langarm hat für Muwatta einen Speer erschaffen, der in seine Hand zurückkehrt, nachdem er sein Ziel getroffen hat.

»Dann hoffe ich mal, dass Muwattas Arm erschöpft ist und er mich verfehlt.«

Es ist ein Speer, der niemals sein Ziel verfehlt.

Artax blieb stehen. »Und welche verwunschene Waffe werdet Ihr mir geben?«

Du hast dein Schwert. Das muss genügen.

»Er wird mich umbringen!«

Das liegt durchaus im Bereich des Möglichen.

»Verdammt, ist Euch denn gar nichts an mir gelegen?«

Doch, deshalb warne ich dich ja. Dein Charme besteht für mich vor allen Dingen darin, dass du immer wieder das Unmögliche schaffst. Deshalb kann ich dir nicht helfen. Es würde die ganze Sache verderben.

Na großartig, dachte Artax. Einfach wunderbar, das Interesse dieses Gottes erregt zu haben. Es würde ihn umbringen.

Du wirst dir mit Muwatta ein Streitwagenduell liefern.

»Was? Warum?«

Weil es aufsehenerregender ist. Tausende eurer Krieger werden euch zusehen. Und denk daran, was du deinen Männern versprochen hast. Du willst eine neue Welt erschaffen. Willst ihnen Gerechtigkeit schenken. Das alles kann es nur geben, wenn du siegst.