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»Wenn du es gestattest, würde ich mich gerne darum kümmern, Spitzel in sein Heerlager einzuschleusen. Einen Feind, den wir besiegen wollen, sollten wir zuallererst gut kennen. Nur so können wir die richtige Strategie wählen.«

»Werden wir nicht siegen mit Bauern, die haben geschlagen Schlachten nur gegen Feldmäuse. Die nur kämpfen gut, wenn stehen auf eigenem Boden.«

»Wir sollten sie nicht alle über einen Kamm scheren«, widersprach Artax. »Mir ist ein Mann aufgefallen, der seinen Speer noch immer auf die Streitwagenkämpfer gerichtet hielt, als alle anderen längst ihre Waffen fallen gelassen hatten. Das war ein Bauer.«

»Aus einem Mann einen Krieger zu machen dauert viele Monde«, sagte Mataan. »Tapferkeit allein genügt nicht, um einen Bauern gegen einen erfahrenen Kämpfer bestehen zu lassen. Und ich bin sicher, Muwatta wird seine besten Männer in die erste Reihe stellen, um schnell unsere Linie zu durchbrechen. Sobald das geschieht, ist die Schlacht verloren.«

Artax ließ sich auf dem Klappsessel neben dem großen Kartentisch nieder. Ihm war, als gebe der Boden unter ihm nach.

»Ich nehme an, Muwatta kampflos diese Provinz zu überlassen, ist keine Option?«, fragte Datames.

»Nein«, entgegnete Artax gereizt und griff nach dem Krug mit Wein, der auf dem Tisch stand. Er wartete auf eine höhnische Bemerkung von Aaron, doch sein Quälgeist schwieg überraschenderweise.

»Und du bist dir sicher, dass deine Beweggründe es wert sind, ihnen Tausende deiner Untertanen zu opfern?«, warf Datames ein.

Artax füllte sich einen Becher und nahm einen tiefen Schluck Wein. Nachdenklich drehte er den Becher in den Händen. Er hatte die Form eines Hornes, das in einen massigen Fuß mit einem geflügelten Löwen endete, sodass man das Horn auf einem Tisch abstellen konnte. Der Becher war aus massivem Gold gearbeitet und mehr wert als das Korn, das er in seinem ganzen Leben als Bauer hätte erwirtschaften können. Artax nahm einen weiteren großen Schluck und lauschte auf die Geräusche des Feldlagers. Das Klirren von Metall, ferne Rufe, leises Gelächter. Er blickte zu seinen Beratern auf. Nein, er war sich nicht sicher. Er hatte neben dem toten Krieger gekniet, dem die Streitwagensicheln die Beine durchtrennt hatten. Hatte sich gezwungen, in dessen Antlitz zu blicken und es sich für immer einzuprägen. Er wollte keinen einzigen weiteren Tod verschulden.

»Die Männer werden das, was heute Morgen geschah, als böses Omen betrachten«, brach Mataan das lange Schweigen.

»Dann werden wir für gute Omen sorgen!«, entgegnete Artax gereizt. »Ihr seid meine Berater. Beratet mich, statt zu jammern. Wir brauchen mehr richtige Krieger.« Artax dachte an Juba. Sein Feldherr hätte sicher gewusst, was zu tun war. »Volodi. Du wirst nach Nangog reisen und alle Krieger von dort abziehen. Insbesondere die Zinnernen, die bei deinem Freund Kolja geblieben sind.«

»Sind sich nicht sehr viele Männer …«

»Wir brauchen hier jeden, der schon eine Schlacht geschlagen hat.«

»Mit Verlaub, Erhabener, aber das ist nur ein Tropfen auf einen heißen Stein. Was wir wirklich tun müssen, ist die Männer, die hier sind, zu formen. Was sich hier im Lager versammelt hat, ist wie ein Haufen loses Geröll. Was du aber brauchst, Erhabener, ist eine Mauer, an der Muwattas Angriffe zerschellen werden.«

Schöne Bilder und doch leere Worte.

»Hast du einen Plan, Datames?« Artax setzte seinen Weinbecher wieder ab.

»Wir müssen dein Heer von Grund auf neu strukturieren. Wir müssen die Steine erschaffen, die die Mauer bilden werden. Und den Mörtel, der sie miteinander verbindet. Ich schlage vor, wir bilden Gruppen aus jeweils zehn Mann. Und diese zehn sollten einander kennen. Aus demselben Dorf oder demselben Stadtviertel sollten sie kommen. Es ist etwas anderes, ob neben dir in der Schlachtreihe ein Mann steht, den du ein halbes Leben lang kennst oder einer aus einer Provinz, von der du nicht einmal den Namen aussprechen kannst. Und diese zehn sollten sich einen Anführer erwählen. Diese Anführer wiederum wählen unter sich einen Führer für hundert. Und die zehn Hundertschaftsführer einen Anführer, der tausend befehligt. Es müssen Männer sein, denen sie vertrauen, und keine Adligen, denen sie unterstellen, dass ihnen das Leben von Bauern und Handwerkern nichts bedeutet. Männer aus ihrer Mitte, die ihre Sorgen und Nöte kennen. Die wissen, wie man sie begeistern kann.«

»Du willst also die Satrapen entmachten«, warf Mataan ein.

Datames bedachte ihn mit einem spöttischen Lächeln. »Machst du dir Sorgen, Stadtfürst? Dann lass mich noch ein wenig Öl ins Feuer gießen. Ich sprach davon, dass wir einen Mörtel brauchen, der sie verbindet. Etwas, das sie alle zusammenhält. Sie brauchen ein gemeinsames Ziel. Etwas, das es wert ist, dafür sein Leben zu riskieren. Die Bauern hier kommen aus allen Provinzen des Reiches. Die meisten waren in ihrem ganzen Leben nie weiter als zwanzig Meilen von ihrem Geburtsort entfernt. Kush ist für sie nur ein Name. Und was sie hier sehen, ist nur ein Streifen unfruchtbares Ödland. Sie begreifen nicht, wofür sie hier kämpfen. Und wer für etwas kämpft, das ihm nicht am Herzen liegt, der wird nicht sehr standhaft sein. Für sie gibt es hier nichts zu gewinnen …«

»Außer der Möglichkeit, lebend nach Hause zu kommen«, warf Mataan ein.

Datames schüttelte den Kopf. »Dieses Argument fruchtet hier nicht. Bauern wissen nicht, wie Schlachten verlaufen. Ihnen ist nicht klar, dass, sobald sie flüchten, das Massaker beginnt, weil ihnen die Luwier nachsetzen werden, um sie niederzumachen. Für sie ist das Gefecht vorüber, wenn der Schildwall bricht. Sie brauchen etwas ganz Konkretes, das ihnen Halt gibt. Etwas, das für jeden Einzelnen Bedeutung in seinem Leben hat. Und ich rede hier nicht von abstrakten Werten wie Ruhm oder Ehre. Ich muss gestehen, dass es Volodi war, der mich auf meine Idee brachte. Er hat gesagt: Die nur kämpfen gut, wenn stehen auf eigenem Boden. Das ist es.«

Artax konnte Datames nicht folgen.

»Willst du schenken ihnen ein Stück Wüste hier?«, fragte Volodi grinsend. »Sind sich nur dreckig, aber nicht dämlich, die Bauern. Wird nicht helfen, sie machen kämpfen.«

»Nein, ich hatte eher daran gedacht, ihnen Land zu überlassen, das sie wirklich nutzen können. In jedem Dorf, das ich kenne, gibt es ungenutzte Brachflächen. Meist Land, das den Reichen gehört. Jeder Bauer, der hier in Kush kämpft, soll als Belohnung in seinem Dorf so viel Land bekommen, wie er an einem Morgen mit einer Handhacke bearbeiten kann. So wird jeder, obwohl wir hier am Ende der Welt stehen, für sein eigenes Land kämpfen.«

Artax war begeistert. Er selbst hätte wie ein Löwe dafür gekämpft, so viel Land hinzugewinnen zu können. Wären seine Äcker größer gewesen, wäre er niemals nach Nangog gegangen.

Mataan schüttelte missbilligend den Kopf. »Das ist verrückt. Die Satrapen werden das nicht dulden. Es liegt nicht in ihrem Interesse, dass die Bauern reich und unabhängig werden. Wenn wir das tun, werden die Satrapen nicht kämpfen.«

»Wer wird die Schlacht für uns gewinnen, Mataan? Die Satrapen und ihre fünftausend erfahrenen Krieger oder fünfundvierzigtausend Bauern, denen wir die Herzen von Löwen gegeben haben?«

»Zahlen sind nicht alles, Hofmeister«, entgegnete Mataan ruhig. Er wirkte auf Artax nicht erzürnt, sondern eher wie ein Vater, der versucht, seinen Sohn von einer dummen Idee abzubringen. »Hundert gut bewaffnete Krieger, die es schaffen, einen Schildwall zu durchbrechen und eine Lücke in die Schlachtreihe zu schlagen, können einen Kampf wenden. Wenn dies geschieht, ist es völlig belanglos, wie viele löwenherzige Bauern rechts und links von ihnen noch stehen. Es sind die erfahrenen Krieger der Satrapen, die solch eine Entscheidung erzwingen können, nicht deine Bauern, Datames. Und es sind die Streitwagenkämpfer, die über die Flügel der Schlachtlinie vorstoßen, um den Kämpfern in den Rücken zu fallen. Auch dies sind Männer der Satrapen.«