Выбрать главу

»Beste Wagenfahrer sind sich meine Männer«, knurrte Volodi.

»Wie man heute Morgen sehen konnte«, entgegnete Mataan nüchtern. »Ich zweifele nicht am Mut deiner Krieger, Volodi. Aber an ihrer Disziplin. In einer so großen Schlacht, wie sie uns bevorsteht, entscheidet Disziplin. Muwatta hat ohne Zweifel mehr Streitwagen als wir. Deshalb wird es entscheidend sein, dass wir unsere Kämpfer im rechten Augenblick einsetzen. Ungestüme Raufbolde, die lospreschen, wann es ihnen gefällt, können wir nicht gebrauchen.«

Volodi war sichtlich getroffen. Er reckte sein Kinn vor, polterte aber nicht los, wie er es sonst tat. »Wird sich nicht wieder geschehen«, sagte er mit rauer Stimme. »Haben wir gelernt von Tag heute.«

Artax hatte seine Zweifel. Die Söldner, die er unter den Piraten rekrutiert hatte, die seine Zinnflotten versenkt hatten, waren wilde Raufbolde. Sie waren wertvolle Krieger, todesmutig und hatten sich bisher stets als ergeben erwiesen. Aber Mataan hatte recht. Gerade, dass sie einem Kampf nicht aus dem Weg gingen, mochte in einer großen Schlacht, in der der richtige Einsatz von Reserven über Sieg oder Niederlage entscheiden konnte, eine maßgebliche Schwäche sein.

»Die Urväter unserer Satrapen haben sich ihren Fürstenstand durch Heldentaten auf dem Schlachtfeld verdient«, sagte Datames lächelnd. »Vielleicht sollte man ihre Enkel daran erinnern, dass ihre Herrschaft auf der Gnade des Unsterblichen beruht und allein ihr Wert auf dem Schlachtfeld die Rechtfertigung liefert, in Palästen zu leben.«

»Gegen wen ziehst du in die Schlacht, Hofmeister? Gegen die Luwier oder gegen die Satrapen von Aram?«

Er hat recht. Ich weiß nicht, was Datames reitet, aber du solltest ihm nicht folgen.

Artax ignorierte Aarons Stimme. Datames sprach ihm aus dem Herzen.

»Was für eine Gerechtigkeit ist das, wenn ein Bauer hier kämpft und vielleicht stirbt, und der einzige Lohn, den er erwarten kann, ist die Ehre, sich für seinen Unsterblichen geschlagen zu haben? Die Satrapen aber, die alles im Überfluss besitzen, ohne einen einzigen Tag auf einem Acker ihren Rücken gekrümmt zu haben, nehmen sich das Recht heraus, ihren Mitstreitern einen Lohn zu verweigern. Ja, sie drohen womöglich gar den Kampf, der der Sinn ihres Daseins sein sollte, zu verweigern, wenn andere auch nur einen Bruchteil des Lohnes bekommen, den sie für ihr Kriegerleben erhalten. Das ist absurd, und es gehört geändert.«

»Ist sich wahr, leben Satrapen wie Made in Speck«, stimmte Volodi zu.

»Mataan, es ist an der Zeit, der Wahrheit ins Auge zu blicken«, sagte Artax und suchte nach einem Bild, das den Fischerfürsten, der einst nur mit ihm und Juba eine ganze Piratenflotte verfolgt hatte, überzeugen würde. »Unsere Lage ist verzweifelt. Wir sitzen in einem sinkenden Boot. Wir können über Bord springen oder nach dem Schöpfeimer greifen und darauf hoffen, dass wir den Hafen noch erreichen werden.«

»Ich würde eher sagen, dass wir ein Feuer anzünden, um ein leckendes Boot wieder trocken zu bekommen«, entgegnete der Stadtfürst resignierend. »Aber wer bin ich, einem Unsterblichen zu widersprechen. Ich sehe, dass ich euch von euren Plänen nicht abbringen kann. Aber bitte erwartet nicht von mir, dass ich sie gutheißen werde.«

»Datames, ich beauftrage dich hiermit, eine Armee aufzubauen, die weiß, wofür sie kämpft.« Artax blickte zu Mataan. Der Fürst hatte die Arme über der Brust verschränkt. Seine Miene zeigte kein Gefühl. Konnte er ihm noch trauen? »Du, mein Freund, wirst die Satrapen im Auge behalten und mein Ohr unter ihnen sein. Ich möchte, dass du mir ganz offen berichtest, was sie denken.« Er wandte sich an Volodi. »Und du wirst nach Nangog reisen und mir jeden erfahrenen Krieger hierherholen, der entbehrlich ist. Meine verbliebene Leibwache ebenso wie die Himmelskrieger auf den Wolkensammlern. Wir werden Männer brauchen, die Erfahrung im Kampf haben und keinem Satrapen verpflichtet sind, um die Reihen unserer Bauernkrieger zu stärken.«

»Darf ich um eine letzte Gunst bitten, mein allweiser Herrscher?« Ein merkwürdiges Lächeln spielte um die schmalen Lippen des Hofmeisters. »Darf ich den Auftrag geben, zwanzigtausend Paar Holzschuhe zu fertigen?«

Artax lachte unwillkürlich auf. Das war absurd! Woran Datames wohl wieder dachte? Er kümmerte sich um Öl für die Kochkessel des Heeres, Säcke voll Dung, um die Feuer in Gang zu halten, Lederschnüre für Sandalen, die Taktik der Schlacht, die Latrinen im Heerlager, die Spitzel, die die Luwier beobachteten, und jetzt das … Artax schien es, als sei es sein Hofmeister, der die Zügel des Reiches in den Händen hielt. »Tu, was du für richtig hältst. Ich gewähre dir freie Hand, bis die Schlacht gegen Muwatta geschlagen ist.«

Aufspiel zum Totentanz

Jeder kam für sich allein. Nodon fragte sich, ob sie alle die Stimmen ihrer Meister hörten. Tief in ihrem Kopf. Leise flüsternd. Eine Stimme, der man sich nicht mehr widersetzen konnte, wenn man sich den Himmelsschlangen verschworen hatte. Sie kamen den Hang hinab, stiegen zwischen den schroffen Felsen tiefer. Ein Hauch von silbernem Licht lag in dieser Nacht über dem zerklüfteten Tal. Es war kühl. Nodon stand der Atem vor dem Mund. Er hatte zu lange im Jadegarten gelebt. Kälte war er nicht mehr gewohnt. Diese Schwäche ärgerte ihn. Er war der beste unter Nachtatems Schwertkämpfern. Vielleicht sogar der beste, den die Weiße Halle je hervorgebracht hatte. Er flüsterte ein Wort der Macht und hüllte sich in einen Kokon schützender Wärme.

Die Stimme in seinem Kopf führte ihn zu einem klaffenden Spalt in einer Felswand. Eine Wunde aus Finsternis inmitten mit silbernen Sprenkeln durchsetzten Gesteins. Ohne zu zögern, duckte er sich in den Spalt. Etwas berührte ihn. Körperlose Hände ergriffen ihn. Zerrten ihn nach vorne. Sein Atem stockte. Er hatte das Gefühl zu fallen.

Nodon kämpfte gegen die Panik an. Er wusste, was mit ihm geschah. Es war nicht das erste Mal, dass er einen Drachenpfad beschritt. Jede Reise auf diesen magischen Wegen war ein wenig anders. Nur eins hatten sie alle gemein. Sie jagten ihm Schrecken ein. Drachen mochten es als natürlich empfinden, sich auf diese Weise zu bewegen, Tausende Meilen binnen eines Lidschlags hinter sich zu lassen. Für Elfen waren diese Pfade nicht geschaffen!

Blauweißes Licht umfing ihn. Nodon stand in einem weiten, schneebedeckten Krater. Eine Kuppel wölbte sich über ihm. Große Schneeflocken wirbelten darüber hinweg. Sie schienen geradezu abgestoßen zu werden. Ein Zauber? Es gab nichts Stoffliches, das sich dem Schneetreiben entgegenstellte. Nur den Willen der Himmelsschlangen.

Sie alle waren hier. Der Dunkle, jener, der als Erster aus dem Ei geschlüpft war, sein Herr! Er blickte kurz zu ihm auf. In weitem Rund lagen die acht ältesten Drachen um den Krater.

Nodon fühlte sich beklommen. Nie hatte er sie alle an einem Ort versammelt gesehen. Was ging hier vor?

Am Grund des Kraters standen die Elfen der Weißen Halle. Meister wie Novizen. Auch jene, die die Halle schon lange verlassen hatten und so wie er bei den Himmelsschlangen lebten, waren gekommen. Weit über hundert waren sie.

Sie alle trugen die Tracht der Schule. Das lange, seitlich geschlitzte Seidengewand, bei den Meistern mit Borten und Stickereien in Silber und Gold geschmückt. Dazu bauschige Hosen, die in hohen Stiefeln stecken. Manche der Drachenelfen, die vor Langem die Weiße Halle verlassen hatten, ergänzten die Tracht mit seidenen Bauchbinden oder dezentem Schmuck. Niemand trug eine Waffe. Viele der Novizen, die sich ihrer Macht noch nicht sicher waren, hatten sich in schwere Wollumhänge gehüllt, statt jenen Zauber zu weben, der sie für die Eiseskälte dieses Ortes unberührbar machte. Auch Gonvalon trug einen Mantel. Nodon hatte das Gerücht gehört, der Schwertmeister habe durch einen Fluch all seine Zaubermacht verloren. So verfroren, wie der Aufschneider wirkte, schien es wahr zu sein.

Die Zwerge der Tiefen Stadt haben einen machtvollen, alten Drachen getötet. Den Schwebenden Meister, der euch alle in die Kunst des Zauberwebens eingeführt hat. Sie haben ihm heimtückisch aufgelauert und mithilfe einer Speerschleuder ermordet.