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Für unsere Zwecke genügt es zu wissen, dass der Transistor ein aus sogenannten Halbleitern bestehendes Bauelement ist. Zur Zeit der Erfindung um 1950 war es ein zentimetergroßer Zylinder, von dem drei Drähte wegwiesen; heutzutage sind Transistoren mikroskopisch klein, aber an ihrem Wesen ändert das nichts. Die drei Drähte tragen die Bezeichnung B (für Basis), C (für Kollektor) und E (für Emitter). Wir verzichten darauf, über die Details der Wirkungsweise zu sprechen, sondern begnügen uns mit der fast sträflich groben Vereinfachung, die folgendes besagt: Wenn an den Draht B eine Spannung gelegt wird, dann erlaubt der Transistor, dass vom Draht C zum Draht E widerstandslos Strom fließt. Wenn hingegen am Draht B keine Spannung herrscht, lässt der Transistor keinen Strom vom Draht C zum Draht E fließen.

Abb. 6: Prinzip des NOT-Gatters: Mit U wird die Basisspannung bezeichnet. Wenn bei p eine Spannung angelegt ist, wenn also p = 1 ist, dann sorgt die geladene Basis B am Transistor für eine Stromleitung vom Kollektor C zum Emitter E in die Erde, und bei q liegt keine Spannung vor: q = 0. Wenn bei p keine Spannung angelegt ist, wenn also p = 0 ist, dann leitet der Transistor nicht, und bei q liegt eine Spannung vor: q = 1.

Damit verstehen wir bereits, wie man mit Elektrodynamik Logik betreiben kann: Betrachten wir den einfachsten Fall, dass an einen Draht, dessen Ende wir mit dem Buchstaben q bezeichnen, eine Spannung, die sogenannte Basisspannung, gelegt wird. Geschieht nur dies und sonst nichts, kann man am Drahtende q feststellen, dass diese Spannung (gegenüber der Erde, der man die Spannung null zuspricht) vorhanden ist. Man schreibt dafür q = 1. Ist aber der Draht dazwischen mit einem zweiten Draht verknotet, der seinerseits mit der Erde verbunden ist, fließt der Strom von der Spannungsquelle über den Knoten und den zweiten Draht in die Erde, und am Drahtende q herrscht keine Spannung mehr. Dafür schreibt man q = 0. Jetzt kommt der Transistor ins Spieclass="underline" Er wird so in den zweiten Draht eingebaut, dass der Drahtteil vom Knoten bis zum Transistor der Draht C und der Drahtteil vom Transistor zur Erde der Drahtteil E ist. Jetzt hängt es davon ab, ob am Ende des Drahtes B vom Transistor, das wir mit p bezeichnen wollen, eine Spannung herrscht, in diesem Fall schreiben wir p = 1, oder keine Spannung herrscht, in diesem Fall schreiben wir p = 0. Wenn nämlich p = 1 ist, lässt der Transistor den Strom von C nach E durch, und am Drahtende q herrscht keine Spannung, also ist = 0. Wenn hingegen p = 0 ist, sperrt der Transistor den Stromfluss, und am Drahtende q bleibt die Basisspannung bestehen, also ist q = 1.

Das elektrische Bauelement symbolisiert die logische Negation: q bedeutet „nicht p“.

Wenn man solche Bauelemente parallel oder hintereinander schaltet, bekommt man alle logischen Verknüpfungen: Man kann zum Beispiel „weder p noch q“ zum Ausdruck bringen: Hier misst man beim Ausgangsdrahtende r genau dann eine Spannung, wenn weder der die Aussage p noch der die Aussage q symbolisierende Draht mit einer Spannung versehen sind. Mit anderen Worten: Nur bei p = 0 und bei q = 0 ist r = 1, denn r steht für „weder p noch q“, und tatsächlich stimmt r, wenn sowohl p als auch q falsch sind. Ist hingegen p = 1 und q = 0, oder ist p = 0 und q = 1, oder ist gar p = 1 und q = 1, dann ist r = 0, denn „weder p noch q“ ist falsch, weil ja mindestens eine der beiden Aussagen p oder q wahr ist.24

Abb. 7: Prinzip des NOR-Gatters: Nur bei p = 0 und bei q = 0 ist r = 1, denn nur dann leiten die beiden Transistoren nicht den Strom von der Basisspannung U in die Erde. In allen anderen Fällen wird der Strom in die Erde geführt und es ist r = 0.

Ein paar solcher Schaltungen aufeinandergetürmt, und man kann bereits rechnen wie einst Pascal mit seiner Maschine.25 Und unzählige Kaskaden derartiger Schaltungen in der richtigen Weise verdrahtet ergeben nichts anderes als eine Zahlenmaschine. Wenn ein Verfahren nach einem Programm abläuft und eindeutig aus einzelnen symbolischen Manipulationen besteht – die Zahlenmaschine kann es nachvollziehen.

Gelernters Skeptizismus und Turings Test

Watson, der Sieger bei Jeopardy gegen Ken Jennings und Brad Rutter, war eine derartige Zahlenmaschine. Eine Fülle von Daten war in ihr gespeichert, die letztlich aus einer gigantisch langen Folge von Ziffern 0 und 1 bestand. Diese Ziffernfolge, umgesetzt in vorhandene Spannung bei 1 und fehlende Spannung bei 0, ist die dubiose Quelle von Watsons „Wissen“. Das technische Meisterwerk besteht darin, damit die Illusion zu erzeugen, die Zahlenmaschine könne wirklich denken.

Redakteure des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ waren von Watson so verzaubert, dass sie sich entschlossen, einen ausgewiesenen Experten dieser Zahlenmaschinen darüber zu befragen. Interviewpartner des „Spiegel“ war David Gelernter, der 1983 mit seinem Kollegen Nicolas Carriero die Programmiersprache LINDA entwickelt hatte, die sich besonders gut für parallel laufende Zahlenmaschinen eignet. Die Kernaussagen des „Spiegel“-Gesprächs mit Gelernter lauteten:

Der Spiegeclass="underline" „Herr Gelernter, wir suchen einen Begriff. Der amerikanische Journalist Ambrose Bierce umschrieb ihn als ,vorübergehendes Irresein, heilbar durch Heirat‘. Wissen Sie, was gemeint ist?“

David Gelernter: „Keine Ahnung.“

Der Spiegeclass="underline" „Die Liebe.“

David Gelernter: „Oh, die Liebe.“

Der Spiegeclass="underline" „Ja, und die Frage stammt aus dem Fundus der TV-Quizshow ,Jeopardy‘. Der IBM-Supercomputer Watson hatte kein Problem, die Lösung zu finden. Dann weiß Watson wohl, was Liebe ist, oder?“

David Gelernter: „Er hat nicht die geringste Ahnung. Die Forschung auf dem Feld der Künstlichen Intelligenz hat nicht einmal angefangen, sich mit Gefühlen zu beschäftigen. Das Problem ist: Wir denken nicht nur mit dem Verstand. Denken kann nur ein Geist, der auch einen Körper hat. Ein Gefühl wie Liebe übersteigt Watsons Fähigkeiten bei weitem.“

Der Spiegeclass="underline" „Was ist so besonders am menschlichen Gehirn, dass es von einer Maschine nicht nachgebildet werden kann?“