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Ich sagte: »Ja!«

»Seid ihr aus Ar?«

»Nein.«

»Wo arbeitet ihr?« fragte der Wächter.

»Ich suche Arbeit«, sagte ich.

»Ihr kommt also nicht aus Ar?«

»Nein.«

»Kannst du mit dieser Klinge umgehen?«

»Ganz passabel.«

»Für Leute wie euch könnte es eine Anstellung geben«, sagte der Mann. »Man braucht Männer.«

»Dürfen wir passieren?«

Er sah mich an. »Was wollt ihr überhaupt hier, wenn ihr keine Arer seid?«

»Uns die Fortschritte der Arbeit ansehen.«

Er lachte. »Und die Flötenmädchen!«

»Na klar«, sagte ich.

»Ihr dürft passieren.«

Wir gingen weiter. Das Tragen von Waffen war für die Bürger Ars nun genauso illegal wie allein schon der Besitz. Die Bevölkerung Ars wurde entwaffnet. Angeblich geschah dies zu ihrem eigenen Schutz. Das Befolgen des Entwaffnungsgesetzes wurde als sichtlicher Beweis des guten Willens der Arer angesehen, als Zeichen sowohl ihrer guten Absichten wie auch ihres eifrigen Friedenswillens. Außerdem wurden sie immer wieder darauf hingewiesen, daß Waffen unnötig geworden waren, jetzt, da man ihnen nach der Befreiung die Segnungen des Friedens gebracht hatte.

»Es ist nur eine Frage der Zeit, bis alle Waffen illegal sein werden«, sagte Marcus.

»Bis auf die wenigen Männer, die Waffen tragen dürfen.«

»Cosianer.«

»Und ihre Helfershelfer.«

»Dir ist nicht entgangen, daß er nach unserer Arbeit gefragt hat?«

»Nein, natürlich nicht.«

»Bald wird es Vorschriften dafür geben, werden Papiere, Genehmigungen, Ostraka und dergleichen erforderlich sein.«

»Ich schätze schon.« Ich hatte so eine Ahnung, daß die Arbeit für die Cosianer in meine Pläne passen würde – und in Marcus’ Pläne auch.

»Es wird schlimmer sein als unter Gnieus Lelius.«

»Ja.« Gnieus Lelius war vermutlich schon in Cos.

»Vielleicht kann ja Milo Ar retten.«

»Sei nicht bitter«, sagte ich. Mir hatte das Schauspiel, das Cos beziehungsweise – wie sich herausstellte – Lurius von Jad verherrlichte, recht gut gefallen. Die Aufführung war hervorragend gewesen, mit großartigen Kostümen und eindrucksvollen Darstellungen. Es ist fast unmöglich, bei tausend Schauspielern auf der Bühne nicht auf wenigstens die eine oder andere Weise beeindruckt zu sein. Außerdem mußte ich trotz einiger Zweifel zugeben, daß Milo tatsächlich ein gutaussehender Bursche war und seine Rolle gut gespielt hatte. Es besaß eine gewisse Ironie, Lurius von Jad, dem ich einmal begegnet war und der eine fette Kröte war, von einem göttergleichen Burschen wie Milo porträtiert zu sehen, aber das unterstrich die Absichten des Dramas nur; außerdem gestattet die künstlerische Freiheit solche gelegentlichen thespischen Vergehen.

»Ich glaube, das Stück hat fünf Ahn gedauert«, sagte Marcus.

»Wohl höchstens drei«, entgegnete ich. »Hat dir der Bursche gefallen, der den schurkischen Gnieus Lelius spielte?«

»Natürlich«, sagte Marcus. »Ich habe gar nicht gewußt, daß selbst ein so dummer Sleen so durchtrieben sein kann.« Er schwieg. »Aber Milo mag ich nicht.«

»Du bist nur sauer, weil er so hübsch ist.«

»Das Stück war schlecht.«

»Überhaupt nicht.«

»Eine Geldverschwendung.«

»Phoebe hat es gefallen.«

»Was weiß die schon?«

»Sie ist eine kluge, gebildete Frau.«

»Sie ist eine Sklavin.«

»Jetzt hör aber auf.« Die meisten Goreaner genießen es, kluge, gebildete Frauen zu besitzen. Es ist angenehm, wenn sie einem zu Füßen liegen, während sie darum betteln, einem dienen zu dürfen, in dem Wissen, daß sie bestraft werden, wenn sie es nicht tun.

Der Eintritt hatte drei Kupfertarsk gekostet, und einer war für Phoebe gewesen. Die Uraufführung war von der Ubara Talena besucht worden. Es war mir nicht gelungen, für diese Vorstellung an Eintrittsostraka heranzukommen, da sie anscheinend beschränkt waren. Ich hatte in der Nähe des Theaters in der Menge herumgelungert, jedoch nur ihre Sänfte sehen können, die nicht von Sklaven, sondern von Bediensteten aus dem Zentralzylinder getragen wurde. Die Sänfte war von Wächtern umringt gewesen, die entweder aus Cos oder aus Ar kamen. Ich fand es schon bemerkenswert, daß die Ubara, die in der Stadt so beliebt war, so viele Wächter brauchte. Hinter der Sänfte ritten Seremides, einst der Hohe General von Ar, jetzt in Friedenszeiten der Erste Minister ihrer Majestät der Ubara, und Myron, der Polemarkos von Temos. Seremides hatte als Hauptmann natürlich das Kommando über die Palastgarde, die Taurentianer, behalten. Sie hatten eine Stärke von etwa zweitausendfünfhundert Mann. Ich hatte Talena beim Verlassen der Sänfte nicht sehen können, da dies im Innenhof des Theaters geschehen war, der von der Straße aus nicht einzusehen war. Ich hatte nur gehört, daß sie jetzt cosische Tracht trug, mich selbst aber noch nicht davon überzeugen können.

Die Flötenmusik war nun deutlich zu hören.

»Sieh nur!« sagte ich überrascht.

Ich hatte nicht gewußt, daß seit meinem letzten Besuch in der Gegend soviel geschehen war. Ein paar schnelle Schritte brachten mich zur Straße der Mauer.

In der Stadtmauer klaffte eine riesige, mehr als vierhundert Meter breite Bresche. Die untere Kante der Bresche lag in einer Höhe von etwa vierzig oder fünfzig Metern. Ihre Ränder erreichten noch die ursprüngliche Höhe der Stadtmauer, die in dieser Gegend hundertzwanzig Meter überhalb des Straßenniveaus lag. An der Bresche wimmelte es nur so von Menschen. Ein Stein nach dem anderen wurde zur Außenseite geworfen. Wie ich gehört hatte, lud man sie auf Wagen und transportierte sie ab. Auf der Mauer standen nicht nur Männer und junge Burschen, sondern auch Frauen und Mädchen.

Ich blieb mit dem Rücken zur Straße der Geschirre stehen. Marcus hatte mich einen Augenblick später eingeholt, Phoebe blieb links hinter ihm. Bei einem rechtshändigen Herrn hält sich die Sklavin immer auf der linken Seite auf, damit sie seine Waffenhand nicht behindert.

Ich sagte: »Seit unserem letzten Besuch haben sie große Fortschritte gemacht.«

»Das sind Tausende von Arbeitern, die hier und anderswo an der Stadtmauer arbeiten.«

Dies war natürlich nicht die einzige Lücke in der Mauer, nur die, die unserer Unterkunft am nächsten lag. Hier schufteten mindestens ein paar hundert Menschen. Auf der der Stadt abgewandeten Seite gäbe es natürlich noch mehr, die die Steine aufluden und fortschafften.

Die Mauern von Ar waren zu einem Steinbruch geworden.

Das würde in verschiedenen Städten negative Auswirkungen auf den Steinmarkt haben, vermutlich bis nach Venna, davon war ich überzeugt. Solche Steine konnte man für alles mögliche benutzen, obwohl die meisten natürlich verbaut wurden. Mit Sicherheit würden Gefangene und Sklaven weitab von der Stadt auch viele zu Kies zerschlagen.

Zur Zeit gab es neunzehn solcher Breschen in der Stadtmauer. Sie vermehrten nicht nur mögliche Angriffspunkte, ihre Auswahl war auch nicht nach dem Zufallsprinzip erfolgt. Man hatte sie nach den günstigsten taktischen Gesichtspunkten für einen Angriff ausgesucht; sie waren so verteilt worden, daß sich jede Verteidigungsstreitmacht weit zerstreuen mußte. Das Endziel bestand darin, die Lücken zu vermehren und letztlich zusammenzuführen, bis die Mauern von Ar bis zum Boden niedergerissen waren.