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»Hör nicht auf sie, geliebte Talena!« rief ein Mann.

»Du bist ein Emporkömmling«, sagte Claudia. »Du bist eine Marionette der Cosianer!«

»Ich bin deine Ubara!« schrie Talena.

»Du bist eine cosische Marionette!«

»Verrat!« riefen Männer.

»Du trägst sogar cosische Tracht!« rief Claudia.

»Auf diese Weise können wir unseren Respekt für Cos bekunden, unsere Dankbarkeit ihnen gegenüber, unsere Freundschaft«, sagte Talena.

»Tanze an ihren Fäden, Marionette!« schrie Claudia.

»Vielleicht wirst du es sein, die tanzt«, brüllte Talena sie an, »und zwar als Sklavin vor meinen Offizieren!«

»Und das täte ich aufregender als du«, sagte Claudia.

Das bezweifelte ich.

»Sklavin! Sklavin!« rief Talena.

»Marlenus von Ar befreite mich aus der Sklaverei!« sagte Claudia.

»Ich bin nicht Marlenus!« rief Talena.

»Er hat mich mit Ehre behandelt«, sagte sie, »und mich unterstützt.«

»Ich bin nicht er«, sagte Talena.

»Genausowenig wie du, enterbt und entehrt, noch seine Tochter bist!« erwiderte Claudia.

»Verrat!«

Talena wandte sich an die Menge. »Sollten die Kaste dieser Frau, ihre hohe Geburt und die Tatsache, daß sie die Tochter eines Administrators ist, eines bloßen Administrators, ihr erlauben, sich vor ihren Pflichten ihrem Staat gegenüber zu drücken?«

»Nein!« rief die Menge. »Nein!«

Talena wandte sich an Claudia. »Findest du, man sollte dir besondere Privilegien einräumen?«

Das brachte Claudia aus dem Konzept.

»Ha!« rief ein Mann. »Seht, darauf weiß sie nichts zu sagen.«

Claudia gehörte einer hohen Kaste an und war ein Mitglied der Aristokratie. Die goreanische Gesellschaft weiß ihre Traditionen zu schätzen und ist durchdacht strukturiert. Darum wäre es ihr nie in den Sinn gekommen, daß ihr im Rahmen ihrer Stellung nicht die üblichen Privilegien zustanden. Diesen Privilegien stehen natürlich – zumindest in der Theorie – Pflichten und Ansprüche gegenüber, die weit darüber hinausgehen, was anderen abverlangt wird. Wie viele Eroberer machten sich die Cosianer wohlüberlegt den Klassenneid zunutze und benutzten ihn, um ihre Ziele durchzusetzen wie zum Beispiel den Ersatz der alten Aristokratie oder Elite durch ihre eigene, und zwar nach Möglichkeit so unauffällig wie möglich.

»Glaubst du, du bist etwas Besseres als die anderen Frauen Ars?« fragte Talena.

»Zumindest bin ich besser als eine ganz bestimmte Frau«, erwiderte Claudia, »und zwar Talena, die die Diktatorin von Ar wäre, nur daß ihre cosischen Herrn ihr die Macht, die dazu nötig wäre, nicht erlauben!«

»Verrat!« riefen einige der Zuschauer. »Tötet die Hinrabianerin! Auf den Pfahl mit ihr!«

»Und in der Nacht – dienst du deinen Herren da zwischen den Fellen?« fragte Claudia.

Anscheinend ließ allein schon der Gedanke Talena beinahe in Ohnmacht versinken. Zwei ihrer Diener stützten sie.

»Tod der Hinrabianerin!«

Ein hinter Claudia stehender Wächter hatte schon das Schwert zur Hälfte aus der Scheide gezogen.

»Nein, nein!« rief Talena der Menge zu. »Sagt so etwas nicht zu einer Frau aus Ar!«

»Gnädige Talena!« schluchzte ein Mann.

Der Wächter stieß das Schwert zurück in die Scheide. Die Menge verstummte.

»Ich bedaure, daß ich dich trotz der Liebe, die ich für dich empfinde, nicht von deinen Verpflichtungen gegenüber dem Staat entbinden kann«, sagte Talena. »Oder dich anders als die anderen Frauen Ars behandeln kann. Denn auch ich habe eine Pflicht zu erfüllen, denn ich bin die Ubara!«

Die Männer jubelten.

»Bring diese Farce doch zu Ende!« rief Claudia. »Hier stehe ich vor dir, nackt und in deiner Macht! Hast du nicht auf diesen Augenblick gewartet? Steht mein Name nicht als erster auf deiner Liste? Genieße deinen Triumph! Tu mit mir, was du willst!«

»Meine Entscheidung wird getroffen werden wie bei jeder anderen Frau Ars auch«, entgegnete Talena. »Dir wird absolute Gerechtigkeit widerfahren.«

Talena fing damit an, Claudias Fall anscheinend zu überdenken; sie überprüfte, ob sie überhaupt geeignet war, um als Reparationszahlung für die Verbrechen Ars zu dienen. »Dreh dich, meine Liebe, aber bitte langsam«, sagte sie nachdenklich.

Männer lachten.

Die Hinrabianerin drehte sich erneut vor ihrer Ubara, wie eine Sklavin bei der Schätzung.

Talena schien zu zögern. Sie wandte sich an ihre Ratgeber, als würde sie sich um etwas Sorgen machen, als suche sie ihr Urteil. Ob sie die Hinrabianerin für geeignet hielten, die aufgebrachten Cosianer zu beschwichtigen? Oder würde sie dieses Angebot eher beleidigen? Ich lächelte. Es gab keinen Zweifel, wie im Fall der schönen Hinrabianerin ihre Meinung aussehen würde.

Claudia stand mit geballten Fäusten vor dem Podest. Bei keiner anderen Frau war eine derartige Beratung als nötig empfunden worden. Talena hatte eine großartige Methode gefunden, die Hinrabianerin zu demütigen.

Die Ubara wandte sich ihr wieder zu.

»Es ist eine Entscheidung gefallen«, sagte Talena.

Claudia nahm stolz die Schultern zurück.

»Es handelte sich um eine schwierige Angelegenheit, die das Abwägen vieler sehr subtiler Faktoren mit einschloß«, fuhr Talena fort. »Wie du dir sicher vorstellen kannst, sprachen dein Gesicht und deine Figur gegen dich.«

Die Hinrabianerin keuchte empört auf.

»Allein schon deshalb hätte ich dich disqualifiziert. Aber da war noch dein Verrat, den ich erst jetzt mit zugegeben großem Zögern öffentlich mache.«

Claudia sah sie überrascht an.

»Welcher Verrat denn?« rief ein Zuschauer.

»Verschwörung, Verrat des Heimsteins, Unterstützung des schrecklichen Regimes von Gnieus Lelius, dem Tyrannen von Ar!«

»Ich bin unschuldig!« rief Claudia.

»Hast du das Regime von Lelius nicht unterstützt?« fragte Talena.

»Ich habe ihn nicht bekämpft«, sagte Claudia. »Das hat keiner getan! Er war der Regent!«

»Indem du dich dieser verabscheuenswerten Politik nicht entgegenstelltest, hast du den Heimstein Ars verraten!«

»Nein!« schluchzte Claudia auf.

»Du wolltest ihn benutzen, um deine eigenen politischen Ambitionen weiter voranzutreiben!« erklärte Talena.

»Nein!«

»Aber deine politischen Ambitionen werden bald ihr Ende gefunden haben!«

Claudia wandte sich an die Menge. »Bürger, ich beschwöre euch, hört nicht auf sie!«

»Du hast doch sogar neben seinem Sklavinnenring geschlafen!« rief Talena.

»Das ist nicht wahr!«

»In der Zukunft wirst du dich daran gewöhnen müssen, immer dort zu schlafen.«

Claudia schien zu schwanken. Der Wächter, der hinter ihr stand, stützte sie, aber nicht besonders sanft.

»Tötet sie!« rief die Menge.

»Aber in Erinnerung unserer einstigen Zuneigung, die ich noch immer für dich hege, und aus Respekt vor deiner ehrenhaften Herkunft und den Verdiensten, die deine Familie für Ar erbrachte, bin ich trotz deiner Verbrechen auf eigene Verantwortung bereit, dir die Ehre zu erweisen, deiner Stadt dienen zu dürfen.«

»Ich bin unschuldig!« schluchzte Claudia.

»Tötet sie!«

»Bereite dich vor, dein Urteil zu hören«, sagte Talena.

»Nein!« schrie Claudia.

»Diese Worte sage ich mit schwerem Herzen und tränenblinden Augen«, sagte die Ubara. »Ich befehle, daß du in Ketten gelegt wirst!«

»Nein!« schluchzte Claudia. »Es ist eine Sache, von einem Mann gefangen, in sein Zelt geschleppt und dazu gezwungen zu werden, ihm zu dienen, oder von einem Magistrat nach Recht und Gesetz wegen Verbrechen, die ich tatsächlich begangen hätte, zur Sklaverei verurteilt zu werden, aber es ist etwas ganz anderes, hier vor aller Öffentlichkeit von meiner Feindin gedemütigt zu werden, die mich in ihrem Triumph einem Leben in Sklaverei ausliefert.«