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»Mit anderen Worten also Cos – oder gibt es da irgendeinen Unterschied?« fragte Banius.

»Wir gehorchen unserer Ubara«, sagte Turus.

»Und wem gehorcht sie?«

»Schweigt!« sagte der Offizier.

»Ruhm und Ehre für Cos«, sagte ich.

»Laßt euch von einem Hilfswächter Manieren beibringen, eure Pflichten für die Allianz zeigen«, knurrte der Offizier.

Der Wächter Banius zuckte bloß mit den Schultern.

»Guter Mann«, sagte der Offizier zu mir.

»Vielen Dank, Hauptmann«, erwiderte ich artig.

Der Offizier wandte sich an den Kaufmann. »Würdest du die Angreifer wiedererkennen, die diese armen Kerle erschlugen und deinen Laden verwüsteten und von denen es sicher mehr als zwei gab?«

»Sie waren nur zu zweit, genau wie ich sagte«, sagte der Kaufmann, »und nicht sie haben meine Ware zerstört, sondern die, die jetzt in ihrem eigenen Blut hier herumliegen.«

»Ich verstehe«, sagte der Offizier wütend.

Stille kehrte ein.

»Ich würde Marlenus folgen«, sagte Banius plötzlich.

»Folge seiner Tochter«, erwiderte der Offizier.

»Die er selbst verstoßen hat?«

»Das ist nicht wahr«, sagte der Offizier.

»Sie wurde verstoßen.«

»Das entspricht nicht der Wahrheit!« beharrte der Offizier.

»Wie du meinst, Hauptmann«, sagte Banius.

»Indem du seiner Tochter folgst, folgst du ihm«, sagte der Offizier.

»Seine Schritte hätten ihn niemals nach Cos geführt«, erwiderte Turus, »es sei denn mit einer Armee im Rücken.«

»Heil Talena, der Ubara von Ar«, sagte ich.

»Gut gesagt«, sagte der Hauptmann.

»Ruhm und Ehre für Ar«, sagte einer der anderen beiden Wächter, die bis jetzt geschwiegen hatten.

Diese Meinung teilten wohl alle Anwesenden, einmal abgesehen von dem Hauptmann, mir und vermutlich Marcus.

»Durchsucht den Laden«, befahl der Offizier.

Turus und zwei seiner Kameraden begaben sich in den hinteren Teil der Räumlichkeiten, Banius stieg die Leiter zum ersten Stockwerk hinauf.

»Es sind zu viele Vorfälle dieser Art geschehen«, murmelte der Hauptmann und blickte sich um.

»Hauptmann?« wandte ich mich an ihn.

»Ja«, sagte er. »Mehr, als die Männer wissen.«

Aus dem Hinterzimmer ertönte der Schrei eines Mädchens.

Der Ladenbesitzer stöhnte auf.

»Hauptmann!« rief ein Wächter.

Der Hauptmann ging in das Hinterzimmer. Der Kaufmann, Marcus und ich schlössen sich ihm an.

Im Hinterzimmer standen Massen von tönernem Geschirr, alle möglichen Arten von Gefäßen und Bechern, hohe Stapel flacher Schalen. Die Schläger, die den Laden überfallen hatten, waren nicht bis hierher gekommen. Außerdem hatte es den Anschein, als sei der Kaufmann doch nicht ganz so arm, wie er einen wohl glauben machen wollte.

»Sieh her, Hauptmann«, sagte Turus und hob den Deckel einer schmalen Kiste hoch. Darin kauerte ein junges Mädchen, das erschrocken über die rechte Schulter blickte. Ihr Schleier hatte sich verschoben, und zwar so, daß man ihren Mund sehen konnte.

»Bedecke dich, unzüchtiges Mädchen!« schalt der Ladenbesitzer. Sofort zog sie den Schleier zurück. »Das ist meine Tochter«, sagte er. Sie war kaum älter als sechzehn oder siebzehn Jahre.

»Hältst du sie immer in der Kiste?« fragte der Hauptmann wütend. Sklavinnen werden natürlich in gut belüfteten Kisten gehalten, aber soweit wir wußten, war dieses Mädchen frei. Offensichtlich war die Kiste nicht verschlossen gewesen, außerdem trug sie Kleidung.

»Natürlich nicht«, erwiderte der Kaufmann ängstlich. »Aber als die Schläger in den Laden kamen, war sie gerade hinten, und ich befahl ihr, sich in der Kiste zu verstecken.«

»Schläger?« fragte der Offizier.

»Ja, Hauptmann.«

»Aber als die Gefahr vorbei war, hast du sie nicht wieder dort herausgeholt«, bemerkte der Offizier.

»Ich habe es vergessen.«

»Natürlich«, sagte der Offizier spöttisch.

Der Kaufmann schwieg.

»Du hast uns gefürchtet, deine Verteidiger, deine Nachbarn und Verbündeten.«

»Verzeih mir, Hauptmann«, sagte der Kaufmann, »aber da sind die ganzen Abgaben.«

Der Offizier blickte ihn finster an. »Und hast du deine Tochter deswegen vor der Obrigkeit versteckt?«

»Natürlich nicht, Hauptmann«, sagte der Kaufmann. »Ich bin ein gesetzestreuer Bürger. Sie ist registriert.«

Der Offizier schnaubte verächtlich.

»Oben ist nichts«, sagte Banius, der Wächter, der in den ersten Stock gestiegen war.

Das Mädchen machte keine Anstalten, aus der Kiste zu steigen. Ich wußte nicht, ob es daran lag, daß sie erwachsen genug war, um zu begreifen, daß man ihr es noch nicht ausdrücklich erlaubt hatte, oder ob es einen anderen Grund dafür gab.

»Tunis, Banius«, sagte der Hauptmann, »räumt vor dem Laden die Straße und schafft die Toten hinaus.«

Ich räusperte mich. »Hauptmann, darf ich vorschlagen, die Toten im Laden zu lassen, bis man sie wegbringen kann? Wenn sie auf der Straße zur Schau gestellt werden, könnte die Macht der Deltamänner zu sehr betont werden.«

»Ausgezeichnet«, sagte der Hauptmann. Er wandte sich an seine Männer. »Laßt sie dort liegen.«

Dann sah er den Kaufmann an. »Ich denke gerade über meinen Bericht nach«, begann er. »So wie es aussieht, haben ein paar anständige Leute aus Cos, verdiente Söldner, die im Dienste ihres Ubars standen, in aller Unschuld diesen Laden betreten, um Geschenke für ihre geliebten Angehörigen zu kaufen, wobei dann etwa zwanzig Angreifer auf hinterhältige Weise über sie herfielen.«

»Sie traten ein und gaben sich als Steuereintreiber aus«, sagte der Kaufmann trotzig, »um mich unter diesem Vorwand auszurauben. Unzufrieden wegen meines Unvermögens, ihre Börsen zu füllen, fingen sie an, alles zu zerstören, und dann kamen zwei Männer herein, die mir unbekannt und deren Züge hinter Halstüchern verborgen waren, und taten das, was du hier siehst.«

»Meine Version gefällt mir besser«, sagte der Hauptmann.

Der Kaufmann zuckte mit den Schultern. »Wie du willst.«

»Mir gefällt nicht, was sich hier abgespielt hat«, sagte der Hauptmann, »und ich finde dich nicht besonders hilfreich.«

»Ich werde auf jede mir mögliche Weise behilflich sein«, sagte der Kaufmann.

Der Hauptmann ging zur Wand des Hinterzimmers; plötzlich trat er voller Wut auf die gestapelten Waren ein, schleuderte Teller und Becher durch den Raum und zerbrach zahllose Artikel.

»Aufhören!« schrie der Kaufmann entsetzt.

Der Hauptmann fegte Krüge von einem Regalbrett.

Vergeblich rang der Kaufmann die Hände.

»Ich vermute«, sagte der Hauptmann, stieß einen Stapel Schalen um und zertrat einige, »daß du mit den Räubern zusammenarbeitest, daß dein Laden als Falle diente.«

»Nein!« rief der Kaufmann entsetzt. »Hätte ich mich denn selbst zu Grunde gerichtet? Aufhören! Ich bitte dich, hör auf!«

»Pfählen wäre noch zu gut für dich, du Verräter!«

»Nein«, jammerte der Kaufmann.

»Entspräche deine Geschichte der Wahrheit«, sagte der Offizier, stieß einen Stapel Suppenschalen um und dann einen Schrank, »warum wurden dann diese Waren nicht zerstört?« Er schleuderte einen Kylix gegen die Wand. In seiner zerstörerischen Wut, die vermutlich die verspätete Reaktion auf allerlei Enttäuschungen darstellte, trat er Becher durch den Raum und zerstampfte sogar Töpfe. Seine Knöchel und Beine waren blutverschmiert.

»Sie haben es nicht bis hierher geschafft«, sagte der Kaufmann, »aber du scheinst entschlossen, ihr Werk zu vollenden.«

»Hast du ein Seil oder Hämmer und Nägel?«

»Natürlich, Hauptmann.«

»Zieh sie aus!« befahl der Offizier Banius.

»Nein!« rief der Kaufmann. Sofort packten ihn Turus und ein anderer Wächter bei den Armen und hielten ihn fest.

Das Mädchen schrie entsetzt auf, als man ihr den Schleier und dann das Gewand vom Leib riß. Dann stieß man sie nackt und zitternd zurück in die Kiste.

»Nein!« schluchzte der Kaufmann und warf sich dem Offizier zu Füßen.