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»Tal«, sagte ich.

»Er ist nicht da«, sagte der Mann unfreundlich.

»Wer?«

»Wer auch immer.«

»Ist keiner zu Hause?«

»Genau.«

»Wir würden gern ein Zimmer mieten.«

»Nichts zu machen«, sagte der Mann. »Alle belegt.«

»Ich könnte die Treppe hinaufstürmen und ihn im Handumdrehen aufschlitzen wie einen Sack Nudeln«, schlug Marcus vor.

»Zu wem wollt ihr denn?« fragte der Mann, der offenbar über ein ausgezeichnetes Gehör verfügte, etwas freundlicher.

»Zu Renato dem Großen«, sagte ich.

»Der Schurke, der fette Urt, der Halunke?«

»Ja, das ist er.«

»Der ist nicht da.«

Vermutlich mochte der Kerl ihn und wollte ihn beschützen. Andererseits war es natürlich durchaus möglich, daß er von ihm noch nicht die Wochenmiete kassiert hatte.

»Laß dich von unseren Armbinden nicht täuschen«, sagte ich. »Wir kommen nicht in unserer Eigenschaft als Wachen.«

»Dann seid ihr bestimmt Geldverleiher«, sagte der Mann auf der Treppe, »oder betrogene Trottel, die schreckliche Rache verüben wollen.«

»Nein«, erwiderte ich. »Wir sind Freunde.«

Die Lichtquelle schien vor Gelächter zu erbeben.

Ich zog das Schwert und legte seine Spitze auf die schmale Ablage an der Wand, neben die kleine Lampe, die den Flur erhellte. Eine winzige Bewegung reichte aus, und ich hatte sie zu Boden geschleudert.

»He, sei vorsichtig!« knurrte der Bursche. Seine Sorge war nicht unberechtigt. Solche Unfälle, die für gewöhnlich in den Zimmern passieren, führen oft zur völligen Zerstörung eines insula. Viele Leute, die in diesen Gebäuden leben müssen, haben die Erfahrung gemacht, wie es ist, mitten in der Nacht in aller Eile aus ihrem insula zu fliehen. Außerdem können sich solche Brände schnell ausbreiten. Dabei sind schon ganze Häuserblöcke und sogar Bezirke niedergebrannt.

»Hol ihn«, sagte ich.

»Das ist nicht mein Haus«, erwiderte der Mann. »Es gehört Appanius!«

»Aha«, sagte ich.

»Kennst du ihn?« fragte Marcus.

Ich nickte. »Erinnerst du dich nicht mehr? Das ist der Besitzer Milos, des schönen Schauspielers, der den Lurius von Jad spielte. Darüber hinaus ist er ein Landwirt, ein Impresario und ein Sklavenhändler. Das erklärt auch sein Interesse an diesem Haus und seine Vorliebe für eine bestimmte Klientel.« Ich blickte zu der Laterne hinauf. »Es ist doch dieser Appanius, oder?«

»Ja«, sagte der Mann, »und darüber hinaus ist er ein mächtiger Mann.«

Ich senkte die Klinge. Ich wollte nichts tun, das Appanius mißverstehen konnte, wie zum Beispiel eines seiner Häuser niederzubrennen. Er war zweifellos ein großartiger Bursche, und es war durchaus möglich, daß es nötig sein würde, mit ihm ins Geschäft zu kommen. Ich schob das Schwert zurück in die Scheide.

Anscheinend flößte das dem Hausverwalter neuen Mut ein. »Appanius ist niemand, mit dem man sich versehentlich anlegen sollte!«

Marcus’ Klinge glitt ein Stück aus der Scheide. »Und was ist, wenn man sich absichtlich mit ihm anlegt?« fragte er. Marcus brachte den meisten Arern noch immer kein großes Wohlwollen entgegen und schien nicht bereit zu sein, bei dem Verwalter eine Ausnahme zu machen. Ich legte ihm die Hand auf den Unterarm und drückte das Schwert zurück in die Scheide. Dann zeigte ich auf einen Stab, der an einem Seil an der Wand hing.

»Das ist zweifellos ein Alarmstab, den man im Notfall schlägt. Wie bei einem Feuer.«

»Ja, und?« fragte der Verwalter mißtrauisch.

»Ich freue mich, ihn zu sehen«, fuhr ich fort. »Das erspart mir möglicherweise, das Haus niederzubrennen.«

»Warum wollt ihr denn zu Renato?« Der Verwalter klang nervös. Ich glaube, der Gedanke, auf dem Treppenabsatz zu stehen, falls die Mieter zu Hunderten von Panik erfüllt die Treppe hinunterstürmten, gefiel ihm nicht besonders.

»Das ist unsere Sache.«

»Ihr wollt ihn doch wohl nicht in Ketten abführen, oder?« fragte er. »Er schuldet mir zwei Wochenmieten.«

Bestimmt war Appanius’ Verwalter auf diese Weise schon mehr als eine Miete durch die Lappen gegangen.

»Nein.«

Plötzlich stieß er einen leisen Schrei aus. »Ha!«

»Was ist denn jetzt?«

»Es ist der gleiche Trick!«

»Was für ein Trick denn?«

»Letztes Jahr wurde der Schurke angeblich verhaftet und abgeführt, und dann stellte sich heraus, daß es Mitglieder seiner eigenen Theatertruppe waren. Auf diese Weise sind sie alle abgehauen, ohne die Miete zu zahlen!«

»Und trotzdem hast du ihn wieder hier aufgenommen?«

»Wer außer Appanius würde einem solchen Halunken schon Unterkunft gewähren?« fragte der Verwalter. »Aber er ließ ihn den doppelten Betrag und die ausstehenden Schulden zahlen!«

»Interessant«, sagte ich. »Aber wir sind wegen einer geschäftlichen Angelegenheit hier.«

»Wir könnten die Türen aufbrechen«, schlug Marcus vor. »Eine nach der anderen.«

»Hier gibt es mindestens hundert Zimmer«, sagte ich. »Wenn nicht sogar mehr.«

»Welchen Raum bewohnt er?« fragte Marcus. »Wir klopfen auch selbst an.«

Der Verwalter murmelte etwas Unverständliches. Schließlich sagte er: »Soll ich ihm sagen, daß zwei Wächter ihn sprechen wollen?«

»Nein, sag einfach ›zwei Freunde‹«, sagte ich.

»Ich bin nicht sein Freund«, protestierte Marcus.

»Also ein Freund«, rief ich.

»Ich verstehe«, sagte der Verwalter nachdenklich. »Es sind zwei Besucher für ihn da, die nicht möchten, daß er erfährt, daß sie Wächter sind; einer ist sein Freund, der andere nicht, beide sind bewaffnet und scheinen bereit, beim geringsten Anlaß ihre Schwerter zu ziehen.«

»Ich bin sicher, daß er zu Hause ist«, sagte ich. »Also komm nicht zurück und erzähl uns, er sei nicht da.«

»Soll ich mit ihm gehen?« fragte Marcus.

»Nein, nein!« rief der Verwalter schnell.

Marcus runzelte die Stirn. »Dir ist klar, daß der Bursche versuchen könnte, uns über das Dach zu entwischen, oder aus dem Fenster klettert und dabei zu Tode stürzt?«

»Oder sich in Luft auflöst?« fragte ich.

»Wer weiß«, knurrte Marcus leise. Offenbar war er noch immer ein Skeptiker, was diese Sache anging.

»Ich weiß, was wir tun«, sagte ich und wandte mich wieder an den Verwalter. »Sag ihm einfach, der schlechteste Schauspieler der Welt will mit ihm sprechen.«

»Hört sich aber seltsam an.«

»Das ist nicht so seltsam, wie du vielleicht glaubst«, erwiderte ich.

»Also gut« Er drehte sich um und stieg die Treppe hinauf, in Richtung der unangenehmsten, heißesten und gefährlichsten Etagen des insula. Wir sahen dem flackernden Licht der Laterne nach, die schließlich aus unserem Blickfeld verschwand.

»Zweifellos ergreift dein Freund in diesem Augenblick die Flucht«, sagte Marcus.

Ein Urt raste die Treppe hinunter, schoß die Wand entlang und verschwand in einer Mauerspalte.

»Vielleicht sollten wir draußen warten, um ihm den Fluchtweg abzuschneiden.«

»Draußen ist es dunkel«, erwiderte ich.

Im nächsten Augenblick hörten wir das Quietschen von Treppen, dann eilte ein dicker Mann mit wabbelndem Bauch, der sich offensichtlich an der Wand des .Treppenhauses entlangtastete, mit wehendem Gewand die Treppe hinunter.

»Er bewegt sich schnell«, sagte Marcus. »Kann er etwa im Dunkeln sehen?«

»Nein.«

»Vielleicht ist ja ein Teil von ihm ein Sleen.«

»Es gibt Leute, die sind der Meinung, daß es mehr als nur ein Teil ist«, erwiderte ich.

Marcus pfiff leise vor sich hin.

»Er kennt die Treppe eben«, sagte ich etwas gereizt. »Das würdest du auch, wenn du hier wohntest.«

Dann hatte der Dicke den Flur erreicht und schoß auf mich zu. Ohne zu zögern riß er mich an sich und umarmte mich.

Dann hielten wir einander freudig an den Oberarmen.

»Woher wußtest du, daß ich es bin?« fragte ich.

»Es konnte kein anderer sein!« rief er erfreut. Dann sah er Marcus. »Und wer ist das?«

»Mein Freund Marcus aus Ar-Station.«