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»Vielleicht ist er zu sehr in seine Tricks verliebt.« Ich konnte mir nur zu gut vorstellen, wie manche Goreaner in einer vergleichbaren Situation mit dem Messer auf ihn losgingen oder später mit dieser Absicht auf seiner Schwelle auftauchten, nachdem sie ihren Verlust entdeckt hatten.

»Vielleicht sollten wir ihn dazu ermutigen, bei seinem Angriff auf den Heimstein doch Magie einzusetzen«, meinte Marcus. »Ich möchte nicht, daß man ihn auf der Folterbank in Stücke reißt.«

»Er hat seine Entscheidung getroffen«, sagte ich. »Er würde nichts davon hören wollen.«

»Welch ein Mut!« rief Marcus bewundernd.

»Weißt du, wer er ist?« fragte ich erneut.

»Renato der Große«, antwortete Marcus mit einem Schulterzucken.

»Das ist nicht sein richtiger Name.«

»Wie heißt er dann?«

»Würde ich dir das’ verraten, wäre dir sofort alles klar«, sagte ich. »Du wärst erstaunt, daß ein solcher Mann sich dazu herabläßt, uns zu helfen. Ganz Gor kennt ihn. Er ist berühmt. Sein Ruhm ist in Tausenden von Städten und hundert Ländern verbreitet. Man kennt ihn von den dampfenden Dschungeln Schendis bis zu den Eisschollen des Nordens, von den Küsten des Thassa bis zu den trockenen Ödländern östlich der Thentisberge!«

»Wie lautet sein Name?« fragte Marcus begierig.

»Boots Tarskstück!«

»Wie?«

Ich seufzte. »Steck deinen Geldbeutel weg«, sagte ich.

»Wie du meinst.«

Ich überprüfte meinen Beutel ebenfalls noch einmal. Er hing dort, wo er hingehörte, und mit seinem Inhalt war alles in Ordnung.

18

Ich lag am Boden unserer Unterkunft im insula von Torbon im Metellanischen Bezirk auf einer Decke, auf den Ellbogen aufgestützt, und betrachtete die neue Sklavin.

»Ich hoffe, daß ich meinen Herrn erfreut habe«, sagte sie. Ihr Atem ging noch immer schnell.

»Du hast mich erfreut«, versicherte ich ihr.

»Dann freut sich die Sklavin auch«, flüsterte sie.

»Sie ist wirklich hübsch«, meinte Marcus.

Phoebe schnaubte höhnisch. Sie war gerade dabei, etwas zu nähen. »Ihre Haut schält sich immer noch.«

»Das ist doch schon viel besser.« Wir hatten eine Heilsalbe gekauft.

»Außerdem ist ihr Haar zu kurz«, sagte Phoebe.

»Das stimmt«, räumte ich ein. Die Sklavin senkte den Kopf.

»Aber sie ist ganz hübsch«, sagte Phoebe. »Für ein billiges Mädchen.«

»Danke, Herrin«, sagte die Sklavin.

»Was hast du gekostet?« fragte Phoebe.

»Nun hör aber auf!« sagte Marcus gereizt. Phoebe wußte ganz genau, was ich für das Mädchen bezahlt hatte. Als wir mit ihr angekommen waren, hatte sie keine Ruhe gegeben, bis sie zu ihrer großen Befriedigung erfuhr, wie gering die Summe gewesen war.

»Fünf Kupfertarsk, Herrin«, sagte die neue Sklavin. Ihr Name war Lavinia.

»Ich bin für einhundert Goldstücke verkauft worden«, sagte Phoebe.

»Das war unter besonderen Umständen«, sagte ich.

»Aber es ist bezahlt worden!« beharrte sie.

»Stimmt«, sagte ich.

Die eigentliche Bedeutung dieser Unterhaltung blieb Lavinia natürlich verborgen, da sie kaum etwas über den Wert von Frauen wußte. Aber ihr war immerhin klar, daß einhundert Goldstücke eine unglaubliche Summe darstellten.

»Die Herrin ist sehr hübsch«, sagte Lavinia.

Phoebe warf den Kopf zurück, strich sich das Haar glatt. Sie war hübsch. Ich war schon immer dieser Meinung gewesen.

»Ich wußte gar nicht, daß cosische Mädchen so hübsch sein können«, sagte Lavinia.

Phoebe warf mit einem wütenden Aufschrei Nadel und Faden beiseite und eilte zur Wand, um eine Peitsche zu ergreifen. Dann stürmte sie mit erhobener Peitsche auf Lavinia zu. Die neue Sklavin schrie entsetzt auf und senkte den Kopf. Aber der Schlag wurde verhindert. Marcus hatte Phoebes Handgelenk geschnappt. Sie schrie schmerzerfüllt auf und ließ die Peitsche fallen. Das hielt sie jedoch nicht davon ab, Lavinia entgegenzubrüllen: »Cos hat Ar besiegt! Soviel steht fest!«

»Du bist keine Cosianerin mehr«, sagte Marcus streng. »Genausowenig wie sie noch eine Arerin ist. Ihr seid beide jetzt Sklavinnen!«

Phoebe wehrte sich wütend gegen seinen Griff.

»Stimmt das nicht?« fragte er.

Sie sah mit blitzenden Augen zu ihm hoch. »Ja, Herr«, sagte sie dann.

Sie kämpfte noch immer gegen ihn an, aber da er sie fest im Griff hatte, war es kaum mehr als ein vergebliches Zappeln. Sie stieß einen leisen, wütenden Laut aus. Ihr hübscher Körper hätte genausogut mit Stahlbändern umwunden sein können. Die Näharbeit lag am Boden. Zuerst hatte Phoebe nichts vom Nähen verstanden, aber als sie zur Sklavin geworden war, hatte sie solche Fertigkeiten lernen müssen. Tatsächlich hatten wir ein Mädchen angeheuert, das ihr im Nähen Unterricht gab. Lavinia hatte ebenfalls keine Ahnung von solchen Dingen. Sie hatte in der kurzen Zeit ihrer Versklavung noch keine vernünftige Ausbildung erhalten.

Phoebe gab die Gegenwehr auf, und Marcus ließ sie los, trat einen Schritt zurück und betrachtete sie.

Sie stand wütend vor ihm, trotzig, mit geballten Fäusten.

»Ich schätze, man könnte dich für eine Cosianerin halten«, sagte er nachdenklich. »Da du einst aus Cos kamst.«

Sie fing an zu zittern.

»Also, zieh dich aus, Frau aus Cos, und leg dich auf den Bauch.«

»Ich komme nicht aus Cos«, sagte sie plötzlich. »Ich bin nur eine Sklavin, Herr!«

Er starrte sie an.

Mit fliegenden Fingern zog sie sich die Tunika über den Kopf und legte sich auf den Bauch.

Marcus sah auf sie hinunter.

Sie schluchzte unterdrückt.

Lavinia verhielt sich still. Anscheinend wagte sie kaum zu atmen.

»Vielleicht ist hier das falsche Mädchen das erste Mädchen«, sagte er nachdenklich. Natürlich hatte Phoebe unter den beiden Sklavinnen automatisch den höheren Rang eingenommen.

Phoebe schluchzte lauter.

»Darf ich sprechen, Herr?« flüsterte Lavinia.

Marcus sah sie überrascht an. »Ja.«

»Bitte, hab Mitleid mit ihr, Herr«, flüsterte sie.

»Du sprichst für sie?«

»Ja, Herr«, sagte sie. Phoebe blickte sie überrascht an. »Es ist doch nur – sie liebt dich doch so sehr.«

»Ich verstehe nicht«, sagte Marcus.

Phoebe schluchzte auf und drehte den Kopf weg.

»Sie will dir damit sagen, daß Phoebe eifersüchtig auf sie ist«, sagte ich.

Marcus ging neben seiner Sklavin in die Hocke.

»Ist das wahr?«

»Ja, Herr«, wisperte Phoebe mit geschlossenen Augen.

»Aber du bist doch meine Liebessklavin«, sagte er.

Sie schluchzte wieder, aber diesmal vor Freude. Er streckte die Hand nach ihr aus, und sie erschauderte unter seiner Berührung wie ein Vulo.

Er erhob sich wieder, nahm die Peitsche vom Boden auf und warf sie neben Phoebes Kopf.

»Du wirst dienen«, sagte er.

»Ja, Herr«, flüsterte sie.

Dann griff er nach ihrem Nacken, ließ sie seine Kraft spüren. Sie lag ganz ruhig da. Schließlich stieß sie leise Laute aus, als er anfing, sie meisterhaft zu liebkosen.

Ich hob die Näharbeit auf, die Phoebe zu Boden geworfen hatte. Es handelte sich um eine Tunika, die der einer Staatssklavin ähnelte, aber dem neuen Schnitt nachempfunden war. Bis noch vor kurzem war die Tunika einer Staatssklavin, also einer Sklavin, die dem Stadtstaat gehörte, kurz, ärmellos, grau und an den Seiten mit Schlitzen versehen gewesen. Der Kragen, den solche Sklavinnen tragen mußten, war ebenfalls grau, passend zur Tunika. Die Mode war natürlich Änderungen unterworfen, der Saum rutschte höher oder tiefer, das Material wurde mit Farben abgesetzt und so weiter. Vor kurzem hatte man die Kleidung der Staatssklavinnen stark verändert, wie nach der Niederlage Ars nicht anders zu erwarten gewesen war. Jetzt reichte der Kragen bis zum Hals, und der Saum bedeckte fast das Knie. Diese Änderungen waren Teil der gescheiterten Unterdrückungskampagne der Cosianer gewesen, der Versuch, die sexuelle Vitalität der Bürger Ars zu unterdrücken. Die Kleidung der Staatssklavinnen war allerdings noch immer ärmellos.