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»Wir haben das Geld ohne große Mühen in unseren Besitz gebracht«, erklärte ich. »Es ist nicht so, als hätte ein ganzes Dorf dafür ein Jahrhundert lang Suls aus dem Acker gehackt.«

»Das höre ich mit Erleichterung«, sagte Boots. »Das lag mir schwer auf der Seele.«

»In gewissem Sinn ist es geliehenes Verrätergeld, von den Verrätern von Ar.«

»Es ist also meine Pflicht, es zu nehmen?« fragte Boots.

»Auf jeden Fall dein Recht.«

»Vielleicht könnte ich mich ja überreden lassen, es anzunehmen«, meinte Boots. »Für die Künste.«

»Dann laß dich für die Künste überreden.«

»Einverstanden!« Er nickte.

»Ausgezeichnet«, sagte ich.

»Die Künste und ich danken dir.«

»Nichts zu danken, euch beiden.«

Wir schüttelten uns die Hände.

»Das kann ich über Nacht an den Spieltischen verdoppeln«, sagte er.

»Aber nicht bevor du den Heimstein in Port Cos abgeliefert hast«, erwiderte ich.

Er sah mich entsetzt an.

»Jawohl«, sagte ich streng.

»Also gut!«

Wir reichten uns erneut die Hände. Und schon einen Augenblick später war Boots davongeeilt.

»Der Heimstein muß Port Cos erreichen«, sagte Marcus.

»Du kannst dazu beitragen«, sagte ich. »Du wirst mit ihnen reisen, sowie ich einst, nämlich als Handlanger, und du wirst morgen abend aufbrechen.«

»Ich freue mich«, sagte Marcus, »daß es uns gelungen ist, ihn dazu zu überreden, das Geld anzunehmen.«

»Es war schwierig«, erwiderte ich. »Aber wir haben es geschafft.«

»Hauptsächlich haben wir es deiner Überredungskunst zu verdanken.«

»Nun hör aber auf«, wehrte ich ab. »Du warst auch sehr überzeugend.«

»Findest du?«

»Aber ja.«

»Einen Augenblick lang hatte ich Angst, er würde sich weigern, das Vermögen anzunehmen, das wir ihm aufdrängten.«

»Ja, für kurze Zeit stand es auf der Kippe.«

»Aber die Sache mit den Künsten«, sagte Marcus. »Das gab den Ausschlag.«

»Ja«, stimmte ich ihm zu. »Das ist sein Schwachpunkt.«

Marcus nickte versonnen. »Und jetzt?« fragte er.

»Ich muß mich darum kümmern, daß Appanius morgen früh eine Nachricht zugestellt bekommt.«

22

»Du weißt, was du zu tun hast?« fragte ich sie.

»Ja, Herr«, sagte Lavinia, die neben mir kniete. Sie zitterte leicht.

Ich sah auf sie hinunter. Sie war nun mit einem kurzen Umhang bekleidet, unter dem sich eine winzige, locker fallende, gürtellose Stofftunika befand, die nur von dem Verschluß an ihrer linken Schulter gehalten wurde. Der Umhang verdeckte ihren Kragen, der sie diesmal als meinen Besitz kennzeichnete. Der Verschluß an der linken Schulter war eine Entkleidungsschleife. Das war wichtig. Ich wollte, daß sie sich schnell ausziehen konnte.

»Der zeitliche Ablauf der Geschehnisse ist außerordentlich wichtig.«

»Ja, Herr«, flüsterte sie. »Ich werde mein Bestes tun.«

Ich hatte durch langes vorheriges Üben dafür gesorgt, daß sie sich sowohl des Umhangs als auch der Tunika flink entledigen konnte.

Marcus, der an der Wand saß und sein Schwert schärfte, blickte auf. »Es hat zur fünften Ahn geschlagen«, sagte er.

Ich nickte. Wir konnten die Alarmstäbe trotz der Entfernung von über einem Pasang hören.

Wir befanden uns in einer Wohnung im Metellanischen Bezirk. Ich hatte die Schlagläden geschlossen und sie von innen verriegelt, damit niemand von außen durch die Schlitze beobachten konnte, was hier vorging. In der Zimmermitte stand eine große, runde Liege, deren Durchmesser etwa zweieinhalb Meter betrug. Sie war gut gepolstert und mit Fellen bedeckt, sie war weich und einladend. An einer Stelle war seitlich ein Sklavenring eingelassen. Neben der Liege hatten wir einen kleinen Tisch aufgestellt, auf dem eine Ka raffe mit Wein, Gläser und eine kleine, geschmackvoll auf einem Tablett arrangierte Auswahl an Süßigkeiten stand. Eine kleine Tharlarionöllampe erhellte den Raum. Ich hatte die Vorrichtung im Nebenraum bereits getestet. Sie wurde durch einen einfachen Hebel ausgelöst, den Rest würden die Gewichte erledigen. Ich hatte auch noch ein paar andere Gegenstände mitgebracht, die sich möglicherweise als nützlich erweisen würden.

»Du hast den Sklaven darüber informiert, daß das Treffen vorverlegt wurde und er sich hier nun um halb sechs Ahn einfinden soll?« fragte ich Lavinia.

»Ja, Herr.«

»Er glaubt, dies sei die neue Zeit des Stelldicheins?«

»Ja, Herr.«

»Und soweit du weißt, hatte er keine Zeit, diese Information an seinen Herrn weiterzugeben?«

»Ich glaube nicht, Herr.«

»Dann wird er es vermutlich als seine Aufgabe ansehen, die freie Frau – wer auch immer sie ist – hier festzuhalten, bis Appanius und die Magistrate auftauchen.«

»Ich glaube schon, Herr.«

»Was, soweit es ihn betrifft, um halb sieben Ahn ist?«

»Ja, Herr.«

»Gut.« Ursprünglich hatte das Schäferstündchen zur siebten Ahn stattfinden sollen; das war die Zeit, die dem Sklaven Milo genannt worden war und die er an seinen Herrn weitergegeben haben dürfte. Darum würden sein Herr und vermutlich auch die beiden Magistrate, die als Zeugen fungieren sollten und in gewissen Angelegenheiten versierte Offizielle sein würden, mit Sicherheit früher eintreffen wollen, vermutlich so gegen halb sieben Ahn. Die freie Frau würde natürlich nicht genau zur siebten Ahn kommen. Sie würde es vermutlich vorziehen, ihren vermeintlichen Liebhaber warten zu lassen, damit er sich quälte und an ihrer Absicht zweifelte, überhaupt zu kommen.

»Aber ich habe Appanius noch eine Nachricht zukommen lassen, eine anonyme Nachricht, aufgrund der er handeln wird. Wenn mein Plan funktioniert, wird er nicht um halb sieben Ahn eintreffen, wie sein Sklave annimmt, sondern bereits kurz nach seinem Sklaven.«

»Ich glaube«, sagte Marcus, »wir sollten langsam daran denken, uns zurückzuziehen.«

»Du hast recht.«

Marcus legte den Schleifstein beiseite und polierte die Klinge mit dem Saum seiner Tunika.

»Rechnest du damit, davon Gebrauch zu machen?« fragte ich.

Er ließ das Schwert in die Scheide gleiten. »Ich weiß nicht.«

»Wird der Sklave den Haupteingang benutzen?« fragte ich Lavinia.

»Das kann ich nicht sagen.«

»Als du damals eintrafst, war er schon da, nicht wahr?«

»Ja.« Sie lächelte. »Aber ich ließ ihn warten.«

»Aber du bist durch diese Tür dort gegangen?«

»Ja. Das ist die Tür, durch die ich den Raum betrat. Appanius und die Magistrate hatten anscheinend einen Seiteneingang benutzt.«

»Das ist richtig«, sagte ich. »Er führt auf eine Gasse hinaus, die an der Straße endet.«

»So habe ich das Haus damals verlassen«, sagte Lavinia.

Ich nickte.

»Ich war völlig durcheinander, wußte nicht einmal, wo ich war«, fuhr sie fort. »Bis man mir die Haube abnahm und ich mich am Hals angekettet in der Zelle des Magistrats wiederfand.«

»Viel Glück!« wünschte ich ihr.

Marcus ging voraus. Wir würden durch die Hintertür gehen.

»Danke, Herr!« Wie großartig sie doch mit dem Eisenkragen um den Hals aussah.

Schon einen Augenblick später standen Marcus und ich draußen auf der Straße.

»Da!« sagte Marcus.

»Der Kerl mit der Kapuze, in dem Gewand?« fragte ich.

»Kein Zweifel, das ist unser Freund«, sagte Marcus.

»Bei dieser Größe, ja.« Die goldenen Sandalen boten ebenfalls einen deutlichen Hinweis, daß es derjenige war, auf den wir warteten.

»Er will in die Gasse einbiegen«, sagte Marcus. »Er wird den Seiteneingang benutzen.«

»Ich hoffe, daß Lavinia nicht allzu sehr enttäuscht sein wird.«

»Warum sollte sie?«

»Egal.«

»Er wird glauben, daß er mindestens eine Ahn Zeit mit ihr hat.«

»Selbst wenn er nicht im mindesten an ihr interessiert ist«, sagte ich, »weiß Lavinia, was sie zu tun hat.«