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»Verräter!«

Lavinias Haut war eine Vielfalt sich widersprechender Verfärbungen. Noch vor wenigen Augenblicken war sie vor Aufregung, Liebe und Hingabe gerötet gewesen, um dann durch das Ertapptwerden und die damit verbundene Scham knallrot zu werden, und zwar vom Kopf bis zu den Zehen, nur um dann in dem folgenden Aufruhr, als sie plötzlich begriff, daß sie eine ertappte und darum hilflose, verletzliche Sklavin war, die von einem Mann wie ihrem ehemaligen Besitzer Appanius in einer äußerst kompromittierenden Situation erwischt worden war, schlagartig totenbleich zu werden. Es war gar nicht so lange her, daß man sie, weil sie den Sklaven Milo aus Versehen berührt hatte, auf die Felder verbannt hatte. Und jetzt war sie nackt in seinen Armen entdeckt worden.

»Wie konntest du mir das nur antun?« jammerte Appanius.

Lavinias Brustwarzen standen noch immer hoch aufgerichtet. Sie sahen wirklich süß aus.

»Wie konntest du mir das nur antun?« winselte Appanius flehentlich.

Der Sklave Milo gab auf keine dieser Fragen eine Antwort.

Ich fand, daß Lavinia nackt in dem Netz einen aufregenden Anblick bot. Ich hatte ihr einmal gesagt, daß sie einen Felsen zum Schwitzen bringen konnte. Und das war die Wahrheit.

»Warum? Warum?« verlangte Appanius zu wissen.

Lavinia sah mehr als nur aufregend in den Maschen des Netzes aus. Ich hätte sie am liebsten dort herausgeholt und sie auf der Stelle genommen.

Marcus sagte: »Das ist doch wohl nicht so schwer zu verstehen. Sie ist sehr hübsch.«

Ich hielt das nicht unbedingt für eine kluge Bemerkung, aber wer war ich schon, daß ich mich hier zum Richter aufschwang?

»Herr, nein!« rief Milo.

Mit einem Wutschrei schwang Appanius den Stab mit beiden Händen in die Höhe und schlug damit auf seinen Sklaven ein. Er traf den Rücken und die Schultern.

Lavinia fing an zu schluchzen, und es sah so aus, als würde sie unter dem Netz versuchen, ihren Körper zwischen den herabsausenden Stab und Milo zu schieben, aber er stieß sie gewaltsam beiseite und beugte sich über sie. Das fand ich interessant. Er steckte sieben oder acht harte Schläge ein, die dunkle Male auf seinem Körper hinterließen. Das waren die einzigen Male, die auf seinem Körper zu sehen waren. Er war offensichtlich ein verwöhnter Sklave. Appanius schien zu begreifen, daß er das Mädchen beschützte, und das fachte seine Wut erneut an; er trat näher heran, um sie zu treffen, aber Milo drehte sich unter dem Netz herum und deckte sie weiter ab. Als Appanius daraufhin wieder einen Wutschrei ausstieß und versuchte, um die Liege herumzugehen, damit er an das Mädchen herankam, verwickelte sich Milo in den Maschen, und er konnte sie nicht länger beschützen.

»Es ist mein Fehler!« rief er. »Ich bin schuld! Schlag sie nicht!«

Wutentbrannt stieß Appanius mit dem Stab auf das Mädchen ein, und sie schrie schmerzerfüllt auf. »Nein!« rief Milo und schluchzte auf. »Tu ihr nicht weh!« Appanius riß den Stab zurück, um erneut auf Lavinia einzustechen, aber es gelang mir, ihn in meine Hände zu bekommen, und ich hielt ihn fest. Appanius schaffte es nicht, ihn mir zu entreißen. Er schluchzte voller Wut und Enttäuschung. Seine Gefolgsleute benutzten ihre Stäbe weder dazu, die beiden Sklaven zu bestrafen, noch kamen sie ihrem Dienstherrn zu Hilfe. Ich glaube, sie spürten, daß Marcus durchaus in der Stimmung war, Blut zu vergießen. Zwar konnten sie es nicht wissen, aber er hatte schließlich vor, die Stadt am Abend zu verlassen.

»Siehst du«, sagte ich zu Appanius. »Ich hatte recht.«

»Sie hat ihn verführt!« kreischte Appanius.

»Unfug«, erwiderte ich, obwohl ein aufmerksamer Beobachter vermutlich zugegeben hätte, daß Appanius’ Behauptung nicht ganz aus der Luft gegriffen war.

»Appanius!« sagte der Sklave.

»Wage es nicht, mich mit meinem Namen anzusprechen, Sklave«, weinte Appanius.

»Verzeih mir, Herr!«

Ich ließ den Stab los, da Milo es gewagt hatte, seinen Herrn mit seinem Namen anzusprechen. Er mochte sich ja in der Vergangenheit daran gewöhnt haben, dies zu tun, aber das war keine Entschuldigung, eine solche Unverschämtheit in der Zukunft durchgehen zu lassen. Es war Zeit, daß er lernte, sich seinem Stand entsprechend zu verhalten.

Sein Herr versetzte ihm fünf Schläge, und Tränen quollen zwischen den zusammengepreßten Lidern des bestraften Sklaven hervor.

Bemerkenswerterweise weinte Appanius auch. Dann hob er den Stab und wollte auf Lavinia einschlagen.

Ich griff erneut zu. »Nein! Ihre Züchtigung ist meine Sache!«

»Ich hätte sie in der Nacht, in der ich sie in meinen Besitz nahm, aus der Stadt schicken sollen«, stieß er hervor. »Nachdem ich ihr Nase und Ohren abschneiden ließ.«

Lavinia erschauderte in Milos Armen.

»Sie gehört nicht dir«, sagte ich. »Sie gehört mir!«

»Verführerin!« brüllte er.

Sie machte sich in dem Netz so klein, wie es nur

ging »Hättest du eben zugehört, wäre dir nicht entgangen, daß dein Sklave die Schuld auf sich genommen hat. Es ist offensichtlich, daß er meiner kleinen Lavinia den Kopf verdreht hat.«

»Sieh sie dir doch an!« brüllte Appanius. »Das kleine kurvenreiche Ding, nackt, mit ihrem Kragen! Glaubst du allen Ernstes, daß sie an der Sache keine Schuld trifft?«

»Vielleicht ist sie ja nicht ganz unschuldig.«

»Und dort«, fuhr Appanius fort. »Sieh den Wein, die Süßigkeiten! Zweifelst du daran, daß das alles geplant war?«

»Das ist eine interessante Frage«, erwiderte ich.

»Schlampe!« knurrte Appanius.

»Ja, Herr!« sagte sie.

»Diese Dinge, oder das Geld, mit dem sie bezahlt wurden, stammen sie aus den Mitteln deines Herrn?« fragte er.

»Ja, Herr«, flüsterte Lavinia.

»Siehst du!«

Ich nickte.

»Zweifelst du immer noch an ihrer Schuld?«

»Nein.«

Da sagte Milo: »Ich allein bin es, der die Schuld trägt!«

»Er hat ohne Erlaubnis gesprochen«, sagte ich. »Und angesichts deiner Erkenntnisse hat er gelogen.«

Appanius versetzte seinem Sklaven zwei Schläge für das unerlaubte Sprechen und zwei weitere für die Lüge. Er stöhnte auf.

»Holt ihn aus dem Netz und legt ihn in Ketten«, befahl Appanius wütend.

Einen Augenblick später lag Milo bäuchlings mit zusammengeketteten Händen und Füßen auf den Fellen. Sie legten ihm auch einen schweren Eisenkragen samt Leine um den Hals. Dann wurde er von der Liege gezerrt und zu Füßen seines Herrn gestoßen. Lavinia kniete noch immer unter dem Netz auf der einen Seite der Liege. Ich befreite sie davon. Sie kniete ängstlich und mit weit aufgerissenen Augen neben mir nieder.

»Herr?« fragte sie und sah zu mir hoch.

»Sei still!«

»Mein Milo, mein Milo!« schluchzte Appanius und blickte auf den verprügelten Sklaven hinunter. »Der schönste Sklave von ganz Ar! Mein geliebter Sklave! Mein geliebter Milo!«

»Er hat dich verraten!« sagte Lucian.

»Wie konntest du das nur tun?« wollte Appanius wissen. »Bin ich nicht immer gut zu dir gewesen? Hat es dir an etwas gemangelt? Habe ich dir nicht immer alles gegeben?«

Milo hielt den Kopf gesenkt. Vermutlich war ihm übel, kein Wunder bei den Prügeln. Sein Rücken und seine Schultern waren mit Striemen übersät.

»Er ist ein undankbarer Sklave«, sagte Lucian, und plötzlich redeten alle vier Gefolgsmänner durcheinander.

»Schick ihn auf die Felder.«

»Verkauf ihn.«

»Er soll als Exempel für die anderen dienen.«

»Wir finden dir einen besseren, Appanius.«

»Einen noch schöneren.«

»Und einen mit dem richtigen Charakter.«

»Und wenn du willst, kann auch er als Schauspieler und Künstler ausgebildet werden.«

Marcus blickte mich überrascht an. Er begriff nicht, was da eigentlich gesagt wurde. Ich schenkte ihm keine Beachtung.

»Was soll ich mit ihm machen?« fragte Appanius.

»Deine Sklaven müssen lernen, daß sie deine Sklaven sind«, sagte Lucian.