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Milo keuchte unwillkürlich auf, als er sah, wie schön sie war und wie sie gehorchte. Vielleicht überkam ihn in diesem Augenblick so etwas wie eine Ahnung, wie es sein mußte, eine Sklavin zu besitzen.

»Du wagst es, eine Sklavin anzusehen?« fragte ich scharf.

»Vergib mir, Herr«, antwortete er und senkte den Kopf. Es hatte ihn sicher Überwindung gekostet, den Blick von einer solchen Schönheit zu nehmen.

»Und wie wäre es mit zehntausend Goldstücken?« fragte Lucian.

»Habt ihr denn soviel?«

»Wir könnten sie auftreiben, dazu müßten wir nur eine Gesellschaft gründen.«

»Ich glaube nicht, daß ihr im heutigen Ar soviel Geld auftreiben könntet«, sagte ich. »Vielleicht vor ein oder zwei Jahren, aber nicht heute.«

»Wir denken daran, uns an Männer in anderen Städten zu wenden«, sagte er. »Männer in Tyros und Cos.«

»Mit soviel Geld könnte Cos ein Jahr lang seine Söldner bezahlen.«

Er zuckte mit den Schultern. »Schon möglich. Davon verstehe ich nichts.«

»Ist das also dein Preis?« fragte sein Freund begierig.

»Er ist nicht zu verkaufen.«

»Ich verstehe«, sagte Lucian.

»Du wirst nirgendwo mehr bekommen«, sagte sein Freund.

»Das erwarte ich auch nicht.«

»Appanius würde ihn auch nicht verkaufen«, meinte Lucian.

»Aber er hat es getan«, erinnerte ich ihn. »Für ein Tarskstück.«

Die beiden Männer drehten sich um und verließen wütend die Wohnung. Ich wandte mich an Marcus. »Was glaubst du, wie spät es ist?«

»Die sechste Ahn ist sicherlich schon verstrichen.«

Die fünfte Ahn schlägt am Vormittag, markiert also die Mitte zwischen der goreanischen Mitternacht und dem Mittag, während die fünfzehnte Ahn am Abend geschlagen wird und die Mitte zwischen Mittag und Mitternacht markiert. Der goreanische Tag hat zwanzig Ahn; so wird in den großen Städten die Zeit gemessen. In ihnen haben die Ahn dieselbe Länge; es gibt aber auch Städte, in denen sich die Länge der Ahn nach der Jahreszeit richtet. Dort hat der Tag wie auch die Nacht zehn Ahn, und da die Tage im Sommer länger und im Winter kürzer sind, gilt das dementsprechend auch für die Ahn. In einer Sommernacht sind die Ahn folglich kürzer, und in einer Winternacht eben länger. Natürlich ist der Tag als Ganzes gesehen dort genauso lang wie in einer der großen Städte.

Ich blickte auf den Sklaven hinunter.

»Du siehst nicht gut aus«, stellte ich fest.

»Mir ist schlecht, Herr.«

Er hatte ein paar harte Schläge einstecken müssen, soviel stand fest.

»Sag mir, glaubst du, daß das, was sich hier heute morgen abgespielt hat, unerklärlich ist?«

»Herr?«

»Daß alles ein Zufall war?« fragte ich.

»Ich verstehe nicht, Herr.«

»Das war es nicht«, informierte ich ihn. »Es war mein Plan, daß ich dich jetzt besitze.«

Er sah mich überrascht an.

»Du wurdest verführt«, fuhr ich fort. »Du wurdest in eine kompromittierende Lage gebracht, in eine Situation, die dich letztlich zu meinem Sklaven machen sollte.«

Milo schluchzte leise.

»Die Sklavin handelte natürlich auf meinen Befehl.«

Er warf Lavinia einen Blick zu.

»Hast du die Erlaubnis erhalten, sie anzusehen?«

Schnell sah er zur Seite.

»Du darfst sie ansehen«, ließ ich ihn wissen. Sofort starrte er sie entsetzt an.

»Darf ich sprechen?« bat er.

»Ja.«

»Liegt dir etwas an mir?« fragte er Lavinia.

Ich schüttelte den Kopf. »Sie hat keine Sprecherlaubnis erhalten.«

Lavinia sah mich flehend an, ihre Unterlippe bebte. Ich würde ihr die Erlaubnis später geben.

»Sie ist hübsch, nicht wahr?« fragte ich.

»Ja, Herr«, sagte Milo niedergeschlagen.

»Sie ist eine Verführungssklavin.«

Lavinia schluchzte auf und schüttelte den Kopf. Eine Träne lief ihr die Wange hinunter.

»Das sollte dich nicht stören«, sagte ich zu Milo. »Falls ich mich nicht irre, hast du selbst oft genug die Rolle eines Verführungssklaven gespielt. Sicherlich ist es nur gerecht, daß sich das Blatt nun einmal gewendet hat, daß du es jetzt bist, der sich sozusagen im Netz wiederfindet.«

Er konnte den Blick nicht von Lavinia wenden. »Sie hat auf Befehl gehandelt?« flüsterte er.

»Natürlich.«

Er stöhnte auf.

»Und ist das nicht ein herrlicher Witz?« fragte ich. »Denn warst nicht du es, der als Verführungssklave überhaupt erst dafür gesorgt hat, daß ihr kleiner hübscher Hals jetzt von einem Kragen geschmückt wird? Ist es da nicht gerecht, daß ich sie als Sklavin dazu benutzte, dich zu erwerben?«

»Ja, Herr«, sagte er tonlos.

»Zweifellos findet sie ihren Triumph großartig und amüsant.«

»Bitte, Herr, darf ich sprechen«, bettelte Lavinia.

»Nein.«

Sie schluchzte.

»Du hast gute Arbeit geleistet, meine hübsche kleine Verführerin.«

»Bitte, Herr!« bettelte sie.

»Nein!«

»Ich hatte gehofft, daß dir etwas an mir liegt«, sagte da Milo.

Sie warf gequält den Kopf zurück.

»Ich hatte gehofft, daß dir etwas an mir liegt«, wiederholte er. »Ich habe dich nie vergessen können.«

Lavinia warf ihm einen fassungslosen Blick zu.

»Sie war so zärtlich, schien so hilflos zu sein«, sagte er.

»Jemand wie du, der Bühnenerfahrung hat, muß doch so etwas verstehen können.«

»Sie war leidenschaftlich«, beharrte er.

»Hoffentlich«, erwiderte ich. »Sie ist eine Sklavin, als solche ist sie dazu ausgebildet worden, leidenschaftlich zu sein.«

Lavinia weinte leise vor sich hin.

Milo ließ den Kopf hängen. »Ich mache dir keinen Vorwurf«, sagte er. »Du mußt tun, was dir dein Herr befiehlt.«

Ich mußte ein Lächeln unterdrücken. »Ihr seid jetzt beide mein Eigentum«, sagte ich dann.

Sie starrten mich an.

»Und ich erwarte, daß er sich gut auf deine Disziplin auswirkt«, sagte ich zu Lavinia. »Solltest du nicht zufriedenstellend sein, überlasse ich dich vielleicht ihm.«

»Ja, Herr!« sagte sie. »Leg mich in Ketten und überlasse mich ihm. Er soll mit mir machen, was er will!«

Bei dem Gedanken, wieviel Macht er unvermutet über diese Schönheit hatte, stöhnte Milo auf.

»Andererseits weiß ich noch nicht, ob ich es erlauben sollte, daß meine Sklaven etwas miteinander haben.«

Milo konnte sich an Lavinia nicht satt sehen.

»Wende den Blick von ihr ab«, befahl ich.

Zögernd gehorchte er. Dann sah er zu mir hoch. »Ich bin Schauspieler«, sagte er. »Mein Herr scheint nicht vom Theater zu kommen.«

»Nein, das ist richtig.«

»Ich verstehe nicht, warum mein Herr dann diese Dinge getan hat«, sagte er. »Warum er mich in seinen Besitz gebracht hat. Welchen möglichen Nutzen habe ich denn für meinen Herrn?«

»Vielleicht will ich dich ja in die Steinbrüche weiterverkaufen, oder auf eine Galeere.«

»Ich glaube nicht, daß mein Herr mich dafür erworben hat.«

»Du hältst dich also für wertvoll?«

»Auf jeden Fall ist das die Meinung meines Herrn«, erwiderte er. »Ich habe mit eigenen Ohren gehört, wie mein Herr sagte, daß es in Ar freie Frauen gibt, die tausend Goldstücke für mich zahlen würden.«

»Und es gibt Männer, die sogar bereit wären, eintausendfünfhundert zu zahlen«, sagte ich.

»Ja, Herr«, erwiderte er, senkte den Kopf und ballte die Fäuste. Dann blickte er wieder auf. »Aber mein Herr hat mich nicht verkauft.«

»Nein.«

»Aber sicherlich bin ich doch gekauft worden, um zu einem höheren Preis weiterverkauft zu werden.«

»Zerbrich dir darüber nicht den Kopf«, sagte ich. »Neugier steht einem Sklaven nicht zu.«

»Ja, Herr.«

Ich warf Lavinia einen Blick zu. »Richte deinen Kragen«, sagte ich.

Sofort griff sie peinlich verlegen nach dem Eisenreifen um ihren Hals. Dann sah sie mich verwirrt an. Er saß fast perfekt. Sie kniete mit geradem Rücken, zurückgenommenen Schultern und erhobenem Kinn, und fast schüchtern nahm sie den Kragen mit beiden Händen und schob ihn mit zierlichen Bewegungen zurecht, bis das Schloß genau auf der Mitte ihres Nackens ruhte. Dabei hoben sich ihre Brüste auf eine aufregende Weise. »Siehst du sie an?« fragte ich Milo.