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Die neue Sklavin, die dunkelhaarige Schönheit, die noch vor kurzem die Ubara von Ar gewesen war, lag noch immer bewußtlos dort am Boden, wo ich sie hingelegt hatte. Das Band um ihren Hals war mit einer Kette an einem Sklavenring befestigt. Neben ihr lag griffbereit ein Knebel.

»Ich verstehe nicht«, sagte Milo.

»Es ist Silber. Vielleicht kannst du es ja verkaufen.«

»Das meine ich nicht.«

»Und diese Dokumente gehören dir«, fuhr ich fort. »Sie sind alle in Ordnung. Ich habe sie von Tolnar und Venlisius ausstellen lassen, bevor sie gingen.«

»Dokumente, Herr?«

»Kannst du lesen?«

»Ja, Herr.«

»Nenn mich nicht Herr«, sagte ich.

Er blickte mich verständnislos an.

»Das sind Freilassungspapiere«, sagte ich. »Ich bin nicht länger dein Besitzer. Du hast keinen Herrn mehr.«

»Freilassungspapiere?«

»Du bist frei!«

Lavinia, die in der Nähe am Boden kniete, keuchte überrascht auf und starrte Milo an.

»Ich bin in meinem ganzen Leben noch kein freier Mann gewesen«, sagte er ungläubig.

»Jetzt bist du es. Du wirst das Beste daraus machen müssen.«

»Mein Herr beliebt zu scherzen. Will er mich nicht behalten?«

»Ich habe nicht mal ein Theater«, sagte ich. »Was soll

ich mit einem Schauspieler anfangen?«

»Du könntest mich verkaufen.«

»Du bist keine Frau.«

Er konnte es nicht fassen.

»Aber du trägst einen beträchtlichen Verlust davon«, stammelte er.

»Ein Tarskstück, um genau zu sein.«

Milo lächelte.

»Dafür kann man sich in einer Paga-Taverne den ganzen Abend lang ein Mädchen mieten.«

Er schüttelte den Kopf. »Ich bin also frei?«

Ich nickte und gab ihm die Dokumente; er betrachtete sie und schob sie in seine Tunika.

»Ich bin als Sklave geboren worden, ich weiß gar nicht, wie ich mich als freier Mann zu verhalten habe.«

»Das werden dir schon deine Instinkte sagen«, meinte ich. »Das Leben wird deine Erziehung übernehmen.«

»Ich bin ein Mann«, sagte er.

»Das ist richtig.«

»Würdest du meine Hand schütteln?«

»Ich ergreife sie in Freundschaft«, sagte ich, »und in Freundschaft lege ich meine andere Hand auf deine Schulter. Du kannst das gleiche tun, wenn du magst.«

Und wir legten einander die Hände auf die Schultern; ich streckte ihm die Rechte hin, und er ergriff sie. »Du bist ein Mann«, sagte ich. »Hab keine Angst davor, dich wie einer zu benehmen.«

»Ich bin dankbar … Bürger«, sagte Milo.

»Keine Ursache«, entgegnete ich. »Bürger.«

Marcus räusperte sich. »Ich glaube, es wäre besser, wenn er jetzt geht. Appanius könnte sein Handeln bereuen und mit ein paar Männern zurückkommen.«

Lavinia sah Milo gequält an.

»Mir hat dein ›Lurius von Jad‹ gefallen«, sagte ich.

Milo grinste. »Danke.«

»Mir nicht«, sagte Marcus.

»Marcus ist voreingenommen«, erklärte ich.

»Aber er hat recht«, erwiderte Milo. »Das waren schwache Leistungen.«

Ich starrte ihn an.

»Da hörst du’s«, sagte Marcus, ohne eine Miene zu verziehen.

»Mir haben sie gefallen«, verteidigte ich mich.

»Ich bin kein richtiger Schauspieler«, sagte Milo.

»Nein?«

»Nein«, sagte Milo entschieden. »Ein Schauspieler sollte schauspielern können. Ich habe immer nur mich selbst gespielt, unter anderen Namen. Das ist alles.«

»Aber das ist doch eine Art von Schauspielerei«, sagte ich.

Er zuckte mit den Schultern. »Vielleicht hast du ja recht.«

»Natürlich habe ich recht.«

»Du bist ein wunderbarer Schauspieler, Herr!« rief Lavinia aus. Dann senkte sie schnell den Kopf, aus Angst, bestraft zu werden.

»Du hast mich Herr genannt«, sagte er zu ihr.

Sie sah schüchtern auf.

»So gehört es sich«, sagte ich. »Sie ist eine Sklavin. Du bist ein freier Mann.« Sie hatte ohne Erlaubnis gesprochen, aber unter diesen Umständen entschied ich, es für diesmal zu übergehen.

»Verzeih mir, Herr«, flüsterte sie.

»Du darfst sprechen«, sagte ich.

»Es ist nur«, sagte sie, »ich finde, daß der große und schöne Milo ein großartiger Schauspieler ist. Und es sind nicht seine Rollen, die wir lieben, sondern allein ihn!«

»Da, siehst du?« sagte ich zu Marcus.

»Lieben?« fragte Milo die kniende Sklavin.

»Das ist natürlich nur die Meinung einer Sklavin«, sagte sie und senkte den Blick.

»Milo sollte gehen«, wiederholte Marcus.

Lavinia fing an zu weinen, ihr Körper wurde von Schluchzern geschüttelt, aber sie wagte es nicht, die Gehorsamstellung zu ändern.

»Ich glaube«, sagte Milo nachdenklich, »ich würde es vorziehen, dein Sklave zu bleiben.«

»Warum?«

»Dann hätte ich Gelegenheit, diese Frau hin und wieder betrachten zu können.«

»Interessiert sie dich?« fragte ich.

»Natürlich!« sagte Milo überrascht.

»Dann gehört sie dir.«

»Mir!« rief er aus.

»Aber sicher«, sagte ich. »Sie ist eine Sklavin. Ich schenke sie dir. Hier ist der Schlüssel für ihren Kragen.« Ich gab ihn Milo. »Du darfst die Stellung wechseln«, verkündete ich der Sklavin.

Lavinia warf sich vor mir auf den Bauch. »Danke, Herr! Danke!« rief sie.

»Dein neuer Herr steht da!« sagte ich und zeigte auf Milo.

Ohne zu zögern ging sie vor Milo auf die Knie und nahm die Gehorsamstellung ein. »Ich liebe dich, Herr!« schluchzte sie. »Ich liebe dich! Ich bin dein! Ich lebe, um dich zu lieben und dir zu dienen!«

Milo war sprachlos.

»Du solltest Ar verlassen«, riet ich ihm.

Er riß sich mühsam von Lavinia los. »Zweifellos«, sagte er.

»Dafür brauchst du Geld.«

Milo lächelte. »Aber ich habe kein Geld.«

»Hier sind zehn Goldstücke.« Ich zählte sie in Milos Hand. Er sah ungläubig zu. Ich hatte Tolnar und Venlisius jeweils fünfzehn Goldstücke gegeben. Sie hatten die Gesetze von Ar aufrechterhalten und dabei ihre Ehre bewahrt. Darüber hinaus würden sie die Dokumente bei verschiedenen Stellen einreichen und dafür sorgen, daß Kuriere diversen offiziellen und inoffiziellen Stellen in anderen Städten beglaubigte Kopien überbrachten. So würde es beispielsweise Seremides unmöglich sein, sie alle in seinen Besitz zu bringen. Die beiden Magistrate hatten es für eine gute Idee gehalten, mit ihren Familien Ar zu verlassen. Fünfzehn Goldstücke stellten ein Vermögen dar. Es würde sie in die Lage versetzen, mühelos umzuziehen und sich an einem Ort ihrer Wahl eine neue Existenz aufzubauen. Von den einhundert Goldstücken besaß ich jetzt nur noch fünf, aber selbst das war in vielen goreanischen Städten noch eine beträchtliche Summe.

Milo sagte: »Erlaube mir, dir ein Goldstück zurückzugeben.«

»Wozu?«

»Du hast für mich ein Tarskstück bezahlt«, sagte er mit einem Lächeln. »Ich möchte nicht, daß du bei dieser Sache einen Verlust machst.«

»Er lernt schnell, was Ehre und Großzügigkeit bedeutet«, sagte ich zu Lavinia.

Sie senkte den Blick. »Er ist mein Herr«, sagte sie freudig.

Ich zeigte Marcus die Münze. »Siehst du, ich habe einen beträchtlichen Profit gemacht.«

»Du solltest Kaufmann werden«, versicherte er mir.

Die neue Sklavin, die auf der Seite lag, gab ein leises Stöhnen von sich.

Ich steckte das Goldstück in meinen Geldbeutel.

»Du solltest gehen«, sagte Marcus zu Milo.

»Einen Augenblick noch.« Ich betrachtete die neue Sklavin, der ich den Namen Talena gegeben hatte, ein Sklavenname, der auch in die Dokumente eingetragen worden und nun rechtsgültig war. Sie bewegte sich. Ich sah, wie sich ihre auf den Rücken gefesselten Hände gegen die Handschellen stemmten.

Ich ging zu dem Tisch neben der Liege und nahm die Karaffe. Dann schüttete ich ihr den Wein über Gesicht und Körper. Sie zuckte unter der kalten Flüssigkeit zusammen, wachte auf und entdeckte, daß sie in Ketten lag.

»Wer wagt es!« rief sie.

Ich gab Marcus die Karaffe, der sie wieder auf den Tisch stellte.