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Dann war das Band wieder zu Ende, und der Bildschirm wurde dunkel.

„So, und wozu war das nun gut?" raunzte die Witwe. „Wir sind genauso klug wie zuvor."

„Nein, eben nicht!" sagte David, der die ganze Zeit mit konzentriertem Gesicht dagesessen hatte. „Ich hab' s! Wir sind einer falschen Spur gefolgt!"

„Na, das wissen wir schon", sagte der Anwalt.

David erhob sich aufgeregt. „Er hat uns in die falsche Richtung gelenkt. Er wollte, daß wir denken sollen, aha, Oper, Barbier von Sevilla, und nach Spanien reisen. Aber der tatsächliche Hinweis ist dieser Ausdruck scharfe Rasur, versteht ihr? Wo bekommt man eine scharfe Rasur? Bei seinem Friseur, Barbier!

Wir müssen Samuel Stones Friseur suchen!" „Großartig!" rief der Rechtsanwalt und fragte die Witwe: „Wer war der Friseur Ihres Mannes?"

„Das weiß ich nicht", sagte die Witwe kopfschüttelnd.

„Na, aber irgend jemand muß es doch wissen!" Sie riefen den Butler herein.

„Wissen Sie, wo sich Mr. Stone die Haare schneiden ließ?" „Nein. Dorthin fuhr er immer allein. Und den Namen seines Barbiers hat er niemals erwähnt." Alle sahen sie sich frustriert an.

„Nun ja", meinte der Neffe, „darüber sollten wir uns vielleicht keine grauen Haare wachsen lassen. Das herauszufinden, dürfte wohl nicht allzuschwer sein. Ich will mal im Telefonbuch nachsehen."

„Da kommen wir mit", sagte die Witwe sogleich, weil sie natürlich nicht wollte, daß der Neffe irgendeinen Vorsprung gewann. Und so sahen sie alle zu, wie der Neffe das Telefonbuch an der Seite aufschlug, wo alle Friseurläden aufgeführt waren. Aber es waren volle drei Seiten, Hunderte von Namen.

„O Gott", sagte der Anwalt, „da finden wir den Richtigen nie." „Wir teilen sie uns auf", schlug David vor, „in vier Teile. Und jeder sucht seine Liste durch." „Gute Idee!"

Und jeder ging in ein separates Zimmer, wo Telefone standen.

„Moment noch, David!" rief die Witwe. „Wir brauchen noch eine Abmachung. Wer den Friseurladen findet, teilt den Schatz mit allen anderen, ja? Einverstanden?"

„Absolut", sagte der Neffe.

„Selbstverständlich", sagte der Anwalt.

„Ist mir recht", erklärte David.

„Und mir auch", fügte die Witwe hinzu.

Aber außer David logen sie wieder einmal alle. Denn jeder wollte den Schatz in Wirklichkeit nur für sich allein.

Sie begannen zu telefonieren, jeder in einem eigenen Raum. „Acme Friseursalon."

„Entschuldigung, war Samuel Stone Kunde bei Ihnen?" „Nein."

„Friseursalon Metropolitan."

„Verzeihung, aber hatten Sie vielleicht einen Kunden namens Samuel Stone?" „Bedaure, nein." „Salon Diamond."

„War ein gewisser Samuel Stone Ihr Kunde?"

Und so zu, die ganzen Adressen durch. Sie fragten in sämtlichen Friseursalons der Stadt nach. Aber ständig. war die Antwort die gleiche: Nein!

Bis dann ...

Der Neffe war bei seinem dreißigsten Telefonat und schon ganz mutlos.

„Friseursalon West Side"

„Sie hatten wohl auch nie einen Kunden namens Samuel Stone, wie?"

„Aber selbstverständlich doch! Der arme Mr. Stone! Wir kannten ihn alle gut."

Dem Neffen hüpfte vor Freude das Herz im Leibe. Er hatte ihn gefunden! „Vielen Dank auch!" sagte er. Er notierte sich die Adresse und steckte den Zettel in die Tasche. Er hatte keinerlei Absicht, die gute Nachricht mit den anderen zu teilen. Statt dessen schlich er sich heimlich zur Hintertür hinaus und zu seinem Auto.

Die Witwe sah, während sie unablässig telefonierte, zufällig zum Fenster hinaus und erblickte den Neffen, wie er gerade in sein Auto stieg. Holla! dachte sie und wußte sofort, was das zu bedeuten hatte. Der Neffe hatte den richtigen Barbier gefunden!

Sie eilte hinaus zu ihrem eigenen Auto, um ihn zu verfolgen. Auch sie hatte keine Absicht, den Schatz mit den anderen zu teilen.

Auch der Anwalt sah, während er telefonierte, wie die Witwe zu ihrem Auto rannte, und wußte ebenfalls sofort, was da vor sich ging. Und er verfolgte die Witwe.

Und schließlich sah auch David, wie sich der Anwalt heimlich davonmachte, und dachte: Aha, also sie haben herausgebracht, was es für ein Friseurladen ist. Und er verfolgte seinerseits den Anwalt.

Nacheinander kamen sie so vor dem Friseurladen an und eilten hinein.

„Wer ist der Chef hier?" fragte der Neffe gebieterisch.

Ein älterer, grauhaariger Mann sagte: „Das bin ich." „Haben Sie Samuel Stone bedient?"

Der Friseur lächelte. „Vierzig Jahre lang war ich sein Barbier." Er blickte auf, als die anderen drei nacheinander ebenfalls hereingestürmt kamen. „Ich habe sie alle schon erwartet", sagte er dann. „Mr. Stone gab mir einen Schlüssel, den ich für ihn aufbewahren sollte. Den sollte ich Ihnen aushändigen, wenn Sie kämen."

Er zog eine Schublade auf und entnahm ihr einen Schlüssel für ein Bankschließfach. Ein Schild hing daran: FIRST NATIONAL BANK.

„Geben Sie ihn mir!" verlangte die Witwe und streckte die Hand aus.

Aber der Neffe rief: „Ich war zuerst da!"

„Nicht so hastig", sagte der Anwalt. „Wir fahren alle zusammen hin." .

Und so geschah es.

Sie fuhren zur First National Bank, öffneten das Tresorschließfach und entnahmen ihm die darin liegenden Wertpapiere über zehn Millionen Dollar.

Sie teilten sie untereinander auf. Alle träumten sie wieder davon, was sie mit dem Geld alles anfangen würden. „Und was wollen Sie mit Ihrem Geld machen, David?" fragte die Witwe.

Aber sie wußten die Antwort ja schon alle. Der arme Narr gab erneut alles für die Wohltätigkeit.

7. KAPITEL

Es war Samstag vormittag. Aber wie wir, wenn wir gut aufgepaßt haben, alle wissen, erschien der alte Samuel Stone immer erst am Montagmorgen, um seinen Erben die nächsten Hinweise für einen weiteren Teil seines Vermögens zu geben. In dieser Woche allerdings beschloß der Neffe, nicht zu warten. Er hatte eine brillante Idee, wie er sich einen großen Vorsprung vor allen anderen sichern könnte. Ich bin ein Genie, sagte er zu sich selbst. Ein absolutes Genie! Der Samstag war der Tag, an dem der Butler einzukaufen pflegte. Als der Neffe ihn das Haus verlassen sah, schlich er sich in dessen Zimmer und suchte nach der Videokassette, die am Montag abgespielt werden sollte. Er fand sie in einer Schublade versteckt.

Erhielt sie hoch und dachte: Ha, jetzt habe ich die Hinweise des Onkels einmal vor den anderen und kann diesen Schatz ganz für mich allein heben und behalten!

Er ging mit dem Band in die Bibliothek und sperrte die Tür zu, damit ihn niemand überraschen und sehen konnte, was er tat. Er legte die Kassette ein und stellte den Fernseher an. Und Samuel Stone erschien auf dem Bildschirm. „Nun", sagte er, „ich nehme an, ihr seid wieder alle bereit für den nächsten Hinweis."

„Ja doch, ja!" rief der Neffe ungeduldig und konnte vor Erwartung gar nicht stillsitzen.

„Das ist eine schöne Jahreszeit jetzt", sagte Samuel Stones Stimme. „Das Wetter sollte schön sein. Oh, what a beautiful morning!"

„Das soll ein Hinweis sein !" rief der Neffe ungehalten. „Oh, what a beautiful morning ist ein Lied aus dem Musical namens Oklahoma! Und was hat das mit dem Schatz zu tun, bitte?"

Aber Samuel Stones Stimme sprach bereits weiter. „Hier ist ein Rätsel für euch. Was haben eine Banane, eine Kokosnuß und ein Auto gemeinsam? Ahnt ihr, worum es sich da handeln kann?"