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Am letzten Tag der Ausstellung kamen die Witwe, der Neffe und der Rechtsanwalt mit verschiedenen Taschen und Koffern in das Museum und gingen direkt zu der Michelangelo-Statue. Als sie dort allein waren, machten sie ihre Taschen auf und holten einzelne Teile einer vorgefertigten Figur heraus, die sie zusammensetzten, Arme, Beine, Rumpf, Kopf.

Als sie damit fertig waren, hatten sie eine Statue, die der echten von Michelangelo zum Verwechseln glich. „Und jetzt", sagte der Anwalt, „kommt der raffinierte Teil." Sie holten alle weiteren Einzelteile aus Gips heraus und klebten sie an die echte Statue - Falten, eine längere Nase, dickere Lippen -, bis die echte Figur wie eine schlechte Fälschung aussah. Dann tauschten sie die echte und die nachgemachte aus.

Der Direktor kam herbei, warf einen Blick auf alles und rief aus: „Was machen Sie denn da?"

„Nichts", sagte die Witwe scheinheilig. „Wir dachten uns, daß das Museum vielleicht an einer zweiten Statue interessiert ist. Wir schenken sie Ihnen."

Der Direktor besah sich die verfälschte echte Statue mit den faltigen, dicken Lippen und der langen Nase und sagte: „Schaffen Sie diese billige Fälschung. fort von hier!" Er merkte nicht, daß er tatsächlich von der echten Figur sprach. „Meinen Sie das im Ernst, daß wir sie wegschaffen sollen?" „Absolut!"

Der Anwalt blinzelte den anderen zu. „Na gut, dann schaffen wir sie eben weg."

Der Neffe half ihm, die Figur hochzuheben, und so marschierten sie aus dem Museum hinaus, mit dem echten Michelangelo. Sie waren ganz außer sich vor Freude. „Es hat geklappt!" krächzte die Witwe. „Zehn Millionen Dollar, und alles unser! Wir haben sie drangekriegt!" David war diesmal nicht draußen vor dem Museum, um sie aufzuhalten. Sie stellten die Figur auf der Eingangstreppe zum Museum kurz ab, um sich auszuruhen.

„Zehn Millionen!" sagte die Witwe noch einmal begeistert.

„Jetzt kann ich mir die Jacht kaufen!"

Und der Neffe sagte: „Ich kaufe mir eine Wohnung in Paris."

Und der Anwalt sagte: „Ich kaufe ein neues Haus für meine Kanzlei."

Um die Ecke kam ein kleiner Junge auf Rollschuhen. Niemand achtete auf ihn, als er sich auf eine Bank setzte und seine Rollschuhe abschnallte.

„Also, weiter", drängte die Witwe, „machen wir, daß wir sie wegkriegen von hier, bevor man uns auf die Schliche kommt." „Richtig", pflichtete ihr der Neffe bei. Zusammen mit dem Anwalt hob er die Statue wieder hoch. Als sie die Treppenstufen hinabstiegen, trat der Neffe aber auf einen der Rollschuhe des Jungen, stolperte, rollte die restliche Treppe hinunter und ließ die Statue fallen.

Sie standen alle reglos da und starrten entsetzt auf die hundert Trümmer, in die die Statue zerbrochen war. „O mein Gott!" klagte die Witwe. „Jetzt schau dir an, was du gemacht hast. Da liegen zehn Millionen Dollar in Scherben!" Nicht einer von ihnen verschwendete auch nur einen Gedanken daran, daß sie tatsächlich ein unersetzliches, herrliches Kunstwerk zerstört haben könnten.

David kam gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, was geschehen war. Er ging an ihnen vorbei in das Museum und in das Büro des Direktors. Dort stand die wirklich echte Michelangelo-Statue.

Der Direktor lächelte. „Sie haben völlig recht gehabt. Hätte ich nicht, wie Sie vorgeschlagen haben, eine billige Kopie der Figur anfertigen lassen, dann läge jetzt ein echter Michelangelo in Trümmern. Wie es meine Anweisungen verlangen, werde ich diese echte Figur demjenigen der Erben übergeben, der sie nach dem Ende der Ausstellung als erster einfordert." Er sah auf die Uhr und sagte: „Und die Ausstellung ist - jetzt zu Ende."

„Ich fordere sie ein", sagte David.

Der Direktor nickte. „Und damit gehört sie Ihnen. Ich habe bereits mit dem Museumsvorstand gesprochen. Man ist sehr daran interessiert, sie anzukaufen. Ich bin ermächtigt, bis zu zehn Millionen Dollar zu gehen." „Abgemacht", sagte David lächelnd. „Auf wen möchten Sie den Scheck ausgestellt haben?" „Schreiben Sie ihn auf die Wohltätigkeitsstiftung Samuel Stone aus", flüsterte David.

Der Direktor sah ihn erstaunt an. „Warum flüstern Sie denn?" David deutete nach oben zum Himmel. „Ich will nicht, daß er es hört", sagte er.

Unnötig zu sagen, daß die anderen ausgesprochen wütend waren, als sie alles erfuhren. Und noch wütender waren sie, daß David das ganze schöne Geld der Wohltätigkeit gab. „Das kommt uns nicht noch einmal vor", schworen sie sich. „Das nächste Mal sorgen wir dafür, daß wir das Geld bekommen."

In der folgenden Woche waren sie auftragsgemäß wieder alle in der Bibliothek des Hauses Stone versammelt, um die Einzelheiten der nächsten Schatzsuche zu erfahren. Wieder schaltete der Butler den Fernseher und den Videorecorder an, und es erschien erneut das Gesicht von Samuel Stone auf dem Bildschirm. „Guten Morgen", sagte er.

Alle murmelten automatisch ebenfalls: „Guten Morgen." Samuel Stones Blick wanderte vom Bildschirm über sie alle hin. „Nun, inzwischen hat ja wohl einer von euch die Statue gefunden, nehme ich an. Und meiner Vermutung nach hat euch jetzt die Gier in den Klauen, und ihr seid deshalb alle wieder hier versammelt."

Sein Blick blieb auf David haften. „Alle außer dir, David, natürlich. Ich hoffe nur, daß du nicht derjenige bist, der die Figur gefunden und bekommen hat. Der Gedanke, daß du das gesamte schöne Geld aus dem Erlös an ungewaschene kleine Waisenkinder verschwenden könntest, macht mich ganz krank."

David antwortete nur mit einem Achselzucken. Samuel Stones Blick wanderte weiter. „Na gut, seid ihr bereit für den nächsten Hinweis? Weitere zehn Millionen warten auf einen von euch." Jeder beugte sich gespannt vor und lauschte aufmerksam. „Hier ist der Hinweis..."

2. KAPITEL

Vorsicht! Aufpassen! Meine Herren, überprüfen Sie Ihre Brieftaschen, ob auch noch alles Geld da ist! Die Damen, kontrollieren Sie, ob Ihnen kein Schmuck entwendet wurde! Sie werden sich sogleich inmitten einer Bande Diebe befinden. Wir sind wieder in Samuel Stones wunderschöner Villa. Stone, einer der reichsten Männer der Welt, ist vor zwei Wochen verstorben. Er hinterließ eine schöne junge Witwe, einen Neffen und einen Rechtsanwalt. Alle drei hoffen, Samuel Stones Geld zu erben. Alle sind sie so gierig danach, daß sie dafür notfalls selbst einen Mord begehen würden. Der einzige Anständige unter ihnen ist ein junger Mann namens David. Er ist Vorstand der Wohltätigkeitsstiftung Stone. Wenn er an das Geld kommt, will er es den Armen und Obdachlosen geben.

Als sie in der vorigen Woche alle zur Testamentsverlesung versammelt waren, hatte ihnen der Anwalt eröffnet, daß sie in der Bibliothek von Samuel Stone vor einem großen Fernsehgerät Platz nehmen mußten. Der Butler hatte die Geräte eingeschaltet, und daraufhin war Samuel Stone auf dem Bildschirm erschienen.

„Ich weiß", hatte der tote Mann gesagt, „daß ihr alle hinter meinem Geld her seid. Aber ihr müßt schon selbst herausknobeln, wo es sich befindet. Ich war immer ein großer Rätselfreund, und ich gebe euch jetzt jede Woche ein Rätsel auf, wo sich mein Vermögen befindet."

In der Woche zuvor war der erste Schatz eine Statue von Michelangelo gewesen. David hatte sie als erster gefunden und eingefordert, und der Gelderlös davon wanderte in die Wohltätigkeit. Die anderen waren darüber entsetzlich wütend.

Sie hielten nichts davon, Arme zu unterstützen. Sie wollten lieber sich selbst helfen.

Jetzt, wo unser neues Abenteuer beginnt, sitzen sie also wieder vor dem großen Bildschirm in der Bibliothek und warten auf den Rätselhinweis für die zweite Schatzsuche. Sie beobachten Samuel Stone auf dem Bildschirm intensiv, während dessen Blick über sie hinwandert.

„Also, ihr lieben, geldgierigen Leute", dröhnt seine Stimme durch den Raum, „hört gut zu und paßt auf. Wir wollen sehen, ob ihr intelligent genug seid, dieses Rätsel zu lösen. Etwas ist fishy damit, und es ist zu dumm, daß Diamond John Brady nicht da ist, um euch zu helfen. Ihr seid alle sterblich, keiner von euch ist Gott. Das ist alles. Ich hoffe, ihr kriegt es nicht raus."