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»Bin nie krank gewesen. Außerdem habe ich noch einen Schrank voll Flaschen von meinem Dad. Die kurieren alles, was es gibt.«

Der Arzt bedeckte das Gesicht mit den Händen und täuschte einen Hustenanfall vor. Liza nahm Roses’ Hand zwischen die ihren.

»Ich werde auch hier sein. Willst du mir denn nicht Gesellschaft leisten?«

Roses dachte nach. »Gleiches Zimmer?«

Liza sah den Arzt fragend an. Der nickte zustimmend. »Ja, Roses. Das gleiche Zimmer.«

Er bekam es plötzlich mit der Angst zu tun. In einem Zimmer mit einem Mädchen zusammen zu wohnen, gehörte sich nicht. Es war nicht richtig … Er wußte zwar nicht, warum. Aber es schickte sich nicht, wenn er sich vor ihr auszog. Nun war sein Hemd ziemlich lang, und er konnte ja immer auf der anderen, von ihr abgewendeten Seite des Bettes aufstehen … Außerdem hatte sie ihn ja schon gesehen, als der Arzt an ihm herumklopfte. Es war nicht so schlimm gewesen wie bei den Schwestern, die ihn mit ihren verkniffenen Gesichtern taxiert hatten …

»Also gut«, sagte er. »Ich bleibe.«

Der Arzt blickte von einem zum anderen und wunderte sich über das ungleiche Paar. Kaum harmonisch im Geiste. Doch ein bißchen unkomplizierter Sex würde einem so verklemmten Mädchen wie Liza Simmons ganz gut tun. Auf jeden Fall würde ihr der Aufenthalt nicht langweilig werden. Dann erinnerte er sich wieder an die Warnung des Projektleiters.

»Erinnerst du dich noch an die Pillen, die wir dir gegeben haben?«

»Pillen?«

»Die Pillen in der roten Flasche. Hast du die Pillen genommen?«

»Oh, die. Habe sie weggeschmissen. War nicht krank. Brauche keine Pillen, wenn ich nicht krank bin.«

»Das sind keine solchen Pillen. Das sind Pillen, die dich sterilisieren. Sie sterilisieren deinen Samen.« – Totale Verständnislosigkeit. – »Sie verhindern, daß ein Mädchen Babys bekommt.«

»Das ist nicht anständig, was Sie da reden. Ich würde so etwas nicht tun. Das ist schmutzig.«

Der Arzt vermied es, Liza anzusehen. Er machte einen Vorschlag, der vielleicht am ehesten weiterhalf: »Ich möchte aber, daß du von jetzt ab die Pillen nimmst, weil sie dir jetzt helfen, daß du nicht krank wirst. Du sollst jeden Tag eine Pille nehmen.« Ein Mann wie der mußte eine ungeheure Fruchtbarkeit haben. »Nein, am besten nimmst du zwei Pillen am Tag. Die verhindern, daß du krank wirst.«

»Ekelhaftes Zeug.«

»Die Pillen können doch nicht ekelhaft sein, wenn sie verhindern, daß du krank wirst – oder?«

Roses murmelte etwas. Es waren halblaute, rebellische Laute. Der Arzt suchte Unterstützung bei Liza. »Sie sorgen doch dafür, daß er die Pillen nimmt, nicht wahr?«

»Natürlich sorge ich dafür.«

Obgleich sie natürlich eine Beleidigung für die Würde eines Menschen waren.

Sie führte Roses in eine kleine Isolierabteilung mit zwei Betten und vollautomatischer elektro-medizinischer Überwachung. Sie redete ihm gut zu, bis er sich ins Bett bringen ließ. Sie vermittelte, als es um ein heißes Bad ging, und ebenfalls, als Roses sich um keinen Preis von seinem Hemd trennen wollte, um einen Pyjama anzuziehen. Er lag im Bett, starrte an die Decke und hatte die Decke bis zum Kinn hinaufgezogen. Sie zeigte ihm, wie er den Fernsehapparat bedienen mußte, aber auf keinem Kanal gab es eine Sendung, die ihn interessierte. Da in der Bücherei für Erwachsene keine Comic-Strips zu leihen waren, holte sie ein paar Comic-Hefte aus der Kinderabteilung. Dazu Puzzles und andere Spiele. Sie sah bald ein, daß ihre Quarantäne keine erholsame Zeit werden würde. Und sie wußte auch, wenn sie es bisher noch nicht gewußt hatte, daß sie ihn liebte.

Die kommende Nacht, die Nacht von Dienstag auf Mittwoch (23. August) brachte den ersten Angriff der Nachbarn auf das Forschungs- und Experimentierdorf Penheniot. Den ersten und gefährlichsten Angriff. Gefährlich deshalb, weil er mit Unterstützung aus dem Dorf vorgetragen wurde.

VI

Als der erste Alarmax kam, schlief David Silberstein in seinem Bett. Das Telephon weckte ihn, und Sergeant Cole meldete einen Sensorenimpuls, der die Anwesenheit von sieben oder acht Leuten innerhalb des elektrischen Zaunes lokalisierte, und zwar in dem Waldstreifen westlich des Dorfes. Die Uhrzeit war zwei Uhr dreißig morgens, und der Mond war gerade untergegangen. David stand sofort auf und begab sich in sein Büro. Dort hatte er eine Monitoranlage zu allen im Dorf verteilten Sensoren und eine direkte Leitung zum Revier, so daß er über die laufenden Operationen im Bilde war.

Offenbar hatten Harry und Pete sich gar nicht erst die Mühe genommen, bei der Polizei eine Anzeige zu erstatten. Sie hatten offenbar gewußt, daß das nur eine Zeitverschwendung war. Statt dessen hatten sie ihre Freunde zusammengetrommelt und auf eigene Faust ein Kommandounternehmen gestartet. Solche Selbsthilfemaßnahmen lagen in der Luft – schließlich wurde das Dorf als Sündenbock für alle möglichen Pannen in der Außenwelt zitiert. Doch David war trotz dieses einkalkulierten Risikos besorgt. Er wunderte sich, daß diese Eindringlinge unentdeckt über den Zaun gekommen waren. Er hätte eigentlich erwartet, daß ein Teil des Zaunes kurzgeschlossen worden wäre, ehe die Invasion stattfand. Das hätte sich sofort als Warnlicht auf Coles Kontrolltafel bemerkbar gemacht. Statt dessen war die Gruppe offenbar mittels eines Leitersystems über den Zaun gestiegen, ohne den Zaun zu berühren. Die Gruppe war also viel besser vorbereitet und taktisch eingestellt, was auf ein gut vorbereitetes Unternehmen hindeutete. Trotzdem war kein wirklicher Anlaß zur Sorge gegeben.

David saß vor dem Monitor und plauderte über die direkte Leitung mit Sergeant Cole. Das nächstemal verrieten sich die Eindringlinge am hinteren Rand des Dorfes bei dem Elektrizitätswerk. Das bedeutete, daß die Eindringlinge, nachdem sie die ersten Sensoren recht ungeschickt passiert hatten, vollkommen unbemerkt die Kette der zweiten Sensoren überwinden konnten. Dabei war es vollkommen unwahrscheinlich, daß die Lücken in der zweiten Linie der Sensoren nur durch Zufall gefunden hatten. Zu viele Zufälle. Auch die Sensoren für Kurzschluß am Zaun hatten sie nicht einfach vorausahnen können. Eine Kette, ein Muster entwickelte sich, das David beunruhigte und deprimierte. Er wartete ab, was die Eindringlinge als nächstes taten. Er hoffte, sie würden sich zu etwas entschließen, was sein Instinkt jedoch von vorneherein für unwahrscheinlich hielt.

Das Elektrizitätswerk bot sich als gutes Ziel an, wenn man dem Dorf einen ernsthaften Schaden zufügen wollte. Man hatte es deshalb buchstäblich unzerstörbar gemacht. Der Generator war zehn Meter unter der Erde und mit einem Panzer umgeben, der aus zwei Meter dickem, mit Titan verstärktem Beton bestand. Was von dem Elektrizitätswerk über der Erde zu sehen war, bestand aus acht Zentimeter dickem Stahl. Und wenn die Sensoren, die die Gebäude umgaben, einen Impuls ausstrahlten, wurde das Gebäude sofort mit zweitausend Volt aufgeladen. Außerdem waren noch Gassprüher über die Landschaft verteilt und Radiofelder, die sofort Zeitzünder zur Explosion brachten oder ferngesteuerte Zünder erfolgreich blockierten. Die Vorsichtsmaßnahmen waren also so umfassend, daß man sie fast übertrieben nennen konnte. Doch ohne Kraftversorgung war das Dorf zum Tode verurteilt. Also waren diese Maßnahmen gerechtfertigt.

Um das Elektrizitätswerk herum war ein Garten angelegt, in dem Stockrosen, Kapuzinerkresse, Bartnelken und Sensoren mit halbem Meter Zwischenraum eingepflanzt waren. Der Projektleiter wartete vergeblich auf ein Zeichen von diesen Sensoren. Die Eindringlinge wußten viel zu gut Bescheid. Obwohl das Elektrizitätswerk sich als Ziel geradezu aufdrängte, hatten die unbekannten Eindringlinge sich vorsichtig daran vorbei gedrückt.

Dann meldeten die Sensoren wieder die Gruppe aus einer Gasse neben der Poststelle. Normalerweise würde man annehmen, daß die Hauptstraße besonders gut bewacht wird, und die Gassen hinter den Häusern benutzen. Doch diese Gruppe wußte es besser und war ganz frech die Hauptstraße hinuntergegangen. David runzelte die Stirn. Diese sorgfältige Planung war langsam unheimlich. Vor der Poststelle trennte sich die Gruppe. Die eine Hälfte marschierte in Richtung Laboratorium weiter, die andere in Richtung Schule. Die Art der jetzt einlaufenden Signale verriet, daß beide Gruppen keine Sicherheitsmaßnahmen gegen radioaktive »Markierer« getroffen hatten, die jetzt ständig anzeigten, wo die Leute sich gerade im Dorf bewegten. Ihre Kenntnisse von den verschiedenen Verteidigungsmethoden waren also lückenhaft.