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»Operation 3f, wenn ich richtig informiert bin, Sergeant Cole. Standardverfahren. Ich bin hier im Labor, falls Sie mich brauchen sollten. Und machen Sie es so unauffällig wie möglich – wir haben heute hier ein ganz besonderes Experiment. Sagen Sie den Leuten Bescheid. Sagen Sie ihnen, falls heute nachmittag hier alles gutgeht, können sie nach dem ursprünglichen Evakuierungsplan das Dorf sicher verlassen. Vielleicht schon morgen abend. Ehe das Ministerium hier einmarschiert.«

Er schaltete ab und blickte zum Gründer hinüber, um nach der Tat die Erlaubnis einzuholen. Der Gründer nickte leise und blickte auf die Uhr. David tat es ihm nach und sah, daß es eine Minute vor drei Uhr war. Liza verteilte gerade Ohrenstöpsel. David behielt sie noch in der Hand. Er wollte hören, wie sich das Gefecht am Kai entwickelte. Die Sicht aus dem Laborfenster war schlecht, der Kai hinter einer Gruppe von kleinen Bäumen und dem spitzen Dach der Polizeistation versteckt.

Die Nebelwand des Hovercraft-Fahrzeuges löste sich auf und trieb die Fore Street hinunter. David konnte die Sicherheitsbeamten bei der Arbeit sehen, Männer in Gasmasken, die eine Barrikade errichteten. Sie war für Notfälle gedacht und wurde unter Hochspannung gesetzt. Das Hovercraft-Fahrzeug gehörte zu einer Flotte von Mietfahrzeugen, die einer Gruppe von Abenteurern in Mevagissy gehörte. Sie wurden hauptsächlich dafür gebraucht, um Drogen auf die Insel zu schmuggeln. Er hatte davon gehört, daß Teenager den Eigentümern Leihgebühren zahlten, wenn sie damit eine kleine Rundfahrt veranstalten durften. Das war eine neue Art Nervenkitzel, eine Art Sport an Wochenenden und Feierabend. Für solche jungen Leute, die Abenteuer um jeden Preis suchten, war die Hetze auf Wissenschaftler genau das Richtige. Es kostete zwar ein bißchen mehr, aber dafür war die Sache auch dufte. Er hoffte, daß Sergeant Cole ihnen den Nervenkitzel verschaffte, den sie suchten.

Hinter ihm fing die Elektronik zu jaulen an. Er drehte sich um, beobachtete die Startvorgänge, die inzwischen für ihn zur Routine geworden waren. Eigentlich sollte er heute besonders hochgespannte Erwartungen haben. Schließlich war Rachel Moser der erste Chrononaut, das erste menschliche Wesen, das sich in die chronomische Einheit begab. So ein hübsches Mädchen in so einem hübschen Kleid. Doch seine Erwartungen waren eher schlaff, und er mußte sogar ein Gähnen unterdrücken. Seine Gedanken wanderten zu Roses, zu den Kratzern an dessen Armen und Beinen und der fadenscheinigen Behauptung, eine Katze hätte ihm das angetan. Das muß ein Biest gewesen sein – verrückt mußte es gewesen sein, wenn es ihn so zugerichtet hatte. Wahrscheinlicher war es, daß Liza ihm in der Wut ihrer Leidenschaft diese Biß- und Kratzwunden beigebracht hatte. Das Jaulen wurde unerträglich, und David Silberstein steckte sich die Ohrenschoner in die Ohrmuscheln.

Rachel Moser flackerte wie zahllose Stühle, Kaffeekannen, gestickte Pantoffel und echte viktorianische Standuhren vor ihr geflackert hatten. Wie acht Hunde, zwei Katzen und ein Schaf vor ihr geflackert hatten. Im Moment des Flackerns zeigte sich keine Veränderung ihres Gesichtsausdrucks, kein Anzeichen von Schmerz, Freude oder Überraschung. Sie flackerte nur und verschwand erwartungsgemäß. Zuerst sah man sie noch, und im nächsten Moment nicht mehr. Und die Implosion, die sie verursachte, war so stark, daß die Laborfenster erzitterten, und man den Knall noch hören konnte, obwohl draußen eine Handgranate aus dem Hovercraft geworfen wurde und die Beschleuniger noch schrecklich jaulten. Die Startbühne war plötzlich sehr leer. Die Apparate folgten ihrem Programm und stellten sich selbst ab. An dem Hauptcomputer verkündete eine Leuchtschrift: START O.K.

Manny Littlejohn konnte von seinem Platz aus die Leuchtschrift zuerst erkennen und bedauerte, daß keiner sich die Mühe gemacht hatte, dem Computer das Sprechen beizubringen. Er war der erste, der sich im Laboratorium wieder bewegte, und das Knacken seiner Gelenke schien in der bedrückenden Stille einem berstenden Stuhl vergleichbar. Er war auch der erste, wie es seiner Position zukam, der das Wort ergriff.

»Zumindest der Anfang des Experimentes«, sagte er mit milder Stimme, »scheint ausgezeichnet gelungen zu sein. Aber meine Glückwünsche will ich noch ein wenig aufschieben. Wie lange müssen wir warten, bis der Wiedereintritt in unsere Zeit stattfindet?«

»Fünf Minuten.« Obgleich der Gründer die Frage nicht an Liza gerichtet hatte, gab sie ihm jetzt die Antwort. Der Gründer drehte ihr das Gesicht zu. Wenn sie einen Protest anmelden wollte, war er dankbar dafür, da sie, typischerweise, so lange damit gewartet hatte, bis es zu spät war. »Fünf Minuten, Sir. Es wird fast auf die Sekunde genau sein. Wir haben das nukleische Verfahren angewendet, weil es präziser arbeitet.«

Der Gründer überhörte nicht – konnte gar nicht überhören –, wie einzigartig sie das vorletzte Wort betont hatte. »Sie deuten an, daß Sie mit diesem Verfahren nicht einverstanden sind, Miß Simmons.« Er war etwas interessiert. Schließlich mußte er sich fünf Minuten lang die Zeit vertreiben. »Präziser arbeitet, haben Sie gesagt. Präziser als was?«

Professor Krawschensky drängte sich jetzt vor Liza. »Achten Sie nicht auf sie, Gründer.« Er war wütend, obwohl das die Umstände doch gar nicht rechtfertigten. Manny Littlejohns Interesse war jetzt erheblich größer. »Sie hat sich eine Theorie zusammengebastelt, daß das nukleische Schrittmacherverfahren die Zellstrukturen zu stark beansprucht. Das ist reine Spekulation. Es gibt nicht den geringsten Beweis dafür.«

»Mein lieber Igor, was Sie als Spekulation abtun, ist oft nur Instinkt, der auf strenger Logik beruht, sich aber nur im Unterbewußtsein äußert. Ich respektiere so etwas.« Manny Littlejohn legte eine Pause ein. Doch ehe der Professor sich eine passende Antwort zurechtgelegt hatte, fuhr er fort: »Sagen Sie mir, Igor – welches Verfahren haben Sie verwendet, als Sie das Experiment mit dem Schaf durchführten?«

»Das ist mein Beweis, Gründer. Wir verwendeten das nukleische Verfahren. Und das Schaf hat dabei nicht den geringsten Schaden davongetragen.«

Manny Littlejohn zuckte die Achseln und hob beide Hände. »Sie haben hier die Verantwortung, Igor. Sie müssen natürlich das tun, was Sie für richtig halten.«

Es war ein Gegenangriff, der die Sieger von den Besiegten säuberlich trennen sollte. Doch die Wirkung seiner Worte, die in dem stillen Labor drohend nachhallen sollten, unterstrichen von dem Kampflärm draußen im Dorf, wurde verdorben. Denn in diesem Moment platzte Roses in das Labor hinein, eine große tote schwarze Katze unter den Arm geklemmt.

Er kam rückwärts herein und schimpfte: »Verdammte Idioten! Knallen einfach so in der Gegend herum!« Er tastete eifrig an sich herum und entdeckte ein Loch im Hemd, zum Glück an einer Stelle, wo es sich am meisten bauschte. »Verdammte Idioten!« wiederholte er noch einmal mit Nachdruck.

Erst jetzt drehte er sich um, wohl spürend, daß der Raum hinter ihm voller Leute war. Beim Anblick so vieler hochgestellten Figuren – Liza, David Silberstein, Dr. Meyer, Professor Krawschensky, Manny Littlejohn – verrauchte sein Unmut ziemlich rasch.

»Wußte nicht, daß hier etwas los ist. Wollte nur den Professor sprechen. Wußte nicht, daß hier etwas los ist …«

Er sah die Leute der Reihe nach an und scharrte verlegen mit den Füßen.

Lizas erste Reaktion war Ekel und Abscheu. (Seit jener Nacht im Krankenzimmer hatte sie es immer so einrichten können, daß sie Roses nicht einmal zu Gesicht bekam.) Warum trat er immer wieder in ihr Leben und schleppte etwas Totes mit sich herum? Warum schien er immer so verletzt, so tief getroffen? Ihr zweiter Blick galt natürlich der Katze unter seinem Arm. Eine schwarze Katze. Nun, eine schwarze Katze war eine schwarze Katze. Und eine tote schwarze Katze war nur noch eine traurige Karikatur dessen, was sie einmal in ihrem Leben dargestellt hatte. Sie, Liza, hatte keinen Grund, überhaupt keinen Grund, zu vermuten, es könne sich bei dieser toten Katze um die gleiche schwarze Katze handeln, die sie vor knapp zwei Tagen auf der Bühne mühsam gebändigt und festgeschnallt hatte. Sie hatte keinen Grund, das zu vermuten; doch sie wußte sofort, daß es die gleiche Katze war. Und jetzt war sie tot.