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»Und die Elben wurden neidisch auf die Schätze der Zwerge.

Sie überfielen den Stamm des Fünften, Giselbarts.

Der Kampf in den Stollen und am Steinernen Torweg entbrannte.

Giselbart schloss einige der verräterischen Elben in ein finsteres Labyrinth, aus dem sie nicht mehr entkamen.

Aber die Elben setzten ihre Magie ein, um die Kinder des Schmiedes krank zu machen und zu schwächen.

Danach metzelten sie die Fünften bis auf einige wenige des Stammes nieder.«

Stille senkte sich auf die Halle herab. Die getragene Stimme des Königs hallte Ehrfurcht gebietend und erweckte die Worte zum Leben.

»Als Trolle und Orks das Blut der Verwundeten und Getöteten rochen, machten sie sich auf und erschienen an der Pforte zum Geborgenen Land.

Die Elben flüchteten feige und überließen den Torweg seinem Schicksal.

Durch ihre List aber öffnete sich das Portal. Giselbart und seine letzten Getreuen fochten, wie es nur Zwerge vermögen.

Aber die geschwächten Fünften konnten die Horden nicht aufhalten. Seither zieht das Böse durch das Land.«

Er hielt inne, um die betroffenen Gesichter zu betrachten. Es bedurfte nur noch weniger Bemühungen, um sie auf seine Seite zu ziehen; lediglich der Einarmige schüttelte sachte den Kopf.

»Ich zweifele an diesen Zeilen, König. Warum hat unser Volk sie so lange nicht entdeckt? Ist es nicht seltsam, dass Worte über die Schuld der Elben ausgerechnet jetzt auftauchen? So passend zu deinem Vorhaben?«

»Sie wurden absichtlich verborgen, vielleicht von zaudernden Zwergen wie dir, um einen Krieg zu verhindern«, entgegnete Gandogar spöttisch, hob seine Axt und bohrte die Spitze in das auf der Karte eingezeichnete Âlandur. »Ihr habt meine Worte vernommen: Da sitzen die Schuldigen! Und sie sollen für ihre Taten und unsere Toten endlich bezahlen!«

»Und dann?«, fragte Balendilín hart. »Was dann, König Gandogar? Wem tust du damit einen Gefallen? Doch nur dem Toten Land, aber uns und den Menschen nicht. Wenn man dich hört, könnte man meinen, wir sollten uns mit den Albae zusammentun, um die Elben zu schlagen«, führte ihn der Berater auf gefährliches Eis. »Entsinne dich, wer unsere Feinde sind, König Gandogar! Vraccas hat niemals gesagt, dass wir die Völker des Geborgenen Landes angreifen sollen. Keiner von uns kann die Elben ausstehen, die Götter haben es nicht so gewollt. Es gab Streit und Tote, gewiss.« Er legte die Rechte auf seinen Armstumpf. »Ich gab einen Teil meines Körpers, um vier Orks zu töten, doch in einem Krieg würde ich meine Klinge niemals gegen einen Elben erheben, eher schlüge ich meinen anderen Arm auch ab. Sie sind unsere Schutzbefohlenen, trotz unserer Zwiste, und daran haben wir uns stets gehalten. Es ist Vraccas’ Gesetz!«

Gandogar funkelte den Einarmigen wütend an. Die Worte gingen ihm aus, Balendilín machte seine Vision einer Rache zunichte. Er hörte, wie Bislipurs Zähne knirschten.

»Ich verstehe mich nicht als Handlanger der Albae«, versuchte er es erneut. »Es geht darum, einen günstigen Augenblick zu nutzen. Danach will ich als Großkönig unser Volk in die Schlacht gegen die Horden des Toten Landes führen, um jenem Spuk ein Ende zu bereiten, der die Reiche schon viel zu lange heimsucht. Wo die Menschen versagt haben, wird unser Volk Stärke zeigen!«

»Ich erkenne dich nicht wieder, König Gandogar«, wunderte sich Balendilín offen, und sein von Erfahrungen und Alter gezeichnetes Gesicht drückte Unverständnis aus. »Hat dein Hass auf die Elben deinen Verstand getrübt, dass du dich über die Worte unseres Gottes hinwegsetzen willst?« Er warf Bislipur einen argwöhnischen Blick zu. »Oder berät dich jemand schlecht?«

Nun kam Bewegung in die Reihen der Clanabgeordneten; ein Zwerg aus dem Breithand-Clan des Stammes der Zweiten stand auf.

»Ich finde seinen Vorschlag Überdenkenswert«, sagte er mit fester Stimme. »Gandogars Worte könnten wahr sein. Wer einmal einen Verrat beging, der tut es wieder. Was ist, wenn die Elben aus dem sterbenden Âlandur abziehen und ein Menschenreich angreifen, um sich ein neues Reich zu schaffen? Wäre das rechtens?«

»Oder wenn sie dem Feind ein weiteres Zwergenreich ausliefern?«, hakte ein Zweiter aus dem gleichen Clan mit Feuereifer nach und sprang auf die Beine. »Ich traue den Spitzohren alles zu! Ganz gleich, ob sie die Fünften verraten haben oder nicht, sie sollen büßen.« Er verließ seinen Platz und stellte sich an Gandogars Seite, um seine Überzeugung zur Schau zu stellen. »Auch wenn wir nicht aus dem gleichen Stamm sind, ich bin dafür.«

Etliche der versammelten Clanmitglieder riefen begeistert ihre Zustimmung. Ihre lauten, dunklen Stimmen füllten den Raum und mischten sich zu einem unverständlichen Wirrwarr, aus dem das Wort »Krieg« deutlich herausklang. Balendilíns Aufforderung zu schweigen ging in dem Lärm unter.

Gandogar setzte sich auf seinen Stuhl und wechselte einen schnellen, zufriedenen Blick mit seinem Mentor. Die Spitzohren werden bald ganz aus dem Geborgenen Land verschwunden sein, dachte er.

Ein donnernder Schlag brachte die Halle zum Beben. »Seid ruhig!«, verlangte jemand gebieterisch. Eine strenge Stimme durchschnitt das Getöse.

Die Anwesenden wandten sich verdutzt um.

Der Großkönig stand aufrecht vor seinem Thron, die Krone saß auf seinen weißen Haaren. Mit einer Hand hielt Gundrabur den Stiel des Schmiedehammers, den er im Zorn gegen seinen Sitz geschmettert hatte; der Marmor wies breite Risse auf.

Seine Augen schauten mit einem Mal sehr lebendig auf die Vertreter der Zwergenstämme und Clanoberhäupter herab; in ihnen stand ein einziger Vorwurf. Keiner in dem großen Saal wirkte erhabener, majestätischer als er. Schwäche und Alter schienen verflogen; der Zorn musste sie aus dem Körper getrieben haben.

Der weiße Bart wallte sanft, als er den Kopf hob. »Ihr Kurzsichtigen! Es geht um das Geborgene Land, nicht um die Gelegenheit, unsere alten Feinde zu vernichten. Alles, was dem Toten Land und seinen Kreaturen Widerstand bietet, ist willkommen! Je länger die Elben gegen das Finstere bestehen, umso besser.« Seine Augen richteten sich auf Gandogar. »Du bist jung und ungestüm, König der Vierten. Du hast zwei Blutsverwandte durch die Elben verloren, daher sehe ich dir diesen unsinnigen Kriegsvorschlag nach. Aber die anderen, die so bereitwillig in den Ruf einstimmen, sind Narren. Von euch müsste das Umgekehrte zu hören sein.« Gundrabur schaute sie der Reihe nach an. »Wir müssen die alte Feindschaft vergessen. Ein Bündnis, das ist es, was wir brauchen und was ich will! Alle zusammen, die letzten Elben Âlandurs, die sieben Menschenreiche, die sechs Magier und wir Zwerge müssen uns gegen das Tote Land stemmen. Bedenkt …«

Der Stiel des Hammers löste sich aus seinem Griff und prallte auf die Bodenplatte; dort, wo er aufschlug, platzte der Stein weg. Gundrabur wankte, sank ächzend auf seinen Sitz und atmete schwer.

Balendilín wies die Zwerge an, sich in die Unterkünfte zu begeben und auf weitere Kunde zu warten. »Sobald sich der Großkönig erholt hat, beraten wir weiter«, verkündete er.

Die Abordnungen der vielen Clans verließen schweigend die Halle. Die Worte ihres Herrschers hatten sie zum Nachdenken gebracht.

Bislipur warf einen abschätzenden Blick auf den keuchenden Gundrabur. »Er wird nicht mehr lange leben«, sagte er im Hinausgehen leise zu seinem Schützling. »Wenn seine Stimme für immer versiegt, wird es dir ein Leichtes sein, die anderen Clans auf deine Seite zu ziehen. Sie wären dir jetzt schon gefolgt.«

Der designierte Thronfolger antwortete ihm nicht.

Das Geborgene Land, das Zauberreich Ionandar im Jahr des 6234sten Sonnenzyklus, Frühling

Jolosin rannte durch die Stollen, und Tungdil folgte ihm, so gut es die kurzen Beine ihm erlaubten. Sie kamen an zahlreichen Eichentüren vorüber, hinter denen die Famuli hockten und ihre Lektionen von den fortgeschritteneren Schülern erhielten. Lot-Ionan unterrichtete nur vier der Famuli persönlich; einer von ihnen würde eines Tages seine Schule, seine Stollen und sein Zauberreich übernehmen.