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»Ihr Barbaren, die ihr euch Adelige schimpft«, schnappte Toda. »Was ich brauche, um die Ehre meiner Familie wiederherzustellen, sind eure Schwerter, nicht euer Gelächter. Da steht ihr nun, ein Haufen saft- und kraftloser Memmen, ein albernes Grinsen auf dem Gesicht, während der schurkische Kastilianer Fernan Gonzalez sich mit dem Thronräuber verbündet, um meinem Sohn sein ererbtes Recht auf den Thron von Leon zu rauben. Ich weigere mich, diese Situation noch länger zu ertragen.«

Nachdem sie die Ehre seiner Männer dergestalt besudelt hatte, konnte Rodrigo de Estella, Anführer der kläglichen Streitkräfte des winzigen Fürstentums Navarra, nicht mehr länger an sich halten.

»Bei allem Respekt, Eure Majestät, nicht ohne Grund hat man Eurem Enkelsohn den Thron genommen. Seine überstürzte, um nicht zu sagen willkürliche Entscheidung, die Zahlung des jährlichen Tributs zurückzuhalten, die dem Kalifen nach den Bestimmungen des Vertrags zusteht, den einst dessen Unterhändler Da'ud ibn Yatom ausgehandelt hat, hat das ehemalige Königreich Eures Enkels der Gefahr erneuter Angriffe durch die maurischen Horden ausgesetzt. Doch Leon ist nicht in der Lage, derlei Angriffen standzuhalten, weil seine Kräfte aufgezehrt werden durch die ständigen Streitereien mit seinem ungebärdigen Vasallen, dem Fürstentum Kastilien.«

»Alles Geschwätz!« rief sie und wischte das Argument des Befehlshabers mit einer wütenden Armbewegung beiseite. »Abd ar-Rahman ist viel zu sehr mit den Fatimiden in Algerien beschäftigt, als daß er sich um uns kümmern könnte.«

»Die Männer des Thronräubers wären da nicht Eurer Meinung. Sie behaupten, der Kalif hielte stets eine Garnison Soldaten in Reserve, die jederzeit bereit sind, Leon anzugreifen. Einige stellen sogar in Frage, ob Sancho bei klarem Verstand war, als er den Kalifen so offen provozierte. Und auch die Gemäßigteren zögern, das Schicksal von Leon einem jungen Herrscher anzuvertrauen, dessen körperliche und geistige Gesundheit …« Der Krieger mit dem wettergegerbten Gesicht hielt einen Augenblick inne, ehe er unverblümt die für alle offensichtliche Wahrheit aussprach: »… ihn außerstande setzt, die Geschicke des Landes zu lenken.«

»Ja, nun«, murmelte Toda mißmutig, zog sich mit einer herrischen Bewegung den schweren Silbergürtel zurecht, der ihren Umhang zusammenhielt. »Kommt«, sagte sie und führte Don Rodrigo ein Stück von den anderen Adeligen weg. »Machen wir einen kleinen Spaziergang und besprechen wir die Sache unter vier Augen.« Während sie unter den luftigen Buchen einherschritten, packte Toda die Angelegenheit mit eiskalter Klarheit an. »Also, Don Rodrigo, wir stehen vor zwei Problemen. Erstens: Sancho muß wieder gesund werden, um das Vertrauen und die Treue seiner Untertanen für sich zu gewinnen. Zweitens: wir müssen eine militärische Streitmacht aufbieten, die stark genug ist, den Thronräuber und die kastilischen Rebellen in die Knie zu zwingen und Sancho bei seiner rechtmäßigen Thronbesteigung verteidigen zu können. Welche Vorschläge habt Ihr zur Lösung dieser Fragen vorzubringen?«

»Nicht die Lösungen, die Ihr Euch wünschen würdet, Madam.«

»Erklärt Euch, Don Rodrigo. Ich bin es nicht gewohnt, Euch in Rätseln sprechen zu hören. Als Militär seid Ihr gewöhnlich offener.«

»Nun gut, Eure Majestät. Wie Ihr wißt, gibt es in der ganzen Christenheit keinen einzigen Arzt, der Sancho heilen könnte.«

»Weiter«, fuhr Toda ungeduldig dazwischen, ärgerlich über die müßige Wiederholung einer derart offensichtlichen Tatsache.

»Die Toleranz und Großzügigkeit der Omaijaden-Herrscher hat die größten medici unserer Zeit an den reichen Hof von Córdoba gelockt. Dort ist die beste medizinische Versorgung zu finden.«

»Schlagt Ihr mir etwa vor, ich solle mich bei meinem Erzfeind, dem moslemischen Kalifen, einschmeicheln?«

»Offen gestanden, Majestät, ja, genau das schlage ich vor. Vor nicht zu langer Zeit habt Ihr erklärt, daß Ihr entschlossen seid, Sancho wieder auf den Thron zu verhelfen, der ihm rechtmäßig zusteht, koste es, was es wolle. Ein Teil des Preises, den Ihr zahlen müßt, ist die Bitte, die Ärzte des Kalifen mögen den jungen Sancho heilen.«

»Und ich soll ihn meinen Feinden ausliefern? Don Rodrigo, habt Ihr völlig den Verstand verloren?«

»Nein, Madam, im Gegenteil. Ich habe die Situation von allen möglichen Blickwinkeln aus betrachtet, seit man Sancho abgesetzt hat. Meiner Meinung nach gibt es keine andere Lösung, wie wenig sie Euch auch behagen mag.«

»Sie kommt überhaupt nicht in Frage. Ich werde mich niemals mit der Bitte um Hilfe an Abd ar-Rahman wenden!«

»Bei allem Respekt, Madam, Sanchos eigene Untertanen, sowohl in Leon als auch in Kastilien, sind kaum eine geringere Gefahr für ihn als der Kalif. Zumindest verlangt der Maure nur Tribut, während die Rebellen den Thron wollen.«

Angesichts dieser unbestechlichen Logik konnte Toda nur noch schweigen. Nachdenklich geworden, machte sie auf dem Absatz kehrt und begab sich zur Lichtung zurück. Dort weckte sie Sancho aus dem Schlaf, sprang dann trotz ihres massiven Körperbaus mit großer Leichtigkeit in den Sattel und brüllte ihre Befehle: »Nach Pamplona, und helft Seiner Majestät in den Sattel.« Zu Rodrigo, der neben ihr ritt, sagte sie: »Ich denke darüber nach.« Dann trieb sie ihr Pferd mit den Sporen zu einem wilden Galopp an und ritt zurück in die Sicherheit ihrer finsteren grauen Festung.

»Was haltet Ihr von diesem Schreiben?« fragte Abd ar-Rahman Da'ud und reichte ihm den Brief, den er von Toda, der verwitweten Königin von Navarra, der wirklichen Macht hinter dem Thron ihres Sohnes, erhalten hatte.

»Eine äußerst ungewöhnlich Bitte«, erwiderte Da'ud vorsichtig.

»Wahrlich, vor allem von diesem furchteinflößenden alten Schlachtroß. Doch ist es auch eine unverhoffte Möglichkeit, meinen Einfluß im Norden zu stärken. Das petit mal«, murmelte er, als er sich mit gekreuzten Beinen auf den goldenen Kissen niederließ, faltete die Hände zufrieden im Schoß und richtete einen durchdringenden Blick auf seinen gelehrten jüdischen Arzt.

»Wie bei jeder anderen Krankheit hängt viel von der Schwere des Falles und vom allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten ab. Es gibt gewisse Heilmittel, aber ihre Wirkung ist von einem Menschen zum anderen unterschiedlich. Ehe ich Sancho nicht persönlich gesehen habe, kann ich mir keine Meinung bilden.«

»Seine Fettleibigkeit ist allgemein bekannt. Wie ich höre, ist er der Spott des gesamten nordspanischen Adels.«

»Das kann eine zusätzliche Komplikation seiner Krankheit bedeuten und die Behandlung in die Länge ziehen.«

»Mir gefällt der Gedanke nicht, daß Ihr auf unbestimmte Zeit vom Hof von Córdoba abwesend seid. Eure Treue und Eure guten Ratschläge sind für meinen Seelenfrieden unverzichtbar geworden.«

»Ich kann mir kaum vorstellen, daß Toda damit einverstanden wäre, Sancho längere Zeit in ›Feindeshand‹ zu lassen, wenn sie es überhaupt erlaubt.«

»Ihr müßt sie von unserer Vertrauenswürdigkeit überzeugen.«