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»Aber natürlich werden wir miteinander auskommen. Sie wird wie eine ältere Schwester für mich sein. O, wie glücklich ich bin, wie ungeheuer glücklich! Ich möchte singen und tanzen und meine Freude in die ganze Welt hinausrufen!«

In einer spontanen Regung wirbelte sie herum und warf ihm die Arme um den Hals, und ihre Begeisterung riß ihn mit. Er hatte keine andere Wahl, er mußte sie einfach umarmen, wenn auch sein Gebaren eher onkelhaft als leidenschaftlich war. Aber dann erinnerte er sich der Rolle, die er spielen mußte, und erwiderte ihren Kuß mit einer Sinnlichkeit, die ein wenig dringlicher als die ihre war. Erwartungsvolle Spannung schwebte zwischen ihnen, als sie voneinander ließen und Djamila in ihr Klassenzimmer und Da'ud zu seinem Herrscher zurückkehrte.

Da Ya'kubs Kräfte von Tag zu Tag schwanden, konnte man nicht daran denken, die Eheschließung von Da'ud ben Ya'kub ibn Yatom mit Djamila, Tochter des Bahya ibn Kashkil, mit einem großen Fest zu begehen. Die religiöse Feier fand bei Sonnenuntergang im Innenhof von Ya'kubs Haus statt, und nur die engste Familie war anwesend. Während man Wein und leichte Erfrischungen reichte, nahm Ya'kub all seine Kraft zusammen, um Djamila im Hause der Ibn Yatom willkommen zu heißen, und kurz darauf verabschiedeten sich Da'ud, Sari und Djamila. Gemächlich spazierten sie durch die laue Nacht den kurzen Weg nach Hause, Djamila fröhlich und sorglos, Sari seltsam heiter, Da'ud kaum in der Lage, sein tiefes Unbehagen zu verbergen. Seit dem Morgen hatte er sich den Augenblick vorgestellt, wenn Sari sich allein zurückziehen würde, während er Djamila in das zweite Geschoß folgen würde, das er für sie hatte anbauen lassen, um die Intimsphäre seiner ersten Frau zu schützen. Sich von Sari zu trennen, das würde seine Seele zerreißen. Der Gedanke bedrückte ihn so ungeheuerlich, daß er alle anderen Erwägungen aus seinem Kopf verdrängte.

»Ich habe die Angewohnheit, vor dem Zubettgehen noch eine Weile draußen zu sitzen«, teilte er seiner Neuvermählten kühl mit, als sie zu dritt zögernd in dem mondbeschienenen Innenhof standen.

»Dann gehe ich hinauf und mache mich bereit«, antwortete Djamila mit der ihr eigenen Offenheit und eilte, zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinauf. Unglaublich erleichtert, zog Da'ud Sari neben sich auf die alte Steinbank, wie er das in der Vergangenheit so oft gemacht hatte. Ihre Finger mit den seinen verschlungen, flüsterte er: »Ich werde dich heute nacht noch mehr lieben als je zuvor, seit ich dich zum erstenmal gesehen habe, denn im Geiste wirst du es sein, mit der ich mich vereinige.«

Sari nahm seine Worte mit einem langsamen, traurigen Nicken hin. So saßen sie in vertrauter Gemeinschaft einen langen, stillen Augenblick da. Dann stand Da'ud auf und ging zu seiner Braut, die ihn erwartete.

Sari zog sich rasch aus und legte sich auf das Bett, das sie und Da'ud bisher immer geteilt hatten. Instinktiv schob sie die Hand neben sich, auf Da'uds Platz, aber der war kalt und leer, keine Hand wartete auf die ihre, um sie zu ergreifen. Erst jetzt drang ihr die Wirklichkeit dessen, was geschehen war, ins innerste Herz, und es war ihr ein so bitterer Schmerz, daß ihr die Tränen in die Augen schossen. Die verzweifelte Sehnsucht nach seiner Anwesenheit, das dringende Bedürfnis, ihn neben sich zu spüren, die Intimität zu fühlen, die zwischen ihnen erwachsen war, war das die Liebe? In ihr zerriß etwas und entfesselte einen Sturm der Schluchzer und Tränen, der aus den tiefsten Tiefen ihrer verletzten Seele strömte.

17

Die Begierde loderte in dem Augenblick auf, als Da'ud und Djamila einander berührten. Djamila reagierte voller Leidenschaft auf die verfeinerte Liebeskunst, die Da'ud meisterlich beherrschte. Ihr großgewachsener, starker Körper mit den wohlgerundeten Brüsten und den dunklen Brustwarzen bewegte sich entspannt und geschmeidig unter seinen geschickten Händen. So heftig reagierte sie auf Da'ud, daß ihm alle Sinne wirbelten, daß die Umrisse der Frau verschwammen, die er besaß. Als sie spürte, wie er kraftvoll seinem Höhepunkt entgegenstrebte, spannte auch sie sich an und schnellte ihm entgegen, gesellte sich in vollkommener Vereinigung zu ihm. Sie war hingerissen. Großer Friede senkte sich über Da'ud, als er endlich zur Ruhe kam, ein Friede der körperlichen Erfüllung und Befriedigung, ein Friede der Erleichterung, genau das erreicht zu haben, was er sich vorgenommen hatte. Ihm hätte es genügt, sich von diesem Gefühl in einen sinnenschweren Schlummer einlullen zu lassen, doch Djamila war noch ruhelos vor Begierde, und er nahm sie erneut, und dann noch einmal. Erschöpft fiel er gegen Morgen in traumlosen Schlaf.

Erst als er erwachte und ihre kräftige dunkle Gestalt neben sich ausgestreckt sah, überkam ihn tiefste Scham. Er fand kein Vergnügen am Anblick ihres schweren Bauernkörpers, verspürte nicht das Verlangen, seine innersten Gedanken und Gefühle mit ihr zu teilen, auch nicht den Wunsch, sie ständig an seiner Seite zu haben. Die ungeheure Befriedigung, die sie aneinander gefunden hatten, war nur auf die Vereinigung ihrer Körper zurückgegangen, nicht auf eine Verschmelzung der Seelen. Würde er ein Kind lieben können, das aus einer so lieblosen Tat geboren wurde? fragte er sich, als er leise aufstand und die Treppe zum morgendämmerigen Innenhof hinunterging. Er sehnte sich danach, seine wirkliche Frau Sari zu besuchen und ihr seine ewige Liebe zu beteuern, aber er hielt sich zurück, um sie nicht unabsichtlich zu verletzen.

Warum war es ihm nicht vergönnt, mit der einzigen Frau in seinem Leben eine geistige und seelische und körperliche Einheit zu erreichen? haderte er mit seinem Gott, mit seinem Schicksal, während er rasch durch die morgendlich stillen Straßen wanderte.

Wie es seine Gewohnheit war, betrat er den Palast durch den etwas abseits gelegenen Eingang zur Bibliothek und begab sich diskret zum Arbeitszimmer al-Hakams, um dort sein tägliches Gespräch mit ihm zu führen.

»Ihr seht heute morgen außerordentlich wohl aus, mein gelehrter Freund, erfrischter und entspannter, als ich Euch je gesehen habe«, grüßte ihn der Kalif, legte das uralte Manuskript zur Seite, das er gerade studierte, und musterte seinen jüdischen Höfling genauer. »Eine Frau, nehme ich an«, lächelte er.

Mit einem kleinen Nicken stimmte Da'ud zu, gab aber keine weitere Erklärung.

»Ich freue mich, Euch bei so guter Laune zu finden«, meinte al-Hakam. »Ich hoffe, sie noch weiter zu verbessern, indem ich einen Gedanken fortführe, von dem wir bereits gesprochen haben. Ihr seid so begierig auf Wissen wie ich selbst, ganz gleich, aus welcher Quelle es auch kommen mag, und Ihr müßt folglich meinen Ehrgeiz teilen, unsere Stadt Córdoba mit einer Bibliothek ausgestattet zu sehen, die so reich und vielfältig sein soll wie das menschliche Streben selbst. Ich stelle sie mir als ein Schatzhaus des Wissens vor, das die Gelehrten von nah und fern anziehen wird und so meine Sehnsucht stillt, den weit verbreiteten Gedanken auszumerzen, daß wir nichts als eine Rasse von Kameltreibern und Eidechsenfressern sind, deren einzige Vergnügung das Schwingen des Krummschwertes ist. Unsere Sammlung religiöser, historischer und biographischer Schriften muß neben Werken unserer eigenen antiken arabischen Gelehrten noch durch Werke ergänzt werden, die von den Persern und Griechen verfaßt wurden. Wir sind zum Beispiel schlecht ausgestattet mit Büchern über Astronomie, Mathematik und Medizin. Als einen der größten Gelehrten in ganz al-Andalus halte ich Euch für den würdigsten unter meinen Höflingen, um diese edle Aufgabe auszuführen. Ich ermächtige Euch also, Sendboten in alle Winde auszuschicken, um dort in meinem Namen die Werke zu finden und zu erwerben, die Ihr für wert erachtet, einen Platz in unserer großen Bibliothek des Kalifen zu finden.«