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Und ich denk, na, das ist dann wohl wirklich mal was Festes, wenn sie immer noch so von dem schwärmt, und sag bloß so,»na, haste mir ja letztens schon erzählt«, und da sagt die doch:»Ach, Quatsch, Sonja, der doch nich mehr! Dat war doch nix. Aber der hier, der sagt, der liebt mir wirklich. Aber davor hatt ick noch n andern, der war uch nich verkehrt, bis uff dat er immerzu mit mir int Bett wollt, dat wurd mir denn zu viel, ick mein, man is ja uch kaputt von dat Rumstehn hier den ganzen Tach …«

Solche Sorgen hatte ich ja nun nicht. Eigentlich wollte ich gar nichts» Festes«, oder na doch, schon, aber ich hatte auch immer Angst um meine sogenannte Freiheit, ich wollte mich nicht einengen lassen, jedenfalls nicht so früh. Eigentlich fand ich das klasse, alleine zu sein. Die Jungs, die ich hatte, die man so kennenlernte auf Disco, das hielt ja immer alles bloß von zwölf bis Mittag, wirklich gewollt hab ich keinen von denen, und mehr als Händchenhalten und n bisschen rumknutschen war da ja auch nicht. Und das war mir dann schon zu viel, wenn die dann ständig ankamen bei mir zu Hause oder später manche auch im Laden, da fand ich die alle doof.

Einmal hatt ich einen kennengelernt, in Anklam, in der MELODIE, der hatte nen weißen Anzug an, und meine Freundin wurd vor Neid grün und gelb, als der mich dann zum Tanzen aufforderte.»Mensch, Sonja, du kannst ein Glück haben«, sagte die nachher. Ich glaub, bloß deswegen hab ich dem dann gesagt, wo ich arbeite, ich dachte doch nicht, dass ich den noch mal wiederseh. Aber der ist dann tatsächlich zu mir in den Laden gekommen, ich war grade hinten und hörte bloß, wie einer fragte:»Ist Fräulein Sonja da?«

Fräulein Sonja! ich dacht, ich werd nicht wieder, und meine Chefin rief denn auch,»Sonja!«, und da stand er dann in seinem weißen Anzug und fragte, ob wir mal ins Kino gehen wollen. Da wollt ich schon nicht mehr, aber ich hab ja gesagt. Und meine Chefin hat sich richtig für mich gefreut. Und dann kam der Tag mit dem Kino und ich also hin, und ich sah ihn schon von weitem davor warten, und wieder in diesem unmöglichen weißen Anzug, und mir wurd heiß und kalt zugleich, und jeder Schritt fiel mir schwerer, meine Füße das reinste Blei, als wenn ich zum Schafott müsste. Plötzlich war mir alles egal. Ich drehte mich aufm Hacken um und bin weggerannt, war mir scheißegal, was der von mir dachte. Aber der kam mir ja noch hinterher.

«Sonja«, hat er gerufen,»bleib doch mal stehen!«

Aber ich blieb nicht stehen, hab mich bloß umgedreht und geschrien:»Geh weg!«Ich war wütend, richtig fuchtig war ich. Was die Leute wohl gedacht haben!

Aber das war immer so: Sobald ich einen hatte, wollt ich den auch wieder loswerden. Wenn ich Romy das erzähl, findet die das unmöglich, wie ich denn bloß so herzlos sein konnte. Besonders, als ich meinen beiden Freundinnen hinternander die Freunde ausgespannt hab, obwohl mir gar nix an denen lag, der eine war sogar richtig häßlich. Aber ich hatte gemerkt, dass ich Schlag bei denen hab, und das hab ich dann einfach ausgenutzt, ich hätt ja selber nicht gedacht, dass das so leicht geht. Ich hatte dann auch kein schlechtes Gewissen, ich hab gedacht, wenn die sich so schnell ablenken lassen, dann taugen die sowieso nix. Ich glaub, ich kam mir noch geradezu edel dabei vor, dass ich den beiden nun gezeigt hätte, was ihre Dämlacks von Freunde wert sind. Aber das gab natürlich Knatsch. Da war denn erst mal Funkstille zwischen uns, ziemlich lange, das war meine Strafe, und da hab ich erst mal überlegt, ob ich da nun vielleicht doch n bisschen zu weit gegangen war.

Das renkte sich dann zwar wieder ein nach ner Weile, aber die halten mir das heute noch vor, besonders Rosi, ich glaub, die hat den wirklich geliebt, den Häßlichen, ich wusste gar nicht mehr, wie der hieß, bis sie mal gesagt hat:»Aber dat mit Detlef damals, nee, Sonja, dat war nich schön …«

Detlef! Genau. Das ganze Gesicht voller Pickel, und dann noch diese dicke Brille, ich glaub, der hat auch geschielt. Der war dann richtig traurig, als ich ihm gesagt hab,»du, ich glaub, das geht doch nicht so mit uns«.

«Wieso nicht?«, hat er gefragt,»wieso denn nicht?«, immer wieder, und ich sollt ihm doch den Grund sagen. Aber das konnte ich ihm doch nun auch nicht antun. Da hab ich dann gesagt, ich hab n andern.

«Wen denn?«, hat er dann noch wissen wollen, das war vielleicht ne Klette.

«Kennst du nicht«, hab ich gesagt.

Kurz dadrauf hab ich dann wirklich Friedhelm kennengelernt, und das war gleich was ganz andres. Der war der Erste, der saubere Fingernägel hatte, das ist mir gleich aufgefallen. Bei den andern waren die ja öfter so schwarz, als hätten sie Mutters Garten damit umgewühlt, nee, das konnt ich überhaupt nicht ab. Wenn einer dreckige Fingernägel hatte, den hab ich gleich wieder abgestoßen.

Und jetzt: Kommen diese jungen Mädchen zu mir und erzählen mir von ihren Jungs-Erlebnissen.»Frau Plötz, wir müssen Ihnen ma wat erzählen …«Und dann kommt irgendeine Kleinigkeit, der hat mich angeguckt, mit dem war ick drei Tage zusammen, mit dem davor aber fast zwei Wochen, und zu Anfang hab ich immer drauf gewartet, dass die mal zum Punkt kommen, ich dachte, das muss ja nun wunder was Wichtiges sein, wenn sie dir das schon erzählen. Bloß da kam nix weiter, das wars. Aber war man nicht früher genauso? Ich hab meiner Oma das alles erzählt, die war immer auf dem Laufenden mit meinen ganzen Liebesgeschichten, na, so viele waren das ja nicht. Die hat auch richtig mitgefiebert und blieb so lange wach, bis ich von der Disco kam, und dann musst ich ihr alles brühwarm erzählen. Ich glaub, ich hätt sonst gar nicht gewusst, wohin. Meine Freundinnen hatten mit sich selber zu tun.

Ich glaub auch, die Mädchen, die erwarten gar nicht, dass ich da großartig was zu sag, nur zuerst hab ich mir da immer n Kopp drum gemacht und gedacht, dass die mir vielleicht was ganz andres sagen wollen, wirkliche Probleme, und sich nun bloß nicht trauen, und dann hab ich mir Vorwürfe gemacht, dass ich die nicht versteh und so, und hab das alles Romy vorgekaut, bis die gesagt hat:»Mensch, Mama, das sind doch nicht deine Kinder!«

Na, da hatte sie ja was gesagt! Da hatte ich denn ja erstn schlechtes Gewissen. Ich hab gedacht, wenn Romy nun was hat, und ich merk das nicht, weil ich bloß noch mit meinen Jugendlichen zu tun hab.

«Romy, du sagst mir doch, wenn was is, ne?«, hab ich da schnell gesagt, und sie:»Was denn?«

Und dabei hat sie mich so misstrauisch angeguckt, dass ich gedacht hab, mein Kind hat wirklich ein Problem und sagt mir das bloß nicht.

«Romy, du weißt doch, dass du mit mir über alles reden kannst, oder?«

Da hat sie denn bloß mit den Augen gerollt, aber ich hab nicht lockergelassen.»Romy!«

«Ja doch!«Und dann ist sie einfach aufgestanden und in ihr Zimmer, das war ja nicht zum Aushalten.

«Romy, bitte!«, hab ich ihr hinterhergerufen, und dann ist sie tatsächlich zurückgekommen, hat mich ganz ernst angeguckt und gesagt:»Sag ma, Mama, hast du irgendein Problem heute?«

Einmal gabs aber wirklich ne schwierige Situation, da kam Jacqueline Bölschow zu mir und fragte, ob sie nachher, wenn die andern weg sind, mal mit mir reden könnte. Da war ich erst mal schon von den Socken, weil die doch sonst immer die große Klappe hatte und sich von mir gar nix sagen ließ. Sie hat sich dann auch bis zum Schluss da rumgedrückt, und ich hab gefragt:»Na, Jacqueline, worum gehts denn?«, und sie hat gesagt:»Um meine Freundin.«

«Welche denn?«, wollt ich wissen, aber da sagt sie, das darf sie nicht sagen. Das kam mir schon komisch vor. Aber bis ich ihr dann alles aus der Nase gezogen hatte, das dauerte noch ne Weile, so hatte ich die noch nie erlebt. Jedenfalls, ihre Freundin hätte das erste Mal mit einem Jungen geschlafen und nun panische Angst, dass sie schwanger sein könnte.