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Nu hattet ihr bloß noch die Kühe, aber die haben sie euch gelassen, von irgendwas musstet ihr ja leben, obwohl die auch schon alt waren und nich mehr viel gegeben haben. Wir hatten auch noch drei Stück. Und denn fing das wieder mitte Milchkontrollen an. Alle vier Wochen, und das hat sich doch gar nich gelohnt bei unsre paar Viecher. Das bisschen, was wir zur Molkerei bringen konnten, und das hatte denn immer nich genug Fett, und denn haben sie wieder das Soll raufgesetzt, dieser ganze Quatsch. Und die Abendmilch, die blieb ja über Nacht da stehen inne Kannen, na, und wenn denn da morgens die Sahne drauf fehlte, das gab immer ein Theater, da hat denn jeder jeden schief angeguckt. Mit der Zeit haben sie das aber rausgekriegt, wer die Sahne klaut, und denn haben sie da so eine Leine hingespannt und dadran die Schöppkellen vonne Sahneklauer mit Name und Adresse dran aufgehängt, und der Haase war auch dabei, Martha ihr Fritz, der hatte die Sahne an sone verwöhnte Cousine von Marthas Mutter inne Stadt verhökert.

Aber das war ja noch gar nix gegen die Überfälle, wenn sie die Molkerei ausgeraubt haben, zwei- oder dreimal is das passiert, dass da eingebrochen wurde und morgens am hellichten Tag die Bauern verkloppt wurden, wenn sie grad die Milch brachten, und einem haben sie sogar sein Pferd geklaut, und keiner wusst, wers war, irgendsolche Dahergelaufenen, die waren doch nich aussem Dorf. Und hat sich ja auch erst keiner richtig aufs Feld getraut, besonders die Frauen nich, wegen diese ganzen Rumlungerer und auch wegen die Soldaten. Nich mal du bist alleine gegangen, Anna, du hast dir auch immer paar von deine Flüchtlinge mitgenommen, bis Theo wieder da war und später dein Vater. Der is wiedergekommen, wo nu schon keiner mehr mit gerechnet hatte, das war ja schon bald an Fuffzig ran. Und wie er das überhaupt geschafft hatte, er konnt doch erst gar nich richtig vorwärtskommen mit sein offenes Bein. Aber denn hat er sich doch noch mal aufgerappelt, und das Zähe, Anna, ich glaub, das hattst du von ihm.

Da hätt dein Theo sich nu eine Scheibe von abschneiden können, aber denn hatte er nix Besseres zu tun, als deinem Vater sein Land abzuschwatzen, was er ja aber nich geschafft hat, und das lag ihm schwer im Magen. Wie das anfing mit der LPG, da hat er deinem Vater egaleweg damit inne Ohren gelegen, ob er nu nich auch sein Land abgeben will, aber der wollt nich, dein Vater. Da war er stur, obwohl er sich ja denken konnt, dass das Ärger geben würd, woanders war Mord und Totschlag dadrum, na, was man so gehört hat, da konnt einem angst und bange werden. Wie sie das nu den Leuten beibringen wollten, dass sie ihnen den lütten Zippel vonne Wurst, den sie gekriegt hatten, nu gleich wieder wegnehmen wollten. Ich mein, wir haben das denn ja auch gemacht, was sollten wir mit das Stück Acker, Simon hatte ja auch ein ganz gutes Gehalt als Tierarzt, bloß dem ollen Schorschki wurd das bisschen schwer, dass das nu nich mehr ihm gehörte, da hatte er ja immer viel Wert drauf gelegt, auf sein Eigentum, aber was wollten wir uns da Scherereien machen lassen wegen nix und wieder nix. Aber wie das losging, da wurd uns erst klar, was das für welche waren, die wir da gewählt hatten sechsundvierzig, das konnt ja nachher gar keiner mehr verstehen, dass wir da alle SED gewählt hatten, und ich weiß auch gar nich mehr, wieso. Aber ich glaub, das hing auch damit zusammen, dass die gesagt hatten, sie wollen die Ostgebiete nich abtreten, und da dachten ja nu die Flüchtlinge, sie würden denn wieder zurückkönnen, und wir haben das auch gedacht, dass wir denn wieder unsre Ruhe hätten. Na, Schiete-baubau. Schön behumpst haben sie uns da. Denn durft man ja nich mal mehr ›Pommern‹ sagen oder ›Vorpommern‹, das war richtig verboten. Ich weiß noch, wie ich grad Hartmut gekriegt hatte, dass Simon in die Stube kam und sagte:»So, nu wohnen wir in Mecklenburg, Bezirk Neubrandenburg.«

Ja, aber das war eigentlich ein gutes Jahr, zweiundfünfzig, für uns beide, Anna. Wo wir nu beide mit unsre dicken Bäuche rumgelaufen sind, und oft auch zusammen, und manchmal bloß so, zum Spazieren, da waren wir viel zusammen, da kann ich mich noch gut dran erinnern. Das war noch mal fast wie früher, wenn wir uns anne Hände gefasst hatten und immer die Dorfstraße rauf und runter sind und geschnattert und geschnattert haben. Wo sie uns» Annamaria «genannt haben. Und da hatt ich so das Gefühl, dass nu vielleicht ein schönes Leben losgehen würd, dass wir uns nu irgendwie, na — einiger wären oder so, wo du nu auch bald eine eigne Familie haben würdst, ein eignes Kind, das wurd ja auch Zeit bei dir, fünf Jahre verheiratet und noch kein Kind, da gab das schon Gerede drüber. Und ich wusst bei mir auch irgendwie, irgendwie hab ich das gewusst, dass das nu endlich ein Junge werden würd, dass Simon nu zufrieden wär und vielleicht bisschen Ruhe geben würd, und das klappte denn ja auch. Und bei dir hab ich das auch gedacht, dass du einen Jungen kriegen würdest, und das wär vielleicht auch besser gewesen. Das hätt denn ja ein Spielkamerad für Hartmut werden können, das hatt ich mir so ausgemalt. Denn hätt er später vielleicht nich diesen Roland, was dem Bürgermeister sein Sohn war, so anne Hacken geklebt. Aber wie ich denn mit meinem lütten Hartmut zu dir kam und dein Mädchen sah, hab ich so bei mir gedacht, na, wer weiß, vielleicht kriegen die sich mal. Da bin ich denn aber bald von abgekommen. Kann einer sagen, was er will, aber deine Ingrid, die war schon als Kind komisch. Und immer nur bei Petern an Rockzippel. Kein Wunder, dass die Leute da nachher solche Sachen gemunkelt haben.