Für die Kinder war das nu zum Glück nich so schlimm, auch wenn das nich gut war, dass da nu kein Vater mehr im Haus war, aber Ingrid war noch zu lütt, um das mitzukriegen, die war ja noch kein Jahr alt, und Peter, na, ich sag mal, besonders traurig war er da wohl nich drum. Dass sein sogenannter Vater jetzt weg war, zu dem er ja nie ›Vater‹ oder ›Papa‹ gesagt hatt, auch wenn Theo ihm das gern angewöhnen wollt. Aber der hat doch genau gemerkt, dass da nix dahinter war. Dass das kein Vater für ihn war. Dass der bloß so angeredet werden wollt, obwohl er ja gar nich richtig sein Vater sein wollt. So einer war das nämlich auch, dein Theo, son kleiner Scheinheiliger, da hatten die Leute schon nich ganz unrecht mit, weil, ich glaub, wenn Peter nu wirklich ›Papa‹ zu ihm gesagt hätt, wär ihm das in Wirklichkeit, ich mein, so insgeheim, so nur für sich — auch wieder nich recht gewesen. Und der Jung hätt einen richtigen Vater gebraucht, wo er nich bloß so Bummel hintenan gewesen wär. Denn wär das mit sein Stottern vielleicht auch besser geworden, er war ja gar nich zu verstehn manchmal, dein Stotter-Peter. Vielleicht warst du da auch bisschen enttäuscht von dein Theo. Vielleicht hast du denn gedacht, du müsstst das nu irgendwie wiedergutmachen. Und Peter hatte das ja gut bei dir. Ich will ja nu nix sagen, aber manchmal dacht ich, dass du mehr an ihm hängst als an dein eignes.
Von Theo hast du nix mehr gehört. Das stand auch in diesem Bescheid drin, dass, wenn du was von ihm hören würdst, dass du das sofort melden solltst. Das hast du natürlich nich gemacht. Nich, dass du was von ihm gehört hättst. Aber gemacht hättst du das sowieso nich. Ich bin denn erst wieder paar Wochen später zu dir hin und wollt dir was aus unsern Garten mitbringen, zuerst hatt ich mich ja gar nich getraut, wie das noch ganz frisch war, ich wusst ja gar nich, in was für ein Zustand ich dich antreffen würd, und Simon hatte auch gesagt, ich soll nich gleich wieder hingehn. Und denn komm ich zu dir und sag denn so:»Mensch, Anna, was willst du denn jetz machen?«Aber ich glaub, das hast du mir irgendwie krummgenommen.
«Tja, was willst du denn jetzt hören, Maria?«, hast du gesagt.»Dass ich mich nu umbring? Oder dass das Leben ja weitergehn muss?«Da könnt ich mir nu was aussuchen.
Ich sag:»Ich mein, was soll denn nu mit das Haus werden?«Denn wie wolltst du das nu machen, das war ja wieder wie im Krieg, wie du ganz alleine warst, deine Flüchtlinge hatten sie schon lange umquartiert, die hatten nu auch alle ihr eignes.
«Na, was soll damit schon werden, mit dem Haus? Das steht ja noch!«, sagst du da so, und da musst ich schon fast wieder lachen. Ja, so warst du. Das Land und das Vieh, hast du gesagt, dass würdest du nu doch alles der LPG» in Rachen werfen«. Dafür würdst du denn aber auch was haben wollen. Da dacht ich erst, na, das schlag dir ma aussem Kopp, hat doch keiner was für gekriegt, im Gegenteil. Aber so blauäugig warst du ja nich.
«Die brauchen eine im Büro«, hast du gesagt.»Hier, aufm MTS-Hof. Und wer soll das denn sonst machen?«
Das stimmte. Da hatt ich gar nich mehr dran gedacht, dass du so was gelernt hattest. Wie ich geheiratet hab, da hattst du grade damit angefangen.»Kann ja nich schaden«, hattst du damals gesagt. Du warst die Einzigste aus unsre Klasse gewesen.
Denn hast du dich bedankt für das Gemüse, du hast dich wirklich gefreut.»Na, das bisschen …«, hab ich bloß gesagt, und du aber:»Trotzdem, Maria!«
Und ich hab dich denn auch nix weiter gefragt, und wie ich denn schon fast wieder am Gehen war, fingst du auf einmal an: Du hättst seine Mutter in Anklam auffe Straße getroffen. Und sie hätt dich erst gar nich erkannt, sie wär nu wohl endgültig wirr im Kopp, aber du hättst sie am Arm festgehalten und gefragt:»Was is mit Theo, Frau März, wo is Theo?«Und sie hätt dich erst gar nich angeguckt, aber du hättst sie einfach festgehalten.
«Und die Leute haben schon komisch geguckt, aber das war mir doch egal«, hast du gesagt.»Ich musst doch was aus ihr rauskriegen, sie musst mir doch was sagen! Aber denn hat sie bloß zu heulen angefangen, und da hab ich sie losgelassen, und sie hat mich beiseitegeschoben und bloß gesagt: ›Weg, weg!‹, und ich wusst nich, wie ich das nu verstehen sollt.«
Und du hast mich angeguckt, als würdst du nu gar nix mehr verstehn.»Aber is auch egal, is doch schnurzpiepegal, was, Maria? Weg is weg.«
Ja, da hattst du wohl recht mit.
DIE GEMEINDE
Füührt Peter denn nu noch ümmer hen nach em
Dat se den blot nich miehr rutlooten
Wo wolln se ihn denn
Na wo süllt hei denn bliewen
Wenn er
Wenn hei mool
Nu wo Anna nich mehr is
Dat wär ja sowieso nich mehr gegangen
Mit son gemeingefährlichen
Son Schwien
Un wat mookt siene Mudder füührt nich eis
Nee-e
Die war doch froh als se ihn
Dei süll em blot mitnäähm nach ehr Irland
Dat Luder
Nach ehr Irrnland wat dat hüürt sich doch all so an wie för
Die hat doch noch nich mal n schlechtes Gewissen hat die doch
nich sonst
Wer sowat fertigkricht