»Des Glasbläsers Katze ist bomstabel«, sagte Mr. Parker laut und deutlich.
»Ich bin entzückt, das zu hören«, antwortete Lord Peter mit freundlichem Grinsen. »Gut geschlafen, altes Haus?«
»Ich - wie?« sagte Mr. Parker. »He - was heißt hier geschlafen? Ich folge gerade einem äußerst wichtigen Gedanken, und jetzt hast du mich rausgebracht. Was war es noch? Katze - Katze - Katze -«
Er dachte angestrengt nach.
»Du hast gesagt: >Des Glasbläsers Katze ist bomstabel<«, erwiderte Peter. »Ein hinreißendes Wort; ich weiß nur nicht, was es heißt.«
»Bomstabel?« meinte Mr. Parker leicht errötend. »Bom - na schön, du magst recht haben - vielleicht war ich wirklich eingenickt. Aber weißt du, mir war, als ob ich eben den Schlüssel zu dem ganzen Problem gefunden hätte. Dieser Satz erschien mir außerordentlich wichtig. Sogar jetzt - nein, wenn ich es mir richtig überlege, scheint mir der Gedankengang doch nicht mehr ganz folgerichtig zu sein. Schade drum. Ich war mir gerade so erleuchtet vorgekommen.«
»Macht ja nichts«, sagte Lord Peter. »Eben erst zurück?«
»Heute nacht übergesetzt. Gibt's was Neues?«
»Jede Menge.«
»Was Gutes dabei?«
»Nein.«
Parkers Blick kehrte zu den Fotos zurück.
»Ich glaub's nicht«, sagte er eigensinnig. »Ich will verflucht sein, wenn ich auch nur ein Wort davon glaube.«
»Ein Wort wovon?«
»Egal wovon.«
»Du wirst es glauben müssen, Charles - bis hierher«, sagte sein Freund sanft, indem er mit energischen kleinen Stopfbewegungen der Finger seine Pfeife mit Tabak füllte. »Ich sag ja nicht« - stopf - »daß Mary« - stopf - »Cathcart erschossen hat« - stopf, stopf - »aber sie hat gelogen« - stopf - »immer und immer wieder« - stopf, stopf - »Sie weiß, wer es war« - stopf - »sie hat damit gerechnet« - stopf - »und jetzt spielt sie krank und lügt, um den Kerl zu decken« - stopf -»und wir müssen sie zum Reden bringen.« Damit riß er ein Streichholz an und setzte mit einer Serie zorniger Paffer die Pfeife in Brand.
»Wenn du glauben kannst«, sagte Mr. Parker, nicht ohne Hitze, »daß diese Frau -« er zeigte auf die Fotos - »etwas mit dem Mord an Cathcart zu tun hat, dann können mir deine Beweise gestohlen bleiben, du - ach, zum Kuckuck. Wimsey, sie ist doch deine eigene Schwester.«
»Und Gerald ist mein Bruder«, sagte Wimsey ruhig. »Du glaubst hoffentlich nicht, daß mir die Geschichte Spaß macht. Aber ich finde, wir kommen sehr viel weiter, wenn wir uns zu beherrschen versuchen.«
»Tut mir furchtbar leid«, sagte Parker. »Ich weiß gar nicht, wieso ich mich so - danebenbenommen habe - nichts für ungut, altes Haus.«
»Das Beste, was wir tun können«, sagte Wimsey, »ist, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen, und wenn sie noch so häßlich ist. Ich gebe gern zu, daß sie mir zeitweise wie ein richtiges Scheusal vorkommt.
Meine Mutter ist am Freitag nach Riddlesdale gekommen. Sie ist schnurstracks nach oben gegangen und hat sich Mary vorgenommen, während ich mich in der Diele herumgedrückt und die Katze geärgert habe und allen auf die Nerven gefallen bin. Du kennst das ja. Kurz darauf kommt der alte Dr. Thorpe. Ich hab mich oben über der Treppe auf die Truhe gesetzt. Wenig später läutet es, und Ellen kommt herauf. Mutter und Thorpe kommen heraus und fangen sie vor Marys Zimmer ab. Sie diskutieren eine ganze Weile herum, und schon kommt meine Mutter mit stampfenden Absätzen und zornig tanzenden Ohrringen den Flur entlanggebraust, Richtung Bad. Ich schleiche hinterher, kann aber nichts sehen, weil sie alle in der Tür stehen, doch dann höre ich meine Mutter sagen: >Na, bitte, was hab ich gesagt?< Darauf Ellen: >Himmel, Euer Gnaden, wer hätte denn das gedacht?< Darauf wieder meine Mutter: >Ich kann nur sagen, wenn ich auf Leute wie euch angewiesen wäre, die aufpassen sollten, daß ich nicht mit Arsen vergiftet werde oder mit diesem anderen Zeug, das so ähnlich heißt wie Anemonen4 - Sie wissen sicher, was ich meine -, womit dieser sehr gutaussehende Mann mit dem lächerlichen Bart seine Frau und seine Schwiegermutter beseitigt hat (die übrigens bei weitem die hübschere von beiden war, armes Ding), dann wäre ich jetzt wohl schon längst von Dr. Spilsbury aufgeschnitten und analysiert - eine schrecklich unangenehme Arbeit muß das sein für den armen Mann, und dann erst die armen Kaninchen.«« Wimsey machte eine Atempause, und Parker mußte trotz seiner Sorgen lachen.
»Die genauen Worte kann ich nicht beschwören«, sagte Wimsey, »aber so was Ähnliches war's - du kennst ja den Redestil meiner Mutter. Der alte Thorpe versuchte würdevoll dreinzublicken, aber Mutter plusterte sich auf wie eine kleine Henne und meinte, indem sie ihn empört beäugte: >Zu meiner
Zeit haben wir so etwas Hysterie und Ungezogenheit genannt. Wir haben uns von jungen Mädchen nicht derart hinters Licht führen lassen. Ich vermute, Sie nennen das jetzt Neurose oder unterdrückte Triebe oder einen Reflex und möchten es am liebsten hegen und pflegen. Sie hätten zugesehen, wie das dumme Kind sich noch wirklich krank gemacht hätte. Ihr seid allesamt einfach zum Lachen und könnt nicht besser auf euch aufpassen als kleine Kinder - wobei es ja genug solch arme kleine Dinger in den Slums gibt, die für die ganze Familie sorgen müssen und dabei mehr Verstand zeigen als ihr alle miteinander. Ich bin sehr böse auf Mary, weil sie sich so aufspielt, und man braucht gar kein Mitleid mit ihr zu haben.< Weißt du«, sagte Wimsey, »ich glaube, oft ist an dem, was eine Mutter sagt, sehr viel Wahres.«
»Ich glaub's dir«, sagte Parker.
»Na ja, ich habe meine Mutter dann beiseite genommen und sie gefragt, was eigentlich los war. Sie sagt, Mary habe ihr nichts über sich oder ihre Krankheit sagen wollen und nur gebeten, in Ruhe gelassen zu werden. Dann kam Thorpe und sprach von einem Nervenschock - sagte, er könne diese Übelkeitsanfälle nicht erklären und verstehe nicht, warum Marys Temperatur immer so auf und ab gehe. Mutter hat sich das angehört und gesagt, er solle doch gleich noch einmal die Temperatur kontrollieren. Was er auch tat, und währenddessen rief sie ihn zu sich zur Kommode. Aber schlau, wie sie ist, beobachtete sie Mary dabei im Spiegel und drehte sich genau in dem Moment um, als Mary dem Thermometer mit der Wärmflasche auf die Sprünge half.«
»Ich werd verrückt!« sagte Parker.
»Das hat Thorpe auch gesagt. Und Mutter hat geantwortet, wer so naiv sei und auf so einen plumpen Trick noch hereinfalle, der solle sich nicht als alter, erfahrener Hausarzt aufspielen. Dann hat sie das Mädchen nach den Übelkeitsanfällen ausgefragt - wann sie aufträten und wie oft, und ob das vor oder nach den Mahlzeiten sei und so weiter, und schließlich kriegte sie heraus, daß es meist kurz nach dem Frühstück sei, gelegentlich auch zu anderen Zeiten. Mutter sagt, sie habe zuerst auch nichts damit anfangen können, denn sie habe schon das ganze Zimmer nach Flaschen und dergleichen durchsucht, aber schließlich habe sie gefragt, wer denn immer das Bett mache; sie dachte nämlich, Mary könne vielleicht etwas unter der Matratze versteckt haben. Ellen sagte, meist mache sie es, während Mary ihr Bad nehme. >Und wann ist das?< fragt meine Mutter. >Kurz vorm Frühstücke, plärrt das Mädchen. >Gott steh euch bei, ihr Einfaltspinsele, sagt meine Mutter. >Warum habt ihr mir das nicht gleich gesagt?< Darauf gingen sie dann alle ins Bad, und da stand friedlich auf dem Regal, zwischen Badesalz, Elliman's Öl, Puder, Zahnbürsten und so weiter die Familienflasche mit Brechwurzelsaft, Ipecacuanha - dreiviertel leer! Mutter sagt -stimmt, das hab ich dir schon erzählt. Übrigens, wie schreibst du Ipecacuanha?«