Untersuchungsrichter: »Haben Sie in dieser Nacht sonst noch etwas gehört?«
Ehrenw. Frederick: »Erst als die arme Mary mich aufgeweckt hat. Da hab ich mich runtergetrollt, und unten im Wintergarten war Denver und wusch Cathcart das Gesicht. Wir dachten, wir sollten mal lieber den ganzen Dreck abwaschen, nicht?«
Untersuchungsrichter: »Haben Sie keinen Schuß gehört?«
Ehrenw. Frederick: »Keinen Ton. Aber ich habe einen ziemlich festen Schlaf.«
Oberst Marchbanks und seine Frau schliefen in einem Zimmer über dem sogenannten Arbeitszimmer - in Wirklichkeit war das eine Art Rauchsalon. Sie berichteten beide gleichlautend über eine Unterhaltung, die sie gegen halb zwölf geführt hatten. Mrs. Marchbanks sei noch aufgewesen und habe ein paar Briefe geschrieben, als der Oberst schon im Bett gewesen sei. Sie hätten Stimmen gehört, und jemand sei herumgerannt, aber sie hätten es nicht weiter beachtet. Es sei nicht ungewöhnlich, daß einzelne Mitglieder der Jagdgesellschaft herumliefen und Krach schlügen. Schließlich habe der Oberst gesagt: »Komm jetzt zu Bett. Es ist schon halb zwölf vorbei, und wir wollen morgen früh raus. Du bist sonst nicht in Form.« Das habe er gesagt, weil Mrs. Marchbanks eine begeisterte Jägerin sei und ihr Gewehr trage wie alle andern. Sie habe geantwortet: »Ich komme ja gleich.« Der Oberst: »Du bist die einzige Sünderin, die das mitternächtliche Öl verbrennt - alle anderen sind längst im Bett.« Mrs. Marchbanks habe darauf geantwortet: »Nein, der Herzog ist auch noch auf; ich höre ihn im Arbeitszimmer herumgehen.« Da habe Oberst Marchbanks gehorcht und es auch gehört. Beide hätten sie den Herzog nicht wieder heraufkommen hören. Während der Nacht hätten sie keinerlei Geräusche vernommen.
Mr. Pettigrew-Robinson schien seine Aussage nur sehr widerwillig zu machen. Er und seine Frau seien um zehn zu Bett gegangen. Sie hätten den Streit mit Cathcart gehört. Mr. Pettigrew-Robinson habe gefürchtet, daß etwas passieren würde, und als er an die Tür gegangen sei, habe er den Herzog gerade noch sagen hören: »Wenn du es noch einmal wagst, mit meiner Schwester zu sprechen, breche ich dir sämtliche Knochen im Leib«, oder jedenfalls Worte dieses Inhalts. Cathcart sei die Treppe hinuntergerannt. Der Herzog sei purpurrot im Gesicht gewesen. Er habe Mr. Pettigrew-Robinson nicht gesehen, wohl aber etwas zu Mr. Arbuthnot gesagt und sei dann in sein Zimmer gestürzt. Mr. Pettigrew-Robinson sei hinausgegangen und habe zu Mr. Arbuthnot gesagt: »Hören Sie mal, Arbuthnot«, und Mr. Arbuthnot habe ihm sehr ungezogen die Tür vor der Nase zugeschlagen. Er sei dann zum Zimmer des Herzogs gegangen und habe gesagt: »Hören Sie mal, Denver.« Der Herzog sei herausgekommen und an ihm vorbeigegangen, ohne ihn zu beachten, und an der Treppe habe er Fleming angewiesen, die Tür zum Wintergarten offen zu lassen, da Mr. Cathcart noch draußen sei. Dann sei der Herzog wieder zurückgekommen. Mr. Pettigrew-Robinson habe versucht, ihn abzufangen, als er vorbeikam, und wieder gesagt: »Hören Sie mal, Denver, was ist denn da los?« Der Herzog habe nicht geantwortet, sondern nur sehr entschieden seine Tür zugemacht. Später aber, genauer gesagt um halb zwölf, habe Mr. Pettigrew-Robinson die Tür zum Zimmer des Herzogs aufgehen und leise Schritte über den Korridor gehen hören. Ob sie nach unten gegangen seien, habe er nicht gehört. Bad und Toilette befänden sich an seinem Ende des Ganges, und wenn dort einer hingegangen wäre, hätte er es wohl gehört. Er habe die Schritte auch nicht zurückkommen hören. Ehe er eingeschlafen sei, habe er seinen Reisewecker noch zwölf schlagen hören. Eine Verwechslung der Zimmertür des Herzogs sei ausgeschlossen, denn sie knarre auf ganz bestimmte Weise.
Mrs. Pettigrew-Robinson bestätigte die Aussage ihres Mannes. Sie sei vor Mitternacht eingeschlafen und habe dann fest geschlafen. Sie schlafe immer sehr fest in den ersten Nachtstunden, dafür aber gegen Morgen sehr leicht. Sie habe sich über die ganze Unruhe im Haus an diesem Abend geärgert, weil sie deswegen nicht habe einschlafen können. Tatsächlich sei sie schon gegen halb elf zum erstenmal eingeschlafen, und Mr. Pettigrew-Robinson habe sie eine Stunde später wecken müssen, um ihr von den Schritten auf dem Flur zu erzählen. Alles in allem habe sie auf diese Weise nur ein paar Stunden gut geschlafen. Gegen zwei Uhr sei sie wieder aufgewacht und dann hellwach geblieben, bis Lady Mary Alarm geschlagen habe. Sie könne mit Sicherheit beschwören, daß sie in dieser Nacht keinen Schuß gehört habe. Ihr Zimmer liege neben dem von Lady Mary, auf der dem Wintergarten abgewandten Seite. Sie sei es von Kindesbeinen an gewöhnt, bei offenem Fenster zu schlafen. Auf eine Frage des Untersuchungsrichters antwortete Mrs. Pettigrew-Robinson, sie habe nie das Gefühl gehabt, daß zwischen Lady Mary und dem Verstorbenen eine echte, wahre Zuneigung bestanden habe. Sie seien sehr frei miteinander umgegangen, aber das sei ja heutzutage modern. Von Meinungsverschiedenheiten habe sie nie etwas gehört.
Miss Lydia Cathcart, die man eilig aus London herbeigeholt hatte, sagte dann über den Verstorbenen aus. Sie erklärte dem Untersuchungsrichter, sie sei die Tante des Hauptmanns und seine einzige noch lebende Verwandte. Sie habe wenig von ihm gesehen, seit er in den Besitz des väterlichen Geldes gekommen sei. Er habe immer bei seinen Freunden in Paris gewohnt, einer Sorte Menschen, von der sie nichts halten könne.
»Mein Bruder und ich hatten uns nie besonders gut verstanden«, sagte Miss Cathcart. »Er hat seinen Sohn im Ausland erziehen lassen, bis er achtzehn war, und ich fürchte, Denis' Ansichten waren immer sehr französisch. Nach dem Tod meines Bruders ist Denis nach Cambridge gegangen, weil sein Vater es so gewünscht hatte. Ich war zur Testamentsvollstreckerin und zu Denis' Vormund bis zu seiner Volljährigkeit ernannt worden. Ich weiß auch nicht, warum mein Bruder, nachdem er sich sein ganzes Leben lang nicht um mich gekümmert hatte, mir bei seinem Tod eine solche Verantwortung aufbürden mußte, aber ablehnen wollte ich auch nicht. Mein Haus stand für Denis während der Semesterferien immer offen, aber er zog es in der Regel vor, zu seinen reichen Freunden zu gehen. Ihre Namen fallen mir jetzt nicht mehr ein. Als Denis einundzwanzig wurde, bekam er zehntausend Pfund jährlich. Ich glaube, es handelte sich um irgendwelche ausländischen Wertpapiere. Als Testamentsvollstreckerin war auch ich mit einer gewissen Zuwendung bedacht worden, aber ich habe sie sofort in gute, gesunde britische Sicherheiten angelegt. Was Denis mit seinem Teil gemacht hat, weiß ich nicht. Es würde mich nicht überraschen, zu hören, daß er beim Kartenspiel betrogen hat. Denn soviel ich gehört habe, waren die Kreise, in denen er in Paris verkehrte, recht zweifelhaft. Kennengelernt habe ich niemand von diesen Leuten. Ich war niemals in Frankreich.«