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»Er hat ein Restaurant in Launceston. Ich war zum Essen dort. Wenn er gerade keine Gäste begrüßen muss, spielt er Gitarre. Und ich habe mir gedacht, wie viel ich doch von diesem Mann lernen könnte! Also habe ich ihn angesprochen, und wir sind uns einig geworden. Narno nimmt kein Geld, aber er braucht für seine Großfamilie mehr Jobs, als sein Restaurant hergibt.«

»Also arbeiten seine Verwandten hier für dich?«

»Ich brauche derzeit niemanden. Aber Stamos hat ständig Bedarf an Arbeitskräften in seinem Hotel in St. Ives, und ich habe festgestellt, dass die Schuldgefühle eines Exmanns ein sehr nützliches Instrument sein können.«

»Ich wusste nicht, dass du überhaupt noch mit Stamos sprichst.«

»Nur wenn es mir dienlich ist. Ansonsten könnte er meinetwegen von der Erdoberfläche verschwinden, und glaub mir, ich würde ihm nicht einmal hinterherwinken. Würdest du das mal ordentlich feststecken? Ich kann knittrige Laken nicht ausstehen.«

Sie kam auf Daidres Seite und führte mit geschickten Handgriffen vor, wie sie die Laken haben wollte. »Hübsch und frisch und bereit«, sagte sie, als sie fertig waren. Dann betrachtete sie Daidre voller Sympathie. Das Licht im Schlafzimmer war gedimmt und ließ Aldara zwanzig Jahre jünger wirken. »Was allerdings nicht heißt, dass es nicht früher oder später noch dazu kommt«, wechselte sie abrupt das Thema. »Ich glaube, Narno ist ein sehr ausdauernder Liebhaber, genau so wie ich sie gern habe.«

»Verstehe.«

»Die Polizei war hier, Daidre.«

»Deswegen bin ich gekommen.«

»Du warst es also. Das habe ich mir schon gedacht.«

»Es tut mir leid, Aldara, aber ich hatte keine Wahl. Sie dachten, ich wäre es gewesen. Sie dachten, Santo und ich…«

»Und da musstest du deinen guten Ruf wahren?«

»Das ist nicht der Grund. War nicht der Grund. Sie müssen herausfinden, was mit ihm passiert ist, und das wird ihnen niemals gelingen, wenn die Menschen nicht endlich anfangen, ihnen die Wahrheit zu sagen.«

»Ja. Ich verstehe, was du meinst. Aber wie oft ist die Wahrheit doch… na ja, unangenehm. Wenn die Wahrheit eines Menschen für einen anderen, der sie gar nicht zu erfahren braucht, einen bösen Schlag bedeutet, muss man sie dann trotzdem aussprechen?«

»Darum geht es hier nicht.«

»Aber es scheint doch, dass niemand der Polizei wirklich alles sagt, was es zu sagen gibt, meinst du nicht? Wenn sie zuerst zu dir gekommen sind statt zu mir, dann heißt das doch sicherlich, dass die kleine Madlyn ihnen nicht alles erzählt hat.«

»Vielleicht war sie zu sehr gedemütigt, Aldara. Ihren Freund mit ihrer Chefin im Bett zu finden… Das war vielleicht mehr, als sie sich und anderen eingestehen wollte.«

»Vermutlich.« Aldara reichte Daidre ein Kopfkissen mit dem dazugehörigen Bezug hinüber und begann dann, selbst das zweite zu beziehen. »Aber das spielt jetzt keine Rolle mehr. Sie wissen alles. Ich selbst habe ihnen von Max erzählt. Das musste ich ja zwangsläufig, nicht wahr? Früher oder später hätten sie seinen Namen ohnehin herausbekommen. Meine Beziehung mit Max war schließlich kein Geheimnis. Also kann ich dir kaum böse sein, wo ich der Polizei nun selbst einen Namen verraten habe, oder?«

»Wusste Max…« Daidre erkannte an Aldaras Miene, dass er in der Tat Bescheid gewusst hatte. »War es Madlyn?«

»Santo«, antwortete Aldara. »Dieser dumme Junge! Er war großartig im Bett. Er hatte so viel Energie! Zwischen den Beinen: himmlisch. Aber zwischen den Ohren…« Aldara zuckte vielsagend die Schultern. »Manche Männer — ganz gleich welchen Alters — benutzen einfach nicht den Verstand, den Gott ihnen gegeben hat.« Sie legte das Kissen aufs Bett und strich die Spitze des Bezugs glatt. Sie nahm Daidre das zweite aus den Händen und tat damit das Gleiche, ehe sie die Decken wie zum Willkommen aufschlug. Auf dem Nachttisch stand eine Votivkerze in einem Kristallständer. Aldara zündete sie an und trat einen Schritt zurück, um den Effekt zu betrachten. »Hübsch«, befand sie. »Richtig einladend, meinst du nicht auch?«

Daidre fühlte sich, als wäre ihr Kopf mit Watte ausgestopft. Diese Situation war so komplett anders, als sie ihrer Meinung nach hätte sein müssen. »Du bedauerst seinen Tod kein bisschen, nicht wahr?«, fragte sie. »Weißt du eigentlich, wie dich das erscheinen lässt?«

»Sei nicht albern! Natürlich bedaure ich seinen Tod. Ich hätte niemals gewollt, dass Santo stirbt. Aber da ich ihn nicht umgebracht habe…«

»Du bist aber wahrscheinlich der Grund dafür, Herrgott noch mal!«

»Das ziehe ich ernsthaft in Zweifel. Max ist viel zu stolz, um einen Rivalen im Teenageralter zu ermorden. Im Übrigen war Santo ja gar kein Rivale — eine schlichte Tatsache, die ich Max nicht plausibel machen konnte. Santo war einfach… Santo.«

»Ein Spielzeug.«

»Das klingt kalt und berechnend, und glaub mir, die Sache zwischen uns war weder das eine noch das andere. Wir haben die Gesellschaft des anderen genossen. Das war auch schon alles, was zwischen uns war, nicht mehr und nicht weniger: Genuss. Erregung. Für beide Seiten, nicht nur für mich. Oh, du weißt das doch alles, Daidre. Du kannst nicht leugnen, dass du Bescheid wusstest. Und du hattest Verständnis. Andernfalls hättest du uns doch nie dein Cottage geliehen.«

»Du hast keinerlei Schuldgefühle.«

Aldara wies auf die Tür, um Daidre zu signalisieren, dass sie das Schlafzimmer verlassen und wieder nach unten gehen sollten. Auf der Treppe drehte sie sich zu ihrer Freundin um: »Schuldgefühle würden implizieren, dass ich irgendetwas mit dieser Situation zu tun hätte, was aber nicht der Fall ist. Wir hatten eine Affäre, Punkt. Wir waren zwei Körper, die sich für ein paar Stunden im Bett vereint haben. Das war alles, und wenn du wirklich denkst, dass der simple Akt des Geschlechtsverkehrs dazu geführt…«

Es klopfte an der Tür. Aldara sah auf die Uhr. Dann zu Daidre. Ihre Miene drückte Resignation aus, und erst später wurde Daidre klar, dass ihr bereits das hätte verraten müssen, was als Nächstes passieren würde. Wie dumm von ihr, dass sie nicht geschaltet hatte.

Aldara öffnete die Tür. Ein Mann trat ein. Er hatte nur Augen für sie und entdeckte Daidre zunächst nicht. Er zog Aldara an sich und küsste sie mit der Intimität eines Liebhabers: ein Willkommenskuss, der sich in etwas Forderndes verwandelte. Aldara unternahm nichts, um ihn vorzeitig zu beenden. Als ihre Lippen sich schließlich voneinander lösten, murmelte sie: »Du riechst nach Meer.«

»Ich war surfen.« Dann erst bemerkte er Daidre. Seine Hände glitten von Aldaras Schultern zu seinen Seiten herab. »Ich wusste nicht, dass du Besuch hast.«

»Daidre wollte gerade gehen«, antwortete Aldara. »Kennst du Dr. Trahair? Daidre, das hier ist Lewis.«

Er kam Daidre vage bekannt vor, doch sie konnte ihn nirgends einordnen und nickte ihm daher nur höflich zu. Sie hatte ihre Handtasche auf dem Sofa liegen lassen und wandte sich zum Wohnzimmer zu, als Aldara hinzufügte: »Angarrack. Lewis Angarrack.«

Das ließ Daidre innehalten. Erst jetzt fiel ihr die Ähnlichkeit auf, denn natürlich hatte sie Madlyn mehr als einmal gesehen, wenn sie früher zur Ciderfarm gekommen war. Daidre sah zu Aldara, deren Miene ungerührt war, doch ihre Augen leuchteten, und zweifellos hämmerte ihr Herz in Erwartung dessen, was kommen würde.

Daidre nickte, trat an Lewis Angarrack vorbei und hinaus ins Freie. Aldara murmelte ihrem Liebhaber etwas zu und folgte Daidre aus dem Haus. »Jetzt verstehst du unser kleines Problem, schätze ich.«

Daidre sah sie aus verengten Augen an. »Allerdings.«

»Erst ihr Freund, dann auch noch ihr Vater. Du verstehst doch sicher, dass sie das niemals erfahren darf. Damit sie nicht noch mehr aus der Bahn gerät. Lewis will es so. Eigentlich schade, findest du nicht?«