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„Dort!“ schrie Dragoika, nach Süden zeigend. Die See kochte vom Schlag unzähliger Flossen. Fischbespannte Katapultboote tauchten an die Oberfläche empor, so weit das Auge reichte.

Eine Kugel durchschlug den Rumpf der Maschine. Niemand wurde verletzt, aber man hatte sie gesehen.

Einen Augenblick später schwebte er über dem Deck und ließ die Maschine mit ausgefahrenem Fahrwerk absinken. Ein heftiger Stoß zeigte an, daß sie aufgesetzt hatte. Dragoika hatte die Tür schon aufgestoßen; nun stürzte sie hinaus und führte ihre Krieger zum Angriff.

Flandry saß unbeweglich und wartete. Es waren die schlimmsten Sekunden, Augenblicke der Ungewißheit und der Gefahr. Auf dem Kommandoturm standen vier Merseier in schwarzen Helmen und Uniformen. Was hinter dem Turm auf dem Achterdeck vorging, konnte Flandry nicht sehen. Die Männer auf dem Turm waren mit Strahl- und Maschinenpistolen bewaffnet. Die Luft war vom Geratter und den grellen Blitzen der Waffen erfüllt. Dragoika wälzte sich behende über das Deck zur nächsten Luke und feuerte im Liegen mit der Maschinenpistole. Weißglühende Flammenzungen leckten nach ihr. Flandry hockte unter dem Armaturenbrett seiner von Kugeln durchsiebten Maschine und feuerte seine Strahlpistole aus der Türöffnung auf den Kommandoturm ab, um die hinausspringenden Krieger zu decken. Als der letzte der Getigerten draußen war, startete Flandry die Maschine senkrecht. Sein Glück war ihm treu geblieben; sie war beschädigt, aber nicht flugunfähig. Er zog sie in einem Bogen scharf herum und feuerte aus der offenen Tür von oben in den Kommandoturm. Die Merseier schossen zurück, aber er saß halbwegs geschützt und bewegte die Maschine in wilden Kreisen um das U-Boot. Beim dritten Anflug sah er im Kommandoturm nur noch Tote oder Kampfunfähige.

Eine Explosion erschütterte die Maschine. Der Motor starb, und Flandry fühlte sich wie von einer Riesenfaust fünf oder sechs Meter tiefer auf das Deck geschleudert. Als er zu sich kam, konnte nicht mehr als eine Minute vergangen sein. Auf Händen und Knien kroch er aus dem zerplatzten Rumpf der Maschine, die wie ein erschlagenes Insekt am Kommandoturm klebte, zog sich an der Brustwehr empor und schwang sich hinüber. Die sechs oder sieben noch lebenden Getigerten hatten den vorderen Geschützturm erobert und benützten ihn als Deckung. Aber aus der Luke im Achterdeck krabbelten Verstärkungen, drei oder vier Merseier, um den Kommandoturm zu stürmen. Flandry schoß sie nieder. Auch das Turmluk stand offen, war aber von den Körpern der Gefallenen blockiert.

Er hörte nichts mehr. Eine merkwürdige Stille trat ein, unterbrochen nur vom Klatschen des Wassers und dem leisen Stöhnen eines sterbenden Merseiers auf dem Achterdeck. Sie hatten es geschafft.

Aber es war keine Zeit zu verlieren. Flandry erhob sich. Eine Kugel knallte unmittelbar vor ihm gegen die Brustwehr des Kommandoturms. „He! Ihr Idioten, nicht schießen! Ich bin es! Dragoika, bist du am Leben?“

„Ja.“ Sie erhob sich hinter dem Geschützturm. „Was nun?“

„Seht zu, daß zwei oder drei von euch nach achtern kommen und das zweite Geschütz nehmen. Ich gebe ihnen Feuerschutz.“

„Wir werden die Ratten aus ihrem Loch holen!“ erklärte Dragoika.

„Nichts da! Keinen Unfug!“ rief Flandry ärgerlich. „Seid froh, daß wir sie so in Schach halten können.“

„Und du“, schrie Dragoika ekstatisch, „du kannst mit diesen Kanonen auf die vaz-Siravo schießen!“

Flandry schüttelte den Kopf. Er fühlte sich zerschlagen. „Ich kenne mich mit den Dingern nicht aus, und sie sind zu schwer, als daß ich sie allein bedienen könnte.“

Er hob sein Funksprechgerät an den Mund und drückte den Signalknopf. Wenn die Marineleute von Ujanka politische Bedenken hatten, das Boot mit anästhetischem Gas vollzupumpen und als Prise zu übernehmen, würde er es selbst zum Sinken bringen. Aber man würde die Gelegenheit nützen. Erfolge pflegen keine Kriegsgerichtsverfahren nach sich zu ziehen…

6

Runei lehnte sich zurück, ein entspanntes Lächeln auf dem hageren, blaßgrünen Gesicht. „Sie kennen den Standpunkt meiner Regierung, Graf Hauksberg“, sagte er. „Das Seevolk ist souveräner Herr über die starkadische Hochsee. Günstigstenfalls könnte man den Schiffen des Landvolks das Recht auf einen begrenzten Transitverkehr zubilligen — vorausgesetzt, die Führer des Seevolks stimmen einer solchen Regelung zu. Wenn Flugmaschinen fremder Herkunft ohne Einwilligung des Seevolks in seinen Luftraum eindringen, so handeln sie damit auf eigene Gefahr. Sie klagen uns der Eskalation an? Offen gestanden glaube ich, bemerkenswerte Zurückhaltung gezeigt zu haben, als ich meiner Luftflotte nach Ihrem Angriff auf ein U-Boot Merseias keinen Einsatzbefehl gab.“

Hauksberg erwiderte das Lächeln. „Ich hoffe, Sie nehmen mir ein offenes Wort nicht übel, Kommandant“, sagte er. „Vermutlich hat die Tatsache, daß unsere Luftstreitkräfte in einem solchen Fall in den Kampf eingegriffen hätten, zu Ihrer Zurückhaltung beigetragen.“

Runei zuckte die Achseln. „Wer hätte in einem solchen Fall Eskalation betrieben?“

„Sie, weil Sie ein Unterseeboot samt Besatzung gegen eine Stadt des Landvolks eingesetzt haben. Durch diese Tat haben Sie Ihren Planeten direkt in die Auseinandersetzungen eingeschaltet.“

„Es war eine Vergeltungsaktion, verehrter Graf Hauksberg, und nicht von Seiten Merseias, sondern von Seiten des Sechspunkts von Zletovar, der ausländische Freiwillige einsetzte, die vorübergehend vom Dienst in ihren regulären Einheiten beurlaubt waren. Ihre Vertreter, Graf Hauksberg, sind es, die seit langem die Doktrin verkünden, daß begrenzte Vergeltung kein casus belli sei.“

Hauksberg blickte düster auf seine Fingernägel. Weil er für das Imperium sprach, konnte er nicht gut seine entschiedene Mißbilligung dieser Doktrin zum Ausdruck bringen. „Das reicht weit in unsere Geschichte zurück“, sagte er. „Bis in die Ära der internationalen Kriege. Heutzutage wenden wir diese Doktrin nur noch an, um unseren Leuten in abgelegenen Teilen des Raumes im Falle von Konflikten einige Handlungsfreiheit zu geben. Vielleicht ließe sich ihre Abschaffung arrangieren, wenigstens zwischen Ihrer Regierung und meiner. Aber das setzte als Gegenleistung entsprechende Garantien voraus.“

„Über solche Fragen kann ich leider nicht befinden, aber Sie werden in Merseia Gelegenheit haben, eine Vereinbarung vorzuschlagen, wenn Sie dies wünschen. Was mich angeht, so möchte ich in erster Linie die Freilassung aller Gefangenen erreichen, die sich in Ihrem Gewahrsam befinden.“

„Ich weiß nicht, ob es Überlebende gegeben hat“, sagte Hauksberg. Er wußte recht gut, daß es Gefangene gab und daß Abrams eher seinen Dienst quittieren würde als diese Gefangenen ohne Befragung einfach freizulassen. Und er vermutete, daß Runei es ebenfalls wußte. Eine peinliche Situation. „Ich werde mich erkundigen, wenn Sie es wünschen, und die Freilassung anordnen.“

„Danke“, sagte Runei trocken. „Ich möchte keine militärischen Geheimnisse von Ihnen erfahren, aber was wird die nächste Aktion Ihrer Verbündeten sein?“

„Es sind nicht unsere Verbündeten. Das Imperium führt keinen Krieg.“

„Ersparen Sie mir Ihre Sophistik“, schnaubte Runei. „Ich warne Sie, wie ich schon Admiral Enriques gewarnt habe, daß Merseia nicht müßig zusehen wird, wie die Aggressoren zerstören, was Merseia geschaffen hat, um das Los des Seevolkes zu verbessern.“

„Tatsächlich“, sagte Hauksberg beiläufig, „versuchen wir die Leute von Kursoviki zurückzuhalten, seit der Angriff auf Ujanka abgeschlagen worden ist. Sie schreien nach Vergeltung, aber wir haben sie zu Friedensverhandlungen überredet.“

Runeis Backenmuskeln hüpften, und er saß eine halbe Minute lang still. „Tatsächlich?“ fragte er dann mit ausdrucksloser Stimme.

„Tatsächlich“, bestätigte Hauksberg. „Eine Flotte wird in Kürze auslaufen. Man wird Sie noch offiziell verständigen, aber ich kann Ihnen schon jetzt sagen, daß diese Flotte nur kämpfen wird, wenn man sie angreift. Ich vertraue darauf, daß keine Ihrer sogenannten Freiwilligen an Gewalttätigkeiten teilnehmen werden. Wir wollen nichts als über einen Waffenstillstand diskutieren, um so das Fundament für einen dauerhaften Frieden zu legen.“