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Vier Tage waren vergangen, seit sie sich von Helicon getrennt hatten. Es herrschte gutes Segelwetter; der Wind stand günstig, und die Sicht war nicht schlecht.

Keen kam übers Deck und legte die Hand an den Hut.»Irgendwelche Befehle, Sir Richard?«Nur wegen der Rudergänger in der Nähe drückte er sich so förmlich aus. Seine Stimme klang gepreßt. Stand er etwa den Entscheidungen seines Vorgesetzten und den Ergebnissen, die sie bisher gezeitigt hatten, kritisch gegenüber?

Bolitho schüttelte den Kopf.»Wir suchen weiter. Mag sein, daß sich die Franzosen abgesetzt haben, aber ich bezweifle das.»

Gemeinsam sahen sie, wie Segel und Rigg von den ersten Sonnenstrahlen getroffen wurden. Querab tauchte Dispatch in eine so hohe Düngung, daß die Stückpforten des unteren Batteriedecks wie Glassplitter funkelten.

Bolitho schaute zu der winzigen Gestalt des Ausgucks im Großmast auf.»Lösen Sie die Männer oben stündlich ab, Val«, sagte er.»Müde Augen können wir heute nicht brauchen.»

Keen warf ihm einen neugierigen Blick zu. »Heute, Sir?»

Bolitho zuckte die Achseln. Erst jetzt merkte er, was er da gesagt hatte. Warnte ihn ein Instinkt?

«Ich bin beunruhigt, Val. «Er dachte an Frühstück und die Tatsache, daß er fast die ganze Nacht auf- und abgegangen war.»Verständigen Sie mich sofort, wenn etwas gesichtet wird. «Er schritt nach achtern zu seinem Quartier, wo Oz-zard und Yovell ihn erwarteten.

Bolitho saß am Tisch und sah zu, wie Ozzard das Frühstück zubereitete und Kaffee einschenkte. Er hatte ein Bad nötig und sein Hemd war zerknittert. Doch die Kürzung der Wasserration galt für alle, auch für ihn. Abgesehen von Inch natürlich. Dessen Anblick war eine Quaclass="underline" manchmal im Fieberwahn, dann wieder abgestumpft und teilnahmslos, vegetierte er dahin. Laut Tuson schien die Amputation erfolgreich gewesen zu sein. Doch Inch gehörte an Land und in ein Hospital. Bolitho wußte aus eigener bitterer Erfahrung, daß jeder Ruf an Deck, jede Änderung von Windrichtung und Kurs selbst in einem sterbenden Seemann alte Ängste weckten — und ganz besonders in einem Kommandanten.

«Ganz nach Ihrem Geschmack, Sir«, sagte Ozzard und stellte einen Zinnteller auf den Tisch.»Aber es ist leider das letzte Brot aus Malta.»

Bolitho betrachtete die dünnen Scheiben Schweinefleisch, in Zwiebackskrumen goldbraun gebacken. Das Brot würde steinhart sein, aber Ozzard war es wenigstens gelungen, den Schimmel fernzuhalten. Der schwarze Sirup, den Bolitho so gern aß, würde den muffigen Geschmack überdecken.

Er dachte an Frühstück in Falmouth und Belindas Verwunderung über seinen Appetit. Du haust rein wie ein Schuljunge, hatte sie gesagt. Was hielte sie wohl von dieser Mahlzeit? Und die Mannschaft aß noch hundertmal schlechter.

Er schaute zum offenen Skylight, als Stimmen herüberwehten. Dann stampften Füße durch den Korridor, und Keen betrat die Kajüte.

«Bedaure, Sie stören zu müssen, Sir. Aber Rapid ist in Sicht und hat Nachrichten.»

Bolitho stieß den Teller beiseite und bestrich das altbak-kene Brot dick mit Sirup.

«Berichten Sie.»

«Sie hat ein Schiff gestellt und geentert, mehr weiß ich noch nicht. Aber Rapid unternimmt auf jeden Fall die größten Anstrengungen, um schnell heranzukommen.»

Bolitho stand auf.»Setzen Sie mehr Segel und signalisieren Sie den anderen Schiffen, unserem Beispiel zu folgen. Und sobald wir beigedreht haben, möchte ich Quarrell sprechen.»

Doch es dauerte bis zur Mitte der Morgenwache, ehe Rapid zum Rest des Geschwaders aufgekreuzt war. Zunächst wich die Erregung stummer Resignation, als die Grätings aufgeriggt und alle Mann nach achtern gepfiffen wurden, um Zeugen der Bestrafung zu werden: zwei Dutzend Schläge pro Mann, während die Trommeln gerührt wurden.

Paget legte die Hand an den Hut.»Bestrafung vollzogen, Sir.»

Keen nickte. Die Mannschaft trat ab, die Grätings wurden abgenommen und geschrubbt, und die Ausgepeitschten kamen nach unten ins Krankenrevier. Keen reichte Paget die Kriegsartikel und sagte:»Dieses verdammte Warten!»

Doch als Quarrell endlich an Bord kletterte, konnte er seine Erregung und Freude kaum verbergen.

Bei Tagesanbruch hatte Rapid dem anderen Schiff befohlen, beizudrehen und einen Entertrupp zu erwarten. Der Leutnant, der mit dem Boot hinüberfuhr, war gründlich. Der griechische Kapitän war des Englischen mächtig und mehr als hilfsbereit gewesen. Seine Ladung hatte aus Olivenöl und Feigen bestanden, doch laut Quarrell war das Schiff schmutzig; es sei ein Wunder, daß es überhaupt Ladung bekam. Quarrell holte tief Luft.»Der Kapitän hatte mehrere Flaschen Wein und Brandy an Bord, Sir, die mein Erster sofort entdeckte. «Er drehte sich um und strahlte Keen an.»Alle französischer Herkunft.»

Bolitho, dessen Mund plötzlich trocken geworden war, entrollte auf dem Tisch eine Seekarte.»Weiter. «Dies war Quarrells großer Augenblick. Wenn er ihn zur Eile trieb, brachte er ihn nur aus dem Konzept.

Der junge Kommandant fuhr fort:»Als wir ihn nach der Herkunft der Flaschen befragten, gab der Mann an, sie vor drei Tagen gegen Öl eingetauscht zu haben. «Er sah in Bolithos ernstes Gesicht.»Es war zweifellos Konteradmiral Joberts Geschwader. Der Grieche konnte es bis auf die Galionsfigur, einen Leoparden, genau beschreiben.»

«Zeigen Sie mir die Position. «Bolitho beschwerte die Karte mit Lineal und Stechzirkel.

«Sie lagen auf Ostkurs, Sir. Inzwischen müßten sie ungefähr hier sein. «Er legte einen Finger auf die Stelle.

Keen beugte sich über den Tisch.»Bei Korsika. «Er seufzte.»Das hätte ich doch ahnen sollen.»

Quarrell schaute von ihm zu Bolitho.»Der griechische Kapitän hörte einen französischen Offizier sagen, das Geschwader sei im Begriff, Trinkwasser an Bord zu nehmen.»

Keen runzelte die Stirn.»Für eine lange Fahrt vielleicht?»

Bolitho ging an die Heckfenster und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. Die tiefe Narbe an seiner Schläfe erinnerte ihn an jenen anderen Tag, an dem das Aufnehmen von Trinkwasser ihm so simpel vorgekommen war.

Er sah Fische aus dem Schatten der Argonaute springen.»Die Franzosen sind also unterwegs nach Korsika, um Wasser für drei Linienschiffe und zwei Fregatten an Bord zu nehmen… Wie lange brauchen sie Ihrer Auffassung nach?«Er wandte sich an Keen.»Drei, vier Tage?»

Keen nickte langsam.»Wir könnten sie noch einholen, Sir.»

Bolitho setzte sich auf die Heckbank. Auch ohne Seekarte konnte er sich die Lage genau vorstellen. Wenn der Wind günstig blieb, mochten Joberts Schiffe vor einer Leeküste in die Falle geraten.

«Ozzard, rufen Sie meinen Flaggleutnant. «Erstaunlicherweise war es ihm gelungen, mit Stayt zu reden, ohne den Anlaß ihrer Entfremdung zu erwähnen. Stayt war argwöhnisch und so reserviert, daß sie sich über kaum mehr unterhielten als über Befehle und Signale.

Als Stayt eintrat, schweifte sein Blick rasch über die Gruppe am Tisch.»Kann ich Ihnen etwas besorgen, Sir?»

«Ja, die Berichte vom Flaggoffizier in Malta.»

Quarrell beharrte:»Mein Erster Offizier hielt die Aussage des Griechen für glaubwürdig, Sir.»

«Vielleicht glaubte er aber nur, was die Franzosen ihm weismachen wollten«, versetzte Bolitho.

Stayt legte eine Akte auf den Tisch: Ankunft des Geleitzuges in Malta, Eskorten und Auslaufzeiten, Passagiere und Ausrüstung, die gelöscht oder weitertransportiert werden sollte. Bolitho zog ein Blatt hervor, das in der Handschrift eines unbekannten Beamten den Namen Benbow trug. Dann schnappte er sich den Stechzirkel und ließ ihn rasch über die Seekarte wandern. Seine Augen schmerzten ihn so, daß er fast laut geflucht hätte.