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Eine besonders hohe See ließ das fremde Schiff steigen wie einen springenden Wal. Es lief mit gerefften Marssegeln vorm Wind, den Rumpf noch unter der Kimm verborgen, als wolle es sich selbst versenken. Adam wischte die Linse ab und hätte dabei fast den Halt verloren, als Firefly erneut in ein Wellental sackte.

Er wartete und zählte die Sekunden, bis der Klüverbaum sich wieder hob, an dem die Segel flatterten wie nasse Banner. Dann schob er das Fernrohr zusammen.»Sie haben recht. Es sind zwei. «Er klopfte dem Mann auf die breite Schulter.»Ich schicke Ablösung herauf.»

Der Matrose hätte gern ausgespuckt, sagte aber nur:»Schon gut, Sir, ich bleibe gern oben. Das sind bestimmt Lord Nelsons Schiffe.»

Adam rutschte, seine Würde vergessend, an einer Par-dune hinunter an Deck, wo Morrison ihm entgegeneilte.

«Zwei Linienschiffe. «Adam senkte die Stimme.»Auf dem gleichen Schlag wie wir.»

Morrison grinste.»Gehen wir lieber nicht zu dicht ran, Sir, sonst kriegen wir nur Befehle verpaßt.»

Adam fuhr sich erregt durch das schwarze Haar, das vor Salz klebte.»Sie können jetzt reffen lassen. Und keine Angst vor weiteren Befehlen, Mr. Morrison, denn diese beiden Linienschiffe sind Franzosen!»

Morrison holte tief Luft und gab schnell den Befehl weiter.»Was haben Sie vor, Sir?»

Adam wies auf den nächsten Vierpfünder.»Wir können es mit ihnen nicht aufnehmen. Also werden wir sie verfolgen und sehen, was sie vorhaben.»

Morrison war schon unter dem vorigen Kommandant, der das Leben auf Firefly zur stumpfsinnigen Plackerei gemacht hatte, Erster Offizier gewesen. Commander Bolitho dagegen war wie eine frische Brise; ein sehr fähiger Mann, der sich von niemandem etwas vormachen ließ.

«Aber Ihr Befehl, Sir?«erinnerte er vorsichtig.

«Ich soll entweder den Geleitzug oder Malta finden, was immer mir als erstes in die Quere kommt. «Adam grinste.»Diese beiden Schiffe da werden uns zu dem einen oder anderen führen, meinen Sie nicht auch?»

Morrison eilte fort, um dem Zweiten Offizier zu helfen. Als er noch einmal einen Blick nach achtern warf, sah er Adam mit dem Rudergänger sprechen. Er benahm sich eher wie ein Midshipman als wie ein Kommandant.

Laut sagte er:»Mit dem macht's Spaß, das steht mal fest!«Doch nur der Wind hörte ihn.

Zweihundert Meilen ostnordöstlich der Brigg und in Unkenntnis der Tatsache, daß Adam von Gibraltar aus zurückbeordert worden war, packte Bolitho die Querreling, als sein Schiff im gleichen Sturm arbeitete.

Der starke Nordwest schien nicht nachlassen zu wollen; als Bolitho sein Teleskop ansetzte, sah er die kleine Rapid, Rumpf und untere Spieren gischtverhangen, in Luv stehen.

Er konnte nur hoffen, daß Quarrell die schweren Zweiund-dreißigpfünder von der Helicon ordentlich verzurrt hatte. Ein Geschütz, das sich im Sturm losriß, konnte töten und verstümmeln wie ein tollwütiges Raubtier. Außerdem mochte es dabei das Oberdeck ruinieren.

Über den stahlblauen Himmel zogen nur wenige Wolkenfetzen. Er sah unten einen Trupp Matrosen unter Aufsicht eines Bootsmannsgehilfen einen Flaschenzug reparieren. Sie waren von Gischt durchnäßt, und das Salz mußte ihnen Durst machen.

Bolitho biß sich auf die Lippen und fragte sich, was aus seiner Selbstsicherheit geworden war. Nachdem sie an Sardiniens zerklüfteter Küste entlang, die selten außer Sicht kam, schon so lange vergeblich nach Süden gesegelt waren, schien die Hoffnung auf ein Rendezvous mit Herricks Geleitzug in immer weitere Ferne zu rücken. Auch seine Vermutung, daß Jobert auf das gleiche Ziel zuhielt, wurde von Tag zu Tag unwahrscheinlicher. Bolitho unterdrückte seine Zweifel, drehte sich um und sah, daß Midshipman Sheaffe und seine Signalgasten ihn beobachteten. Sie senkten sofort die Blicke und beschäftigten sich.

Bolitho ging seine Berechnungen im Geiste noch einmal durch. Der Geleitzug würde sehr langsam, aber stetig vorankommen. Er hatte getan, was er konnte, seinen kleinen Verband so weit aufgefächert, daß die Schiffe gerade noch Kontakt halten konnten. Zum Glück habe ich Barracouta und Rapid, dachte er. Ohne sie.

Er hörte Paget dem Rudergänger etwas zurufen und vernahm die undeutliche Antwort. Paget duldete keine Fisimatenten. Ein guter Mann, dachte Bolitho. Als junger Leutnant hatte er unter Duncan bei Camperdown gekämpft. In der Flotte gab es nicht viele Offiziere, die bei einer solchen Schlacht dabeigewesen waren.

Keen kam zu ihm. Er hatte im Orlop einen Midshipman besucht, der vom Sturm umgerissen worden war und sich beim Sturz ein Bein gebrochen hatte.

Keen starrte mit geröteten Augen nach vorn, und Bolitho fiel ein, daß er seit dem Aufkommen des Sturms das Deck praktisch nicht verlassen hatte.

«Ein seltsamer Tag. «Bolitho lächelte.»Grell und hart wie eine Hafenhure.»

Keen mußte trotz seiner Sorgen lachen. Eigentlich wollte er Bolitho raten, die Suche aufzugeben, denn sie war seiner Ansicht nach schon zu Ende gewesen, ehe sie begonnen hatte. Selbst wenn er Joberts Absichten richtig eingeschätzt hatte, was aber mit jeder qualvollen Meile unwahrscheinlicher schien, würden sie ihn jetzt nicht mehr finden.

Keen wagte nicht an Bolithos Karriere zu denken, wenn das erst herauskam. Es hieß, daß Nelson sich nur mit Glück behauptet hatte — aber Glück war selten.

Bolitho merkte, daß Keen ihn beobachtete, und konnte sich seine Gedanken vorstellen. Er schaute zum kalten Himmel auf und dachte an Falmouth. Vielleicht hatte Belinda seinen Brief inzwischen erhalten oder über seine Verwundung von anderen erfahren. Er dachte auch an das Mädchen mit dem verhangenen Blick und lächelte. Tapfere Zenoria hatte er sie genannt. In dieser Serie von Belastungsproben und Fehlschlägen war sie der einzige Lichtblick.

Keen sah ihn lächeln und wunderte sich. Wie hielt er das nur durch? Er war fanatisch, unbeirrbar, aber das würde ihn auch nicht vorm Kriegsgericht retten.

«Wie geht's dem Jungen? Es war Midshipman Estridge, nicht wahr?»

«Ein glatter Bruch, Sir. Die anderen Verletzten machen Tuson mehr Kummer.»

An einem Neunpfünder arbeitete ein Seemann, der Bo-litho schon aufgefallen war. Er war bis zur Taille nackt, aber nicht aus Angabe, sondern um seine Kleider trocken zu halten. Sein Rücken war von den Schultern bis zum Gürtel mit Narben bedeckt, die den Spuren einer riesigen Kralle glichen. Der Anblick erinnerte Bolitho an Zenoria und das Schicksal, vor dem Keen sie bewahrt hatte.

Doch als Keen jetzt lachte, drehte sich der Matrose um und schaute ihn an. Bolitho hatte kaum jemals einen so haßerfüllten Blick gesehen.

Auch Keen bemerkte ihn und sagte zornig:»Vor jeder Auspeitschung lese ich die Kriegsartikel vor. Verfaßt habe ich die verdammten Paragraphen aber nicht!»

Bolitho fiel erst jetzt auf, daß an den Niedergängen Seesoldaten postiert waren. Keen ging kein Risiko ein. Es war besser, Zwischenfällen vorzubeugen, statt sie zu ahnden.

«Ich gehe nach unten«, sagte Bolitho fest.»Wenn ich mich geirrt habe. «Er zuckte die Achseln.»Dann werden sich manche die Hände reiben. Hoffentlich lassen sie wenigstens meine Familie in Frieden.»

Keen sah ihn mit langen Schritten auf die Leiter zugehen und spürte das Mitleid wie einen Stich, als Bolitho sich an einer Klampe des Besanmastes den Arm stieß.

Paget trat leise neben ihn.»Darf ich fragen, wie Sie unsere Chancen einschätzen, Sir?»

Keen warf ihm einen Blick zu.»Fragen Sie mich das, wenn wir Jobert auf eine Leeküste getrieben haben.»

Beide fuhren herum, als sie unter der Kimm ein Donnergrollen hörten.»Doch nicht auch noch ein Gewitter?«rief Paget ängstlich.

Keen schaute an ihm vorbei. Bolitho, der jetzt seinen alten Degen trug, kehrte aufs Poopdeck zurück, gefolgt von Allday. Er schaute sie an.»Diesmal ist es kein Donner.»

Der Ausguck rief ungläubig:»Kanonenfeuer, Sir! Im Süden!»

Keen starrte ihn an. Wie hatte er das vorhergesehen? Noch vor wenigen Augenblicken mußte er sich geschlagen gefühlt haben. Nun wirkte er sonderbar gelassen. Seine Stimme klang gleichmütig, als er sagte:»Signal ans Geschwader, Mr. Sheaffe: Mehr Segel setzen.»