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Meine linke Hand ergriff die Feder und ich schrieb: »Geld für Markensammlung empfangen. W. H. Donovan.« Die Feder umriß den Namen mit einem Oval.

Howard trat heran, um das Papier an sich zu nehmen. Er blickte auf die Worte und den Namenszug, und die Augen traten ihm aus den Höhlen. Wie vom Donner gerührt bewegte er die farblosen Lippen. Seine lahmen Finger ließen das Papier zu Boden fallen.

Fuller hatte ihn genau beobachtet. »Was ist denn?« fragte er beunruhigt und bückte sich, um das Blatt aufzuheben. Doch Chloe, die ihren Stuhl geräuschlos verlassen hatte, stellte rasch den Fuß darauf, starrte es an, beugte sich hinunter.

Plötzlich griff sie nach ihrer Kehle und brach in ein endloses hysterisches Gelächter aus. Ihr Gesicht zuckte, auf die weißen Wangen sprangen rote Farbflecke. Sie lachte, unfähig, bis ihr Gesicht, ihre Lippen und Ohren blau wurden. Ihre Pupillen waren groß und reagierten nicht mehr auf den Lichtreiz.

Ich ging rasch zu ihr hinüber, hielt mit der rechten Hand ihren Arm fest und gab ihr einen scharfen Schlag dicht neben das linke Schlüsselbein. Als ich sah, daß ihre Augen wieder normal wurden, schlug ich sie zweimal hart ins Gesicht, während ich sie hochhielt.

Das Lachen riß ab; sie konnte jetzt atmen, brach aber in meinen Armen zusammen, wie ich das erwartet hatte. Ich trug sie zur Couch und legte sie nieder, mit dem Gesicht zur Wand.

Howard sah mir wie erstarrt zu. Chloe begann unbeherrscht zu weinen, ihr Körper schlitterte vor krampfhaftem Schluchzen.

»Geben Sie mir ein Beruhigungsmittel, schnell!« Ich sah Howard an, der bei meinem Befehl seine Selbstbeherrschung wiederfand.

»In Chloes Zimmer muß etwas sein«, stotterte er. Seine Angriffslust war verschwunden; er rannte zur Tür.

Ich wandte mich wieder der Patientin zu, die von würgendem Schluchzen geschüttelt wurde.

Ich blieb, bis Chloe Barton eingeschlafen war. Dann befahl ich Howard, sie nicht anzurühren und ihren Arzt zu rufen, sobald sie erwachte. Er hörte zu und starrte mich an wie einen Geist. Und damit kommt er ja der Wahrheit ziemlich nahe ...

Fuller brachte mich in seinem Wagen nach Hause. Er sprach nichts auf dem Rückweg, er sagte nur, er wolle Cyril Hinds besuchen und ihm Verhaltungsmaßregeln geben, aber seinen Verrat erwähnte er nicht.

Sobald ich zu Hause war, rief ich Schratt an. Meine Nerven waren zerrüttet. Ich wollte nicht unter der Last zusammenbrechen. Und diese verwünschte Zeile »Auf zwei sich spreizenden Zweigen saßen zwölf zwitschernde Spatzen – zwölf zwitschernde Spatzen saßen auf zwei sich spreizenden Zweigen« ... sie wiederholten sich wieder und wieder, als schrie sie mir jemand ins Ohr.

Als ich Schratt sagte, er solle aufhören, das Hirn zu füttern, mißbilligte er es.

»Das ist ein sonderbarer Vorschlag – ausgerechnet von Ihnen!« sagte er. »Erst haben Sie mich erwürgen wollen, weil ich mich einmischte, und nun sind Sie es, der Angst bekommt vor seinem eigenen Experiment.«

»Ich habe keine Angst«, erwiderte ich. »Ich will es fortsetzen, aber ich brauche ein paar Tage Ruhe. Ich bin auch nur ein Mensch!«

»Ach, wirklich?« fragte er mit seiner langsamen Stimme, die mich rasend machte.

»Hören Sie auf, das Hirn zu füttern!« schrie ich ins Telefon.

Nach einer kurzen Pause erwiderte Schratt trocken: »Nein, ich will Ihr Experiment nicht abbrechen!«

Ich war entsetzt über seine Hartnäckigkeit, die mir so unvernünftig schien. »Ich ordne an, daß das Hirn vierundzwanzig Stunden fastet«, sagte ich, jedes Wort langsam betonend, um ihm Gewicht zu verleihen.

»Diese Anordnung kann ich nicht entgegennehmen, Patrick. Wir müssen fortfahren!« Und als ich ihn anschrie, sagte er: »Janice wird wieder nach Los Angeles kommen. Sie werden sie brauchen.«

Er hängte ab.

Ich setzte mich nieder – ich war ausgepumpt. Was war in ihn gefahren? Wie konnte er es wagen, meinen Anordnungen zu widersprechen?

Ich mußte sofort nach Washington Junction!

Aber ich rührte mich nicht. Meine Glieder waren gelähmt. Ich lag stundenlang auf meinem Bett, meine Gedanken jagten sich im Kreise, bis sie eine verschwommene Masse unzusammenhängender Bilder waren.

Dann schlief ich ein.

Achtzehnter Dezember

Das Telefon klingelte um sieben Uhr. Es weckte mich.

Ich fühlte mich erfrischt und vollkommen Herr meiner selbst.

Schratt hatte recht getan, meinem Befehl nicht zu gehorchen. Ich durfte nicht die Nerven verlieren! Nun war ich dankbar für seine Hartnäckigkeit.

Howard Donovan war am Telefon. Chloe, sagte er, weigerte sich, ihren eigenen Arzt kommen zu lassen. Sie wolle mich dort haben. Ob ich wohl sofort kommen könnte? Er fürchtete, sie würde einen neuen Anfall haben, wenn ich es ablehnte.

»Ich habe mir die Freiheit genommen«, sagte er, »Ihnen meinen Wagen zu schicken, um Sie abzuholen.«

Ich versprach zu kommen.

Pulse rief an. Er müsse mich dringend sprechen.

Ich sagte ihm, daß ich zum Mittagessen im Hotel sein würde.

Howard Donovans Wagen kam und brachte mich nach Encino.

Howard erwartete mich auf den Stufen des Hauses. Sein Gesicht sah geschwollen aus, die Augen waren rot vom fehlenden Schlaf, und er murmelte ein paar Worte, die ich nicht verstand. Dann führte er mich nach oben zu Chloes Schlafzimmer und hielt sich dabei in respektvollem Abstand, als fürchtete er sich.

Er ging nicht mit mir in Chloes Zimmer.

Die Vorhänge waren halb zugezogen und das Sonnenlicht fiel im scharfen Winkel auf die rote Seidendecke eines vierpfostigen spanischen Bettes. Chloes weißes Gesicht lag auf einem spitzenbesetzten gelben Seidenkissen. Sie sah mich still an, als habe ihre Erregung sich totgelaufen.

Auf einem Tisch neben ihrem Bett war das Frühstück serviert. Das Silber blitzte hell, und das Tablett war blumengeschmückt – aber das Essen war unberührt.

»Hallo«, sagte sie. Ihre Stimme klang gebrochen.

»Wieder in Ordnung?« fragte ich, einen Stuhl dicht an das Bett ziehend.

Chloe sah mich mit dunklen Augen an, die das übrige Gesicht unbedeutend machten. Langsam zog sie eine dünne Hand unter der Decke hervor und berührte mit einer scheuen Geste die meine. Ihre Finger waren kalt; ihr Puls mußte unter sechzig sein. Sie brauchte Koffeininjektionen.

»Wer sind Sie?« fragte sie ruhig.

»Dr. Patrick Cory«, sagte ich.

Sie hielt mich mit ihrem Blick fest.

»Gestern abend«, flüsterte sie, »haben Sie mir angst gemacht! Sie sprachen wie mein Vater. Sie zogen den linken Fuß nach. Sie schrieben seinen Namen genau wie er. Und Sie sagten Dinge, die nur er und ich wußten!«

Sie lächelte, ihre Unsicherheit hinter einer Tapferkeit verbergend, die nur durch gute Erziehung entwickelt wird.

»Woher wußten Sie ... das mit der Markensammlung? Das konnte Ihnen mein Vater nicht gesagt haben!«

»Vielleicht las ich es in einer Illustrierten«, antwortete ich, aber sie schüttelte den Kopf.

»Nein!« Sie versank in tiefe Gedanken. Als sie wieder sprach, sprach sie mit sich selbst; sie hatte meine Gegenwart vergessen.

»Ich weiß, daß mein Vater nicht gestorben ist. Ich wußte, er würde wieder erscheinen – als er selbst oder als ein anderer. Ich habe ihn erwartet.«

Mit einer scharfen Wendung des Kopfes sah sie mich an, ihre Augen waren weit geöffnet. »Ich bin überzeugt, Sie haben die Wahrheit gesagt, als Sie uns versicherten, mein Vater habe nicht zu Ihnen gesprochen. Aber jetzt handelt er durch Sie!«

Sie hatte eine Erklärung für das Phänomen. Sie nahm als selbstverständlich an, daß auch ich es verstehen würde.

»Haben Sie Ihren Vater geliebt?« fragte ich.

»Ich haßte ihn«, erwiderte sie. »Und ich glaubte schon, die Gerechtigkeit sei aus dieser Welt verschwunden – weil Gott selbst so ungerecht zu sein schien!«