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»Nicht, solange dieses Mädchen in der Nähe ist«, murmelte Donovan. »Wir müssen es aus dem Wege schaffen.«

Er starrte düster vor sich hin, in Gedanken versunken, die fern in der Zukunft zu schweben schienen.

»Fahren Sie! Schnell doch, Mensch!« schrie Donovan plötzlich. »Fahren Sie zu!«

Pulse, durch diesen Ausbruch erschreckt, trat auf den Gashebel. Der Wagen schoß vorwärts, den breiten Beverly Boulevard entlang. »Der Vater des Mädchens wohnt in den Weatherby Appartements in Van Ness«, sagte Pulse. Donovan schien nicht zuzuhören. Er starrte weiter vor sich hin und saß regungslos neben Pulse.

In meinem geistigen Gefängnis fühlte ich eine namenlose Angst, die sich steigerte, je näher wir Van Ness kamen. Ich wußte, ich würde irrsinnig werden; die Klarheit meiner Gedanken fing an sich zu trüben. Die Hoffnung, der Bann würde gebrochen und ich käme wieder in Besitz meines eigenen Körpers, löste sich plötzlich in schreiende Verzweiflung auf.

Wenn Schratt doch das Hirn töten würde! Das Glasgefäß umwerfen, in dem es schwamm! Oder den elektrischen Strom abschalten, der es am Leben hielt!

Schratt mußte doch wissen, was ich durchmachte. Der Enzephalograph mußte sonderbare neue Zeichen aufweisen, die er als Wissenschaftler deuten konnte!

Vielleicht aber war auch er mattgesetzt, von dem Hirn beherrscht wie ich?

»Hier«, sagte Pulse, und deutete auf ein großes weißes Gebäude.

»Halten Sie – und kommen Sie hinter dem Steuer hervor!« befahl Donovan.

Pulse blickte erstaunt auf, gehorchte dann aber, und während sich Donovan auf den Sitz des Fahrers schob, ging Pulse um den Wagen herum und stieg neben ihm ein.

»Auf was warten wir, Dr. Cory?« fragte Pulse – er wurde plötzlich argwöhnisch.

Er konnte Donovans sonderbares Benehmen nicht verstehen – erst drängte er ihn zur Eile, und nun wartete er. Donovan antwortete nicht. Er blickte weiter finster vor sich hin. Der Ausdruck seines Gesichtes war offenbar furchteinflößend, was sich in Pulses Miene widerspiegelte.

»Warum gehen wir nicht hinein und sprechen mit dem Vater des Mädchens?« fragte er. »Ich kann Sie ihm vorstellen – und vielleicht läßt er mit sich reden.«

Keine Antwort. Pulse rutschte nervös auf seinem Sitz hin und her. Die Straße war menschenleer.

Nun kam jemand aus dem Haus – eine ältere Frau im schwarzen Kleid und ein blasses, hübsches Mädchen von vielleicht dreizehn Jahren.

Plötzlich regte sich Donovan. Er trat auf den Gashebel, der Wagen schoß vorwärts. Die Vorderräder sprangen auf den Bürgersteig. Er raste direkt auf die beiden Frauen zu.

Eine Sekunde war Pulse starr vor Schrecken – dann stieß er einen heiseren Verzweiflungsschrei aus. Seine fette Hand griff ins Steuerrad, er riß den Wagen vom Bürgersteig. Der Wagen überschlug sich fast. Er drehte sich auf schwankenden Rädern im Kreise, fing sich und raste auf die Melrose Avenue zu.

»Anhalten! Anhalten!« ächzte Pulse. Er sah grau aus, unter seinen Augen lagen schwere Ringe.

Donovan nahm das Gas weg.

»Sie haben sie beinahe getötet!« sagte Pulse. Sein Schrecken wandelte sich plötzlich in rasende Wut. »Sie haben versucht, sie zu morden! Sie wollten das Mädchen umbringen!« Der Atem ging ihm aus.

Donovan stieg aus. »Wir müssen uns ihrer entledigen«, sagte er langsam, wie ein Mensch in Trance, und ging fort.

»Nicht mit meinem Wagen!« schrie ihm Pulse hysterisch nach. »Nicht mit meinem Wagen!«

Er starrte Donovan nach, und die Tränen liefen ihm über das Gesicht.

Donovan ging hinkend weiter. Er rief eine Taxe an und sagte: »Zum Roosevelt-Hotel.«

Schwer atmend sank er auf den Sitz, starrte vor sich hin und hielt seine Seiten über den Nieren mit beiden Händen.

Plötzlich klopfte er an die Glaswand. Der Fahrer hielt.

Donovan ging in einen Laden und kaufte sich eine halbe Flasche Gin, die er in seiner Tasche barg.

Dann ließ er sich zum Hotel fahren.

Ich sah Janice im Augenblick, als Donovan die Halle betrat. Auch er sah sie, ging aber ohne Erkennungszeichen an ihr vorbei.

Janice hatte sich scharf umgewandt. Sie machte zwei rasche Schritte in seiner Richtung, zögerte dann und verhielt, von einem unbegreiflichen Zweifel befallen. Sie sah ihm nach, wie er hinkend zum Aufzug ging, vermutlich betroffen, daß er sich so ganz anders bewegte als ich, mit dem Schritt eines alten, kranken Mannes.

Donovan ging nach oben in sein Zimmer, setzte sich auf sein Bett und wartete, ohne sich zu regen.

Er wußte, sie würde kommen.

Ich betete darum, daß sie hereinkäme!

Die Spannung war fast nicht mehr tragbar für mich. Ich wollte weinen, schreien, rufen. Dann raffte ich in einer letzten Anstrengung meine Kräfte zusammen – ich mußte vernünftig sein, ich mußte mich auf sie konzentrieren, ich mußte mich ihr verständlich machen.

Janice klopfte.

»Herein«, schrie Donovan.

Janice stand in der Tür wie in einem Bilderrahmen. Sie starrte Donovan mit weit offenen blauen Augen an, und als er sie nicht aufforderte, näherzukommen, schloß sie die Tür hinter sich.

Sie besitzt die unbestimmte Intuition, Dinge zu verstehen, die außerhalb der Ereignisse alltäglicher Wirklichkeit liegen. Bestimmt würde sie bemerken, daß nicht ich, Patrick Cory, auf dem Bett saß, sondern Warren Horace Donovan.

»Patrick«, sagte sie leise, und ihre Stimme klang mühsam vor Unsicherheit. Ihre Augen wurden so dunkel, daß die Pupillen nicht mehr zu unterscheiden waren.

Sie stand reglos. Ihre unterbewußte Angst, die sie mit unbeschreiblicher Tapferkeit beherrschte, gab ihr etwas Unberührbares, Fernes. Sie war eigentlich unfähig, sich zu fürchten. Je schrecklicher die Wahrheit, um so tapferer würde sie sein. Sie wurde größer bei wachsender Gefahr. Sie trug ihre Tapferkeit wie eine Rüstung, und etwas Jungfräuliches an ihr machte sie noch uneinnehmbarer.

Sie blickte Donovan mit erstaunlicher Festigkeit an.

»Was willst du?« fragte er mürrisch, und zum erstenmal merkte ich, daß das Hirn Angst hatte! Es zitterte, denn es war durch etwas Unangreifbares bedroht, das stärker war als es selbst. Hier war das Böse durchkreuzt!

Sie konnte die seltsame Verwandlung, die in meinem Körper stattgefunden hatte, nur ahnen, aber sie kannte den Einfluß, den das Hirn auf mich hatte. Keiner, der es nicht erfahren hatte, konnte die Kraft des Hirns ermessen, Janice aber bedurfte keiner Erklärungen. Hellsichtigkeit ist etwas Selbstverständliches für die, die sie besitzen – und sie wußte alles.

Ich versuchte, sie zu rufen. Ich versuchte, ihr zu sagen, daß dort im Schreibtisch die Geschichte des Falles Donovan lag. Sie war eine Arztfrau, sie mußte daran denken und die Aufzeichnungen finden. Sie mußte sie finden, lesen, und verstehen, daß das Ungeheuer, das ich geschaffen hatte, vernichtet werden mußte.

Ich schrie in meinem Gefängnis – und als hätte sie mich gehört, überlief sie ein Angstschauer. Doch nur eine Sekunde – und ich war noch nicht sicher, daß sie mich verstanden hatte!

»Was willst du?« fragte Donovan wieder.

Sie lächelte entwaffnend. »Bei dir bleiben. Ich dachte, du brauchst mich!«

»Renne mir nicht nach«, erwiderte Donovan. »Ich wünsche dich nicht um mich zu sehen. Geh nach Hause zu deiner Mutter. Geh, wohin du willst. Aber laß mich allein!«

Seine Stimme war ohne Modulation – wie Menschen sprechen, die physisch leiden. Sie erkannte das und trat dichter heran.

»Du hast Schmerzen«, sagte sie.

Donovan sprang auf und schritt drohend auf sie zu. »Mach, daß du 'rauskommst!« schrie er. »Hinaus! Kannst du nicht verstehen?«

Er stand dicht vor ihr, und sie sah ihm forschend in die Augen, als wolle sie in ihnen die Wahrheit lesen.