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Plötzlich tauchte der schreckliche Gedanke in mir auf, es könne sich in Janice verlieben! Janice war sehr hübsch. Und Donovan war in ihren Augen Patrick!

Wenn das geschah, so würde ich Zuschauer sein! Durch meinen eigenen Körper betrogen!

War ich schon wahnsinnig?

Ich mußte ruhig sein, klar denken, klar denken, klar denken! An Janice denken. Sie würde nicht den Kopf verlieren, sie tat es nie. Sie glaubte an mich – und ich konnte sie nicht enttäuschen. Ich, Patrick Cory, durfte nicht unzurechnungsfähig werden, nicht irre vor Furcht! Das würde sie mir niemals vergeben, sie würde mich verachten.

Ich mußte nur Geduld haben. Mein Augenblick würde kommen. Ich mußte nur warten und immer an Janice denken, die nicht wollte, daß ich den Verstand verlor.

Am Morgen überraschte mich Donovan durch das Zitieren dieser lächerlichen Zeile: »Auf zwei sich spreizenden Zweigen ...«, als hätten auch ihn in seinem Schlaf diese Worte gequält.

Donovans Ausdruck war verändert seit Yocums Tod. Sein Gesicht war härter geworden, sein Mund dünner, seine Augen starr und unmenschlich. Ontogenie, seine persönliche Erfahrung, wirkte sich an meinen Gesichtszügen aus.

Ich beobachtete ihn mit meiner angeborenen Neugierde, in einer plötzlichen Reaktion furchtlosen Interesses, als wäre ich noch in der Lage, die konkreten Fakten meiner wissenschaftlichen Beobachtungen auf dem Papier wiederzugeben.

Die schrecklichen Augenblicke des Entsetzens und der Verzweiflung waren seltener geworden. Ich trieb durch das Zentrum des geistigen Taifuns – aber der große Sturm stand bevor.

Wie mancher Mensch in der Stunde, die seinem Tode vorausgeht, keine Ahnung seines nahen Endes hat, sondern im Gegenteil mit neuer Hoffnung auf ein künftiges Leben erfüllt ist, so beobachtete ich dieses neue Bild von mir, das sich selbst im Spiegel ansah – das unbewegliche, bleiche Gesicht, die ergrauenden Haare, die tiefgeschnittenen Linien um die Nasenflügel.

Das war ich, aber gleichzeitig absolut nicht ich! Das Gesicht dort war in den letzten Tagen gealtert. Es war nicht mehr das Gesicht eines Achtunddreißigjährigen, sondern das eines Mannes, dem das beschwerliche Alter und der nahe Tod im Nacken sitzen!

Donovan redete mit sich selbst – in einer slawischen Sprache, die ich nicht verstand. Er kleidete sich fertig an, ging hinaus und stieg in seinen Mietwagen, der noch an der Ecke hinter dem Hotel stand, wo er ihn vor ein paar Tagen gelassen hatte.

Er fuhr nach dem Beverly Boulevard und dann nach Van Ness. Etwa hundert Meter vor dem Weatherby Wohnblock hielt er den Wagen an, kreuzte die Arme und saß und starrte regungslos vor sich hin.

Er wartete auf das Mädchen. Wieder beabsichtigte er, es zu töten.

Das hätte Donovan nie getan, während er in seinem eigenen Körper lebte. Aber welche Gefahr lief das Hirn? Wenn es mordete, kam Dr. Cory auf den elektrischen Stuhl! Ich war es, der sterben mußte, nicht das Hirn.

Es würde sein parasitisches Leben in einem anderen Körper fortsetzen, vielleicht in Schratts oder Sternlis ... Oder in dem einer Frau, oder eines Kindes – oder, wenn es Lust hatte, eines Hundes! Es gab keine Grenzen für seinen Polymorphismus!

Ich wußte nicht, ob das Hirn jemals in seiner krankhaften Phantasie solche Betrachtungen gepflogen hatte. Es betrug sich, als arbeitete nur sein Thalamus, ohne die hemmenden Einflüsse der Rinde.

Menschen, deren Thalamus durch eine Operation vom übrigen Hirn getrennt wird, haben keine Herrschaft mehr über sich. Sie werden unberechenbar, gefährlich. Genauso handelte Donovans Hirn.

Donovan selbst hatte nie einen betonten Sinn für Ethik gehabt, war aber gezwungen, sich den Gesetzen der Gesellschaft zu unterwerfen. Das Hirn hatte jetzt alle Fähigkeit verloren, Recht und Unrecht zu unterscheiden.

Es hatte nur die eine Idee – die Idee, mit der Donovan gestorben war: Den Tod Roger Hinds' gutzumachen. Es verfolgte hemmungslos diesen Zweck. Mord war nur ein Mittel, um zum Ziel zu gelangen. Das Hirn lief Amok!

Ein Polizeiwagen kam die Straße herauf, von einer schwarzen Limousine gefolgt. Beide Wagen hielten vor dem Wohnhaus. Zwei Männer gingen hinein, um nach ein paar Minuten mit dem Mädchen und ihrer Mutter zurückzukommen. Durch das seltsame mißlungene Attentat auf ihr Leben erschreckt, hatten die Eltern um Polizeischutz gebeten.

Während er langsam die Straße hinunterfuhr, entdeckte der Polizeiwagen Donovan. Er hielt längsseits.

Bedächtig zog Donovan eine Upman aus der Tasche und steckte sie an.

»Wohnen Sie hier?« fragte der Polizeioffizier argwöhnisch durch das Fenster.

»Nein!« Donovan schüttelte den Kopf.

»Was tun Sie hier?« fragte der Polizist.

»Ich zünde mir eine Zigarre an«, erwiderte Donovan freundlich.

Ein Polizist stieg aus, während der Fahrer sich bereithielt, im Notfalle zu helfen.

»Habe ich Sie nicht gestern hier gesehen?« Der Offizier musterte den Wagen.

»Nein«, sagte Donovan lächelnd.

»Es war ein Coupé«, sagte der Fahrer.

»Ihren Führerschein.« Der Beamte stellte seinen schweren Stiefel auf das Trittbrett. Donovan zog die Brieftasche heraus und öffnete sie. »Dr. Patrick Cory, Washington Junction, Arizona«, las der Polizist. Sein Verdacht legte sich. »Was tun Sie hier, Doktor?«

»Ich muß stadtabwärts, meinen Anwalt besuchen. Aber es ist noch zu früh. Deshalb hielt ich an, um eine Zigarre zu rauchen. Ist das nicht erlaubt?« fragte Donovan trocken.

»Aber selbstverständlich. Immerhin – es ist besser, Sie fahren weiter«, befahl der Offizier geheimnisvoll.

Langsam trat Donovan auf den Gashebel, leise fluchend, in einer Sprache, die ich nicht verstand. Im Rückspiegel sah er, daß der Polizist sich die Wagennummer aufschrieb. Sein Plan war fehlgeschlagen. Am Sunset Boulevard hielt Donovan bei einer Eisenwarenhandlung, kaufte ein zähes, dünnes Seil, ein langes, schweres Küchenmesser und einen Koffer und verstaute alles im Wagen.

Mich packte wieder die Angst. Was hatte er mit Messer und Seil vor? Wen wollte er in dem Koffer verbergen?

Er parkte den Wagen vor dem Hotel.

In der Halle saß Sternli wartend in einem Sessel. Sein freundliches altes Gesicht strahlte, als er Donovan eintreten sah, und er eilte mit einem glücklichen Lächeln auf ihn zu.

»Dr. Cory!« Dann ward er der Veränderung gewahr, die mit diesem Gesicht geschehen war. »Sind Sie krank?« Er war tief bestürzt.

Donovan sah ihn mit matter Verachtung an. »Durchaus nicht. Nein. Wie kommen Sie darauf? Aber Sie sehen ziemlich zusammengefallen aus!«

Sternli sah ihn ganz dumm an. Er war so verwirrt, daß er seine dicke Brille näher an Donovan heranbrachte, um sich zu vergewissern, daß er zu dem Richtigen sprach.

Donovan fragte ungeduldig: »Nun, haben Sie Geraldine Hinds gesehen? Und den Installateur in Seattle?«

Sternli antwortete langsam – er ahnte Böses. Er spürte diese seltsame Ähnlichkeit mit seinem früheren Herrn, die nicht in einer Verwandtheit der Gesichtszüge, sondern in der gleichen Art des Benehmens zu suchen war. Wenn er seinen Augen glaubte, war es Dr. Patrick Cory, mit dem er sprach.

»Ich habe einen Bericht gemacht. Die Fälle sind einfach.«

»Geben Sie her.« Donovan hielt die Hand hin.

Sternli schien überrascht durch Donovans Eile. Er öffnete seine Aktentasche und nahm ein paar maschinenbeschriebene Seiten heraus: »Geraldine Hinds führt eine Pension in Reno. Es geht ihr verhältnismäßig gut. Aber der Installateur in Seattle ist sehr arm. Nun, mit ein bißchen Geld könnte man beide sehr glücklich machen.«

»Halten Sie sich an die Tatsachen«, sagte Donovan grob.

Er griff nach den Papieren und ließ den alten Mann stehen.