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»Schicken Sie mir die Aufstellung Ihrer Ausgaben. Ich wünsche zu wissen, wieviel Sie auf dieser Reise verbraucht haben!« rief er über die Schulter zurück, als er forthinkte.

Sternli starrte ihm nach. Sein Gesicht sah gequält aus. Er blickte Donovan nach – er hatte erkannt, daß er ein Gespenst war.

Donovan ging rasch auf sein Zimmer, die Papiere in der Hand. Er öffnete die Tür, hinkte zum Schreibtisch und zog das mittlere Schubfach heraus.

Er erstarrte mitten in der Bewegung. Meine Aufzeichnungen waren fort!

Er setzte sich eine Weile nieder und lauschte mit gebeugtem Kopf einer Botschaft, die nur er hören konnte.

Ohne Zweifel – Janice hatte das Tagebuch weggenommen, wie ich das so sehr gewünscht hatte!

Nachdem sie nun die Umstände und die Gefahren wußte, würde sie vorsichtig sein und sich nicht exponieren. Ich betete, daß sie aus Donovans Reichweite sei!

Plötzlich stieß Donovan einen langen Seufzer aus, als habe er etwas Schreckliches erfahren. Wie ein Blinder tastete er nach dem Telefon. Er saß auf seinem Bett, die Hände im Schoß, und redete in seiner fremden Sprache mit sich selbst.

Das Telefon klingelte. Es war Fuller. »Nein. Sie ist nicht hier gewesen, Dr. Cory.«

»Gut«, sagte Donovan unpersönlich.

»Alles geht großartig«, fügte Fuller hastig hinzu, um seine Lüge zuzudecken. »Ich habe eine starke Verteidigung für Cyril Hinds aufgesetzt. War heute bei ihm. Morgen gebe ich ihm die Antworten, damit er sie auswendig lernt.«

»Gut«, sagte Donovan ausdruckslos.

»Übrigens, das Mädel«, fuhr Fuller mit gezwungenem Optimismus fort, »wissen Sie, ich bin zu der Ansicht gelangt, daß sie überhaupt nicht gefährlich ist! Sie hat schon solche Angst, daß die Geschworenen sie gar nicht ernst nehmen werden. Sie weiß jetzt nicht einmal mehr genau, was sie gesehen und gehört hat.«

»Gut«, sagte Donovan. Ich merkte, daß er überhaupt nicht zuhörte.

»Wie wär's, wenn Sie zu mir herüberkämen? Wir könnten zusammen speisen. Und dabei ein paar Punkte besprechen, die ich nicht durchs Telefon diskutieren möchte. Pulse wird hier sein ...«, Fuller zögerte.

Pulse hatte ihn bestimmt von dem Mordversuch unterrichtet. Wenn Fuller es überhaupt nicht erwähnte, mußte er einen Trick in der Hinterhand haben.

»Gut«, sagte Donovan.

»Und bitte – bringen Sie doch Ihre Frau Gemahlin mit. Ich würde sie gerne kennenlernen.«

»Gut.« Donovan legte den Hörer auf.

Er stand wie eine Statue. Plötzlich begann er zu zittern und ohne seine Stellung zu ändern, hin und her zu schwanken. Nur seine Hände öffneten und schlossen sich, und er grub die Nägel tief in die Handflächen.

Strauchelnd ging er aus dem Zimmer, hinkte den Korridor entlang und klopfte an Janices Tür.

»Wer ist da?« fragte sie mit hoher, kindlicher Stimme. O Gott, sie hatte sich nicht in Sicherheit gebracht!

»Aufmachen!« sagte Donovan.

»Die Tür ist nicht verschlossen«, antwortete Janice.

Sie saß auf ihrem Bett, die Füße unter sich gezogen, und las in meinem Tagebuch. Mit seltsam ruhigen Augen blickte sie Donovan an, als versuche sie, direkt in sein Hirn zu sehen, aber sie machte keinen Versuch, das Buch zu verbergen, das sie in der Hand hielt.

»Hallo!« Sie sprach mit leichter Stimme, ohne ihre Stellung zu ändern. Sie schien darauf bedacht, daß er das Heft sehen sollte, das sie ohne seine Erlaubnis an sich genommen hatte.

Sie hoffte, er würde etwas darüber sagen, doch er bemerkte nur kurz: »Ich wünsche, daß du mit mir kommst.«

Sie nickte, sein Gesicht keine Sekunde aus den Augen lassend. Ein kleines gefrorenes Lächeln um ihre Lippen verriet, daß sie sich nicht so ungezwungen fühlte, wie sie erscheinen wollte.

Demonstrativ klappte sie das Tagebuch zu, ging dann durchs Zimmer, um es in den Schreibtisch zu legen, den sie sorgsam verschloß. Sie nahm ihre Handtasche auf und tat den Schlüssel hinein.

Wieder wartete sie, in der Hoffnung, Donovan würde zu ihr sprechen.

Ich konnte nicht erraten, was Janice dachte. Sie mußte wissen, daß es verhängnisvoll sei, Donovan zu folgen. Da sie meinen Bericht gelesen hatte, mußte sie auch wissen, daß das Hirn und nicht ich meinen Körper lenkte. Doch aus einem Grunde, der mit rätselhaft war, stürzte sie sich kopfüber in die Gefahr.

»Also – gehen wir.« Sie nahm ihren Hut und Mantel und ging vor Donovan hinaus in den Korridor.

Hätte ich sie nur zurückhalten können! Sie ging in den Tod! Janice war unsinnig, so auf ihre eigene Kraft zu vertrauen. Niemand hatte Kraft genug, um Donovan zu widerstehen.

Als sie an der Anmeldung vorbeikam, gab sie den Schlüssel ab und sagte dem Portier, daß sie bald zurückkäme.

Donovan ging zum Wagen, und sie folgte ihm zur Tür.

»Woher hast du den Buick?« fragte sie, einen Augenblick zögernd, als wolle sie ein wenig Zeit gewinnen.

»Gemietet«, murmelte Donovan.

Sie stieg ein, Donovan fuhr ab.

An der Highland Avenue wandte er sich nach Norden.

»Wohin fahren wir?« fragte Janice – ihre Stimme war ruhig.

»Ich habe mit dir zu reden«, sagte er, als sei das Antwort genug auf ihre Frage.

Am Woodrow Wilson Drive bog er in das Gebirge, fuhr eine ungepflasterte Straße entlang und hielt schließlich auf einem weiten einsamen Plateau, wo vor Jahren ein Grundstücksmakler den Bau eines großen Hotels geplant hatte.

Wie ein riesiges Spinnengewebe breitete sich die Stadt nach allen Richtungen aus. Der Wind trug das unterdrückte Gesumm der geschäftigen Stadt herauf. Wagen hupten, die Straßenbahnen donnerten, alles weit, weit entfernt und wie mit dem tiefen Murmeln von tausend Stimmen gemischt.

Der Horizont war blaßblau, wo Land und Ozean sich begegneten, und dunkle Öltürme streckten sich auf dünnen Beinen gegen den Himmel.

Donovan schaltete den Motor aus, wandte langsam den Kopf und blickte auf den Koffer im Rücksitz, dann drehte er sich wie ein Automat wieder nach vorn.

Janice folgte seiner Bewegung, und ich merkte, daß sie sich die ganze Zeit der Gefahr bewußt gewesen war. Aber sie war nie vor etwas geflohen, und sie floh auch diesen Augenblick nicht!

»Warum willst du mich eigentlich töten?« fragte sie ruhig, fast neugierig.

»Ich kann mir niemanden im Weg stehen lassen«, murmelte Donovan, wandte aber das Gesicht ab, um ihrem Blick nicht zu begegnen. »Die Welt ist gegen mich. Jedermann ist gegen mich.« In seiner Stimme war keine Bitterkeit, er sprach ohne Empfinden, als berichte er einfache Tatsachen.

»Niemand ist gegen dich«, sagte Janice. Sie legte ihm die Hand fest auf die Schultern, um ihn zu zwingen, sie anzusehen. »Du hast die Welt immer aus dem verkehrten Brennpunkt gesehen. Du hast dein Leben lang geglaubt, die Menschen seien gegen dich, und es war nicht wahr. Du hast immer Ursache und Wirkung verwechselt.«

Donovan hörte zu. Zum erstenmal in seinem Leben sprach jemand so geradeheraus zu ihm. Er schien erstaunt und interessiert. Also das hatte Janice versuchen wollen ... Donovan mit der Wahrheit angreifen! Und sie sprach weiter zu dem Ungeheuer, in dem Glauben, sie könne ihm mit Logik beikommen.

Ich sah ihre Gefahr, ich sah ihr tapferes, nutzloses Opfer.

»Dein ganzes Leben lang warst immer du es, der die Menschen angriff«, fuhr Janice fort. »Und wenn sie zurückschlugen – manchmal um ihr Leben – warst du erstaunt. Dann hieltest du dich für grundlos angegriffen! Wer immer dir widersprach, tat dir Unrecht. Du hast niemals verstanden, daß man seine Wünsche beherrschen muß. Das Leben ist ein gegenseitiger Kompromiß. Wenn du nur dieses einfache Gesetz verstehen würdest, das allein es möglich macht, in der menschlichen Gesellschaft zu existieren, so wärst du nicht so unglücklich gewesen. Niemand hat dir etwas zuleide tun wollen.«

Er hörte sich an, was sie ihm auseinandersetzte – aber er verstand es nicht. Er hatte keine Gefühle, wie eine Dampfwalze, die alles aus ihrem Wege schiebt.