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Spaßeshalber schlug ich Chepstow nach. Paddys» langes Ende «war dort in Zahlen angegeben: zweihundertfünfzig Meter. Ich sah Kelso, Sedgefield, Ludlow, Stafford und Haydock nach. Sie hatten viel längere Schlußgeraden als Chepstow. Ich schlug die Einlaufgeraden sämtlicher Bahnen nach. Die vom Grand-National-Kurs in Aintree war die zweitlängste. Die längste überhaupt war Sedgefield; an dritter, vierter, fünfter und sechster Stelle kamen Ludlow, Haydock, Kelso und Stafford. Sie alle hatten Zielgeraden von über vierhundert Metern. Die geographische Lage tat nichts zur Sache: Die Doper hatten diese fünf Bahnen fast mit Sicherheit herausgegriffen, weil dort vom letzten Hindernis zum Ziel gut vierhundert Meter zu laufen waren.

Es war ein erster, wenn auch kleiner Fortschritt, diese Gesetzmäßigkeit in dem Allerlei erkannt zu haben. Nicht mehr ganz so niedergedrückt legte ich die Rennberichte weg und ging um vier wohl oder übel mit den anderen auf den vom Regen überschwemmten Hof hinaus, um mich je eine Stunde meinen drei Schützlingen zu widmen, ihr Fell zu striegeln, damit es einen gesunden Glanz bekam, ihre Streu zu erneuern, ihnen Wasser zu holen, während Inskips Rundgang ihre Köpfe zu halten, ihnen die Stalldecke aufzulegen und schließlich noch ihr Futter zu bringen. Wie üblich wurde es sieben, bis wir alle fertig waren, und acht, bis wir gegessen und uns umgezogen hatten und hinunter nach Slaw brettern konnten, sieben Mann in einem klapprigen alten Austin.

Billard, Dart, Domino, endlose, harmlose Aufschneidereien, alles wie gehabt. Geduldig saß ich da und wartete. Es war fast zehn, die Zeit, um die Pferdepfleger und andere Frühaufsteher allmählich austrinken, da schlenderte

Soupy in Richtung Ausgang, sah, daß ich ihn beobachtete, und bedeutete mir mit dem Kopf, ihm zu folgen. Ich stand auf, ging hinter ihm hinaus und fand ihn auf der Toilette.

«Das ist für dich. Der Rest am Dienstag«, sagte er knapp, zog die Lippe hoch, glotzte mich zum Zeichen seiner Härte eisig an und gab mir ein dickes braunes Kuvert. Ich steckte es in meine schwarze Lederjacke und nickte ihm zu. Wortlos, ohne zu lächeln, eisigen Blickes drehte ich mich auf dem Absatz um und kehrte in die Bar zurück.Minuten später kam auch er wieder herein, als wäre nichts gewesen.

So zwängte ich mich dann zur holprigen Rückfahrt in den Austin und trug, als ich mich in unserem kleinen Schlafsaal hinlegte, fünfundsiebzig Pfund und ein Päckchen weißes Pulver direkt über dem Herzen.

Kapitel 6

October tauchte den Finger in das Pulver und kostete es.

«Ich weiß auch nicht, was das ist«, sagte er kopfschüttelnd.»Wir lassen es analysieren.«

Ich bückte mich nach seinem Hund, streichelte ihn und kraulte ihn hinter den Ohren.

«Ist Ihnen klar«, sagte October,»was für ein Risiko Sie eingehen, wenn Sie das Geld annehmen, dem Pferd aber das Zeug nicht geben?«

Ich grinste ihn an.

«Das ist nicht zum Lachen«, sagte er ernst.»Diese Leute können ganz schön ruppig werden, und es nützt uns wenig, wenn man Ihnen die Rippen bricht.«

«An sich fände ich es auch besser, wenn Sparking Plug nicht gewinnen würde«, sagte ich, mich aufrichtend.»Die Leute, hinter denen wir eigentlich her sind, werden kaum an mich herantreten, wenn sie hören, daß ich schon mal jemand verladen habe.«

«Sie sagen es. «Er hörte sich erleichtert an.»Sparking Plug muß verlieren, aber Inskip… wie erkläre ich dem, daß der Jockey hinterhermachen soll?«

«Das geht nicht«, sagte ich.»Die darf man da nicht reinziehen. Aber ich bin auch noch da. Das Pferd gewinnt schon nicht, wenn ich es morgen früh dursten lasse und ihm kurz vor dem Rennen einen Eimer Wasser hinstelle.«

Er sah mich belustigt an.»Sie haben ja schon einiges gelernt.«

«Und ob; die Haare würden Ihnen zu Berge stehen.«

Er erwiderte mein Lächeln.»Also gut. Es geht wohl nicht anders. Man fragt sich, was die Hindernisbehörde davon halten würde, daß einer ihrer Leiter mit einem seiner Stallangestellten verabredet, einen Favoriten zurückzuhalten?«

Er lachte.»Roddy Beckett weihe ich ein, aber für Inskip und für die Pfleger hier, die auf das Pferd setzen, ist das gar nicht lustig, und auch für das breite Publikum nicht, das sein Geld verliert.«

«Nein«, gab ich zu.

Er faltete das Päckchen mit dem weißen Pulver zusammen und steckte es wieder zu dem Geld. Die fünfundsiebzig Pfund im Umschlag bestanden törichterweise aus einem Bündel neuer Fünfer mit fortlaufenden Nummern; October wollte versuchen, festzustellen, an wen sie ausgegeben worden waren.

Ich erzählte ihm von den langen Zielgeraden auf den Bahnen, wo die elf Pferde gewonnen hatten.

«Das hört sich fast so an, als hätten sie doch Vitamine benutzt«, meinte er nachdenklich.»Die kann man bei der Dopinguntersuchung nicht nachweisen, da sie letztlich keine Drogen, sondern Nährstoffe sind. Die ganze Vitaminfrage ist sehr schwierig.«

«Sie erhöhen die Ausdauer?«

«Und zwar beträchtlich. Für Pferde, die auf den letzten achthundert Metern >eingehen< — und wie Sie festgestellt haben, gehören unsere elf ja dazu —, wäre das ideal. Aber an Vitamine haben wir mit als erstes gedacht, und wir mußten sie streichen. In massiver Dosis in die Blutbahn injiziert, können sie Pferden zwar zum Sieg verhelfen, und in der Analyse zeigen sie sich nicht, weil sie bei der Siegesanstrengung aufgebraucht werden, aber sie hinterlassen auch sonst keine Spuren. Sie erregen nicht, und die Pferde sehen nach dem Rennen nicht aus, als ständen sie bis zu den Ohren unter Speed. «Er seufzte.»Ich weiß auch nicht…«

Bedauernd gestand ich ein, daß Becketts Manuskript mich nicht weitergebracht hatte.

«Weder Beckett noch ich haben uns davon so viel versprochen wie Sie«, sagte er.»Ich habe mich diese Woche eingehend mit ihm beraten, wir sind der Meinung, daß Sie am ehesten noch etwas finden können, was bei den breit angelegten Ermittlungen damals übersehen wurde, wenn Sie in einem der Ställe arbeiten, wo die elf Pferde zum Zeitpunkt ihres Dopings trainiert wurden. Acht Tiere sind inzwischen leider verkauft worden und haben den Stall gewechselt, aber drei sind noch bei ihren damaligen Trainern, und es wäre vielleicht das beste, Sie kämen dort unter.«

«Gut«, sagte ich.»Geht klar. Ich frage bei allen dreien. Aber die Fährte ist schon reichlich kalt… und Kandidat Nummer zwölf wird in einem ganz anderen Stall auftauchen. In Haydock war wohl diese Woche nichts?«

«Nein. Wir haben von allen Teilnehmern am Verkaufsrennen vorher Speichelproben genommen, uns die Untersuchung aber geschenkt, weil der Favorit ganz normal gesiegt hat. Da wir dank Ihnen jetzt jedoch wissen, daß die fünf Bahnen bewußt wegen ihrer langen Zielgeraden ausgewählt worden sind, werden wir dort künftig besonders gut aufpassen. Zumal, wenn eins der elf Pferde da wieder läuft.«

«Sie können ja im Rennkalender nachsehen, ob eins genannt ist«, stimmte ich zu.»Bis jetzt ist aber noch keins zweimal gedopt worden, und ich wüßte nicht, warum sich das ändern sollte.«

Eine eisige Bö fegte die Anhöhe hinunter, und er fröstelte. Der Bach, vom gestrigen Regen angeschwollen, rauschte durch sein felsiges Bett. October pfiff seinem Hund, der am Ufer herumschnüffelte.

«Übrigens«, sagte er, als er mir die Hand gab,»die Tierärzte sind der Meinung, daß die Pferde weder durch Pfeile noch durch Gummimunition oder sonstige Geschosse angetrieben wurden. Ganz ausschließen können sie es allerdings nicht. Die Pferde wurden damals nicht allzu genau untersucht. Beim nächsten Mal werde ich dafür sorgen, daß jeder Zentimeter Haut nach Einstichen abgekämmt wird.«

«Gut. «Wir lächelten einander an und trennten uns. Ich mochte ihn. Er hatte Phantasie und einen Humor, der sein ehrfurchtgebietendes, machtbewußtes Auftreten milderte. Ein Kämpfer, dachte ich bewundernd: willensstark, körperlich stark, selbstbewußt; ein Mann, der sich den Grafentitel verdienen würde, wenn er ihn nicht geerbt hätte.