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«Alles in Ordnung, Sir? Hat Roke irgend etwas falsch gemacht, Mr. Adams?«

Wie es mir gelang, die Fassung zu bewahren, weiß ich nicht genau. Mr. Adams. Mr. Paul James Adams, ehemaliger Besitzer von sieben später gedopten Pferden?

«Kann der Zigeuner überhaupt mit meinen Pferden umgehen?«fragte Adams kränkend.

«Er ist nicht schlechter als die anderen«, versicherte ihm Cass.

«Was noch nicht viel heißt. «Er warf mir einen abschätzigen Blick zu.»Während des Frosts haben Sie es leicht gehabt. Viel zu leicht. Jetzt jagen wir wieder, und Sie müssen sich am Riemen reißen. Ich sehe das nicht so lok-ker wie Ihr Chef, lassen Sie sich das gesagt sein.«

Ich schwieg. Er schlug knallend mit der Peitsche an seinen Stiefel.

«Haben Sie gehört? Mir kann man es nicht so leicht recht machen.«

«Ja, Sir«, sagte ich leise.

Er öffnete die Hand und ließ die Peitsche fallen.

«Aufheben«, sagte er.

Als ich mich bückte, setzte er mir den Fuß auf die Schulter und gab mir einen jähen Stoß, so daß ich die Balance verlor und der Länge nach in den Dreck fiel.

Er lächelte maliziös.

«Hoch mit Ihnen, Sie Tolpatsch. Sie wollten doch meine Peitsche aufheben.«

Ich stand auf, nahm die Peitsche und hielt sie ihm hin. Er riß sie mir aus der Hand und meinte zu Cass:»Denen muß man zeigen, daß man sich nichts bieten läßt. Immer drauf mit dem Daumen. Der hier«, er musterte mich kalt,»hat einen Denkzettel verdient. Was schlagen Sie vor?«

Cass sah mich unsicher an. Ich blickte zu Adams. Es wird ernst, dachte ich. Seine graublauen Augen waren seltsam verschleiert, wie wenn er getrunken hätte, doch er war stocknüchtern. Ich hatte diesen Augenausdruck schon einmal gesehen, bei einem Pfleger, der kurzzeitig bei mir beschäftigt war, und ich wußte, was er bedeutete. Jetzt mußte ich raten — und ich hatte nur einen Versuch —, ob er lieber starke oder schwache Gegner schikanierte. Mein Gefühl sagte mir, vielleicht wegen seiner Körpergröße und seiner augenscheinlichen Weitläufigkeit, daß es ihm zu billig wäre, einen Schwächling niederzutreten. In dem Fall durfte ich jetzt alles, bloß keine Zähne zeigen. Ich machte mich so krumm und klein, wie ich nur konnte.

«Ach Gott«, sagte Adams angewidert.»Sieh sich einer den an. Der vergeht ja vor Angst. «Er zuckte gereizt die Achseln.»Na gut, Cass, soll er ein paar Wege fegen oder irgend so ’nen Quatsch. Das bringt ja nichts. Wo kein Rückgrat ist, kann man keins brechen. Da jage ich doch lieber Füchse, die haben wenigstens ein bißchen Pep, ein bißchen Mumm.«

Sein Blick schweifte zu Humber, der hinten über den Hof ging.»Sagen Sie Mr. Humber, ich möchte ihn kurz sprechen«, wies er Cass an, und als der gegangen war, wandte er sich wieder an mich.

«Wo haben Sie vorher gearbeitet?«

«Bei Mr. Inskip, Sir.«

«Und er hat Sie rausgeworfen?«

«Ja, Sir.«

«Weshalb?«

«Ich, ehm…«Ich stockte. Es war ungemein ärgerlich, einem solchen Mann Rechenschaft geben zu müssen, aber wenn ich ihm ein paar Häppchen vorwarf, die er überprüfen konnte, würde er mir die faustdicken Lügen vielleicht unbesehen glauben.

«Antworten Sie, wenn ich Sie etwas frage«, sagte Adams kalt.»Weshalb hat Inskip Sie gefeuert?«

Ich schluckte.»Ich mußte gehen, weil ich, ehm… ich hab mit der Tochter vom Chef herumgemacht.«

«Mit der Tochter vom Chef. «, wiederholte er.»Du lieber Gott. «Süffisant fügte er eine obszöne Bemerkung an, die ihre Wirkung nicht verfehlte. Er sah mich zusammenzucken und weidete sich an meiner Verlegenheit. Cass und Humber kamen. Adams wandte sich lachend an Humber und sagte:»Weißt du, warum dieser Gockel bei Inskip geflogen ist?«

«Ja«, meinte Humber nur.»Er hat Octobers Tochter verführt. «Es interessierte ihn nicht.»Dazu kam ein Favorit, der Letzter wurde. Den er betreut hat.«

«Octobers Tochter!«sagte Adams überrascht, die Augen zusammenkneifend.»Ich dachte, er meint Inskips Tochter.«

Wie nebenbei gab er mir eine deftige Ohrfeige.»Lügen Sie mich nicht an.«

«Mr. Inskip hat keine Tochter«, wandte ich ein.

«Und keine Widerrede!«Er schlug noch einmal zu. Die Hand saß locker. Er hatte offensichtlich viel Übung.

«Hedley«, sagte er zu Humber, der das einseitige Geplänkel unbeteiligt mit angesehen hatte,»du kannst am Montag mit mir zum Pferderennen nach Nottingham fahren. Ich hole dich um zehn Uhr ab.«

«Gut«, sagte Humber.

Adams wandte sich an Cass.»Denken Sie an die Lektion für den feigen Don Juan da. Damit er sich ein bißchen abkühlt.«

Cass kicherte unterwürfig und machte mir eine Gänsehaut.

Adams stieg gelassen in seinen Jaguar, ließ den Motor an und fuhr hinter dem Transporter mit seinen beiden Huntern her.

Humber sagte:»Daß mir Roke nachher nicht auf dem Zahnfleisch geht, Cass. Der wird hier zum Arbeiten gebraucht. Schalten Sie Ihren Verstand ein.«

Er hinkte davon, um die Stallkontrolle fortzusetzen.

Cass schaute mich an, und ich sah entschieden an meinen feuchten, verschmutzten Kleidern hinunter in dem Bewußtsein, daß der Futtermeister auf der Gegenseite stand und nichts als Gefügigkeit in meinem Gesicht erkennen durfte.

Er sagte:»Mr. Adams läßt sich nicht gern ärgern.«

«Ich habe ihn nicht geärgert.«

«Und er duldet auch keine Widerrede. Merk dir das.«

«Hat er noch mehr Pferde hier?«fragte ich.

«Ja«, sagte Cass,»nur geht dich das nichts an. Er hat aber gesagt, daß ich dir einen Denkzettel verpassen soll, und das vergißt er nicht. Er kommt darauf zurück.«»Ich hab doch nichts getan«, sagte ich mürrisch, den Blick noch gesenkt. Was wohl mein Vorarbeiter dazu sagen würde? dachte ich und mußte bei der Vorstellung fast schmunzeln.

«Das ist auch nicht nötig«, meinte Cass.»Bei Mr. Adams kommt die Strafe vorher, damit man gar nicht erst Mist baut. Irgendwie logisch. «Er lachte schnaubend.

«Vorbeugung, gell?«

«Hat er nur Hunter?«fragte ich.

«Nein«, sagte Cass,»aber deine zwei sind Hunter, denk dran. Die reitet er selbst, und es ist besser, wenn jeder Bürstenstrich an denen stimmt.«

«Springt er mit den Pflegern seiner anderen Pferde auch so um?«

«Jerry hat sich noch nie beklagt. Und dich läßt er auch leben, wenn du spurst. Aber was geben wir dir denn jetzt zu tun…?«:

Ich hatte gehofft, er hätte es vergessen.

«Du kannst die Gehwege auf den Knien schrubben. Fang gleich an. Du ißt mit den anderen und machst dann weiter bis zur Abendstallzeit.«

Ich blieb mit niedergeschlagenen Augen wie ein begossener Pudel stehen, obwohl es mir gewaltig gegen den Strich ging. Was erwartete October eigentlich von mir? Wieviel mußte ich mir gefallen lassen? Gab es einen Punkt, an dem er sagen würde:»Schluß, bis hierher und nicht weiter. Steigen Sie aus«? Wenn ich bedachte, wie schlecht er auf mich zu sprechen war, wahrscheinlich nicht!

«Im Sattelkammerschrank ist eine Scheuerbürste. Also bitte. «Cass ging davon.

Die betonierten Wege waren fast zwei Meter breit und liefen an den Boxen entlang um den ganzen Hof. Sie wa-ren in den vier Wochen meiner Anwesenheit immer schneefrei gehalten worden, damit der Futterwagen zügig von Box zu Box kam, und wurden wie bei Inskip und bei mir und in den meisten modernen Ställen regelmäßig von Stroh und Staub gesäubert; aber sie an einem Tauwettertag Ende Januar beinah vier Stunden lang auf den Knien liegend zu scheuern, war eine elende, hirnverbrannte, sinnlose Schinderei. Und es war lächerlich.

Ich hatte die Wahl, entweder die Wege zu schrubben oder mich auf mein Motorrad zu schwingen und adieu zu sagen. Im Gedanken daran, daß es mir mindestens zehntausend Pfund einbrachte, schrubbte ich; und Cass lungerte den ganzen Tag im Hof herum, damit ich ja keine Pause einlegte.

Die Jungs, die mich am Nachmittag auf dem Weg zum Cafe und bei ihrer Rückkehr aus Posset schon schadenfroh verspottet hatten, sorgten am Abend dafür, daß die Wege schließlich schmutziger waren als am Morgen. Das kümmerte mich zwar nicht, aber Adams’ Pferde kamen so ver-dreckt und verschwitzt zurück, daß ich zwei Stunden brauchte, um sie zu putzen, da mir vor Müdigkeit die Finger kaum noch gehorchten.