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Auf der anderen Seite der Koppel und zu meiner Rechten ragten kahle Hügel auf; hinter mir lagen gut zwanzig Hektar offenes Weideland, und die durch ein paar Nadelbäume von der Straße abgeschirmte Schmalseite links hatten Adams und Humber direkt vor Augen.

Um den Graben zu erreichen, hatte ich den unzureichenden Schutz der letzten kleinen Anhöhe verlassen und eine fünfzehn Meter breite Grasfläche überqueren müssen, als gerade keiner der Männer zu sehen war. Aber der Rückzug würde weniger schweißtreibend sein, denn dann brauchte ich nur die Dunkelheit abzuwarten.

Der Transporter stand neben dem Schuppen, und ich war kaum von der Anhöhe zu meinem jetzigen Standort gelangt, als ich auch schon Hufgeklapper auf der Rampe hörte und Kandersteg ausgeladen wurde. Jud Wilson führte ihn durchs Gatter auf die grasbedeckte Bahn. Adams folgte ihm, schloß das Gatter, löste dann eine schwenkbare Zaunlatte und legte sie als Schranke über die Bahn. Er ging an Jud und dem Pferd vorbei und tat das gleiche mit einer zweiten Zaunlatte ein paar Meter weiter, so daß Jud und Kandersteg jetzt in einem kleinen Pferch in der Ecke standen. Ein Pferch mit drei Ausgängen: dem Gatter und den beiden als Schlagbäume dienenden Zaunlatten.

Jud ließ das Pferd los, das friedlich zu weiden begann, und er und Adams begaben sich zu Humber in den Schuppen. Der verwitterte Holzschuppen ähnelte einer Stallbox, mit Fenster und im oberen Teil aufklappbarer Tür, und ich nahm an, dort hatte Mickey den größten Teil seiner dreitägigen Abwesenheit verbracht.

Im Schuppen wurde eine Zeitlang geklappert und gehämmert, doch von meinem Posten aus konnte ich nicht sehen, was vorging.

Schließlich kamen alle drei heraus. Adams lief um den Schuppen herum, tauchte hinter der Koppel wieder auf und ging den Hang hinauf. Er ging zügig bis obenhin und blickte ringsum in die Landschaft.

Humber und Wilson trugen gemeinsam ein Gerät auf die Koppel, das einem Staubsauger ähnelte, ein trommelförmiger Behälter mit Schlauch. Sie stellten die Trommel in die Ecke, und Wilson nahm den Schlauch in die Hand. Kandersteg, der friedlich neben ihnen das Gras abfraß, hob den Kopf und sah sie ohne Neugier, ohne Argwohn an. Er fraß weiter.

Humber war mit ein paar Schritten bei der ersten vorgelegten Schranke, schien etwas nachzuprüfen und stellte sich dann wieder neben Wilson, der zu Adams hinaufblickte.

Adams winkte lässig von oben herunter.

Humber führte am Rand der Koppel etwas zum Mund.

Ich war zu weit entfernt, um mit bloßem Auge zu erkennen, ob es eine Pfeife war, und zu nah, als daß ich es gewagt hätte, das Fernglas herauszuholen. Aber auch wenn ich nicht das geringste hörte, bestand eigentlich kein Zweifel. Kandersteg hob den Kopf, spitzte die Ohren und sah Humber an.

Ein Flammenstoß schoß plötzlich aus dem Schlauch in Wilsons Hand. Er reichte nicht ganz an das Pferd heran, erschreckte es aber gewaltig. Es fiel auf die Hinterhand zurück und legte die Ohren an. Im selben Moment beweg-te Humber den Arm, und die hochklappende Schranke gab den Weg auf die Bahn frei. Das Pferd ließ sich nicht erst bitten.

Es stürmte in wilder Flucht um die Bahn, rutschte in den Kurven, schlitterte gegen den Lattenzaun, donnerte drei Meter an meinem Kopf vorbei. Wilson öffnete die zweite Schranke, und er und Humber zogen sich durchs Gatter zurück. Kandersteg ging zweimal mit hoher Geschwindigkeit um die ganze Bahn, bevor sein gestreckter Hals sich ein wenig entspannte und er in einen ruhigeren, halbwegs natürlichen Galopp verfiel.

Humber und Wilson beobachteten ihn, und Adams, der den Hang herunterkam, gesellte sich am Gatter zu ihnen.

Sie warteten, bis das Pferd sich müde gelaufen hatte und ein Stück rechts von mir nach etwa dreieinhalb Runden von selbst stehenblieb. Dann sperrte Jud Wilson mit einer Schranke wieder die Bahn ab und ging, einen Stock und eine Hetzpeitsche schwenkend, hinter dem Pferd her, um es in die Ecke zu treiben. Kandersteg, verunsichert, schwitzend, wollte sich nicht fangen lassen und fiel in einen nervösen Trab.

Jud Wilson schwenkte Stock und Peitsche und blieb stur hinter ihm. Kandersteg trabte leise an mir vorbei; ich hörte seine Hufe durch das kurze Gras wischen, aber ich schaute nicht mehr hin. Mein Gesicht war am Fuß der Hecke vergraben, und ich hielt krampfhaft still. Sekunden vergingen wie Stunden.

Ich hörte ein Hosenbein gegen das andere scheuern, hörte gedämpfte Schritte auf Gras, ein Knallen der langen Peitsche… aber nicht den befürchteten Wutschrei. Wilson ging weiter die Koppel entlang.

Meine ganz auf rasche Flucht vom Graben zum Motorrad eingestellten Muskeln entspannten sich langsam. Ich schlug die Augen auf, sah faules Laub vor meiner Nase und brachte erst mal Speichel in meinen Mund. Vorsichtig, Zentimeter für Zentimeter, hob ich den Kopf und lugte über die Koppel hin.

Das Pferd hatte die Schranke erreicht, und Wilson schloß gerade hinter ihm die andere, so daß es wieder auf engem Raum eingesperrt war. Eine halbe Stunde ließen sie es in Ruhe. Sie verzogen sich in den Schuppen, und mir blieb nichts anderes übrig, als zu warten, bis sie wieder auftauchten.

Es war ein schöner, klarer, ruhiger Morgen, aber etwas zu kalt, um ihn in einem feuchten Graben zu verbringen. Da jedoch jede Bewegung, die über das Durchbiegen von Fingern und Zehen hinausging, gefährlicher sein konnte als eine Lungenentzündung, blieb ich still liegen und beruhigte mich mit dem Gedanken, daß ich von Kopf bis Fuß schwarz angezogen war, zudem schwarze Haare hatte und in schwarzbraunem Moderlaub lag. Wegen der schützenden Farbe hatte ich den Graben einer Senke am Hang vorgezogen, und das war ein Glück, denn von seinem Aussichtspunkt aus hätte Adams meine dunkle Gestalt an dem hellgrünen Hang mit ziemlicher Sicherheit sofort entdeckt.

Ich sah nicht, wie Jud Wilson aus dem Schuppen kam, aber ich hörte ihn das Gatter öffnen, und schon betrat er den Pferch und legte die Hand an Kanderstegs Zügel, als wollte er ihm die Angst nehmen. Aber wie konnte ein Mensch, der Pferde mochte, mit dem Flammenwerfer auf sie losgehen? Und genau das hatte Jud offensichtlich wieder vor. Er ließ das Pferd stehen, ging zu dem Gerät in der Ecke, ergriff den Schlauch und stellte die Düse neu ein.

Bald darauf erschien Adams und spazierte den Hang hinauf, und Humber hinkte mit seinem Gehstock zu Jud auf die Koppel.

Sie mußten lange auf Adams’ Zeichen warten, denn er ließ erst drei Autos auf der einsamen Heidestraße passieren. Dann war die Luft rein. Sein Arm ging lässig hoch und wieder runter.

Humber führte die Hand zum Mund.

Kandersteg wußte schon, was das bedeutete. Verängstigt lief er auf den Hinterbeinen rückwärts, bis der Flammenwerfer hinter ihm in Aktion trat und ihn jäh zum Stehen brachte.

Diesmal war der Feuerstoß stärker, länger, dichter an ihm dran, und Kandersteg geriet in noch größere Panik. Wieder und wieder raste er um die Bahn — auf mich zu, an mir vorbei, auf mich zu… Aber diesmal blieb er am oberen Ende der Koppel stehen, weit von meinem Versteck entfernt.

Jud ging nicht um das Geläuf, sondern mitten über die Koppel, um hinter ihn zu gelangen. Ich seufzte zutiefst erleichtert auf.

Obwohl ich mich eigentlich so hingelegt hatte, daß es bequem auszuhalten war, taten mir vom Stillhalten langsam die Knochen weh, und ich hatte einen Krampf in der rechten Wade, aber solange die drei Männer in Sicht waren, wagte ich es dennoch nicht, mich zu bewegen.

Sie sperrten Kandersteg in seinen kleinen Pferch und verzogen sich in den Schuppen, und ich reckte und streckte mich ganz vorsichtig, ganz leise in dem faulen Laub, bis der Krampf verschwand und tausend Nadelstiche ihn ablösten. Nun ja… es konnte nicht ewig dauern.

Offensichtlich war aber noch ein Durchgang geplant. Der Flammenwerfer war noch an seinem Platz.