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Aber zwei Fürsten hatten das Verschwinden des Stabs ernst genommen: Einer herrschte in jenem Teil Ansalons, wo der Stab entdeckt worden war, der andere war in diesem Gebiet geboren und aufgewachsen. Einer war ein dunkler Kleriker, der andere eine erfahrene Schwertkämpferin. Beide erkannten, wie gefährlich sich ein Beweis für die Rückkehr der alten Götter auf ihre Sache auswirken könnte.

Der eine, Lord Verminaard, schickte Schwärme von Drakoniern, Goblins und Hobgoblins nach dem blauen Kristallstab aus. Kitiara schickte Gakhan.

Es war Gakhan, der Flußwind und den blauen Kristallstab bis zum Dorf Que-Shu verfolgt hatte, und es war Gakhan, der den Überfall auf das Dorf anordnete, bei dem die meisten seiner Bewohner systematisch umgebracht wurden.

Aber plötzlich verließ er Que-Shu, da er Berichte erhalten hatte, daß der Stab in Solace gesichtet worden war. Der Drakonier reiste zu der Stadt, nur um herauszufinden, daß er einige Wochen zu spät gekommen war. Aber hier erfuhr er von Einheimischen, die er ›befragt‹ hatte, daß sich die Barbaren, die den Stab hatten, einer angeblich aus Solace stammenden Gruppe von Abenteurern angeschlossen hatten. Gakhan mußte an diesem Punkt eine Entscheidung treffen.

Er konnte versuchen, ihre Spur zu finden, die zweifellos im Laufe der Wochen kalt geworden war, oder er konnte zu Kitiara mit Beschreibungen dieser Abenteurer zurückkehren, um herauszufinden, ob sie ihr bekannt waren. Wenn das so wäre, konnte sie ihn mit Informationen versorgen, die die Suche vereinfachen würden.

Er entschied, zu Kitiara zurückzukehren, die im Norden kämpfte. Lord Verminaards unzählige Soldaten würden wahrscheinlich eher den Stab finden als er. Gakhan lieferte Kitiara vollständige Beschreibungen der Abenteurer. Sie war sichtlich erschrocken gewesen, daß es sich um ihre Halbbrüder, ihre alten Waffenkameraden und ihren ehemaligen Liebhaber handelte. Kitiara erkannte sofort das Wirken einer großen Macht, denn sie wußte, daß diese Gruppe bunt zusammengewürfelter Wanderer zu einer dynamischen Kraft des Guten – oder des Bösen – werden konnte. Unverzüglich teilte sie der Königin der Finsternis ihre Befürchtungen mit, die bereits über das Fehlen der Konstellation des Tapferen Kriegers beunruhigt war. Die Königin wußte sofort, daß sie recht behalten hatte – Paladin war zurückgekehrt, um sie zu bekämpfen. Aber als sie die Gefahr erkannte, war der Schaden bereits angerichtet.

Kitiara schickte Gakhan wieder auf die Suche. Schritt für Schritt verfolgte der kluge Drakonier die Gefährten von Pax Tarkas bis ins Königreich der Zwerge. Er war es gewesen, der ihnen nach Tarsis gefolgt war, und dort hätten er und die Finstere Herrin sie auch gefangengenommen, wenn nicht Alhana Sternenwind und ihre Greife dazwischengekommen wären.

Geduldig war Gakhan auf ihrer Fährte geblieben. Er wußte von der Trennung der Gruppe, hörte Berichte über sie aus Silvanesti, wo sie den großen grünen Drachen, Cyan Blutgeißel, vertrieben hatten, und dann von Eismauer, wo Laurana den dunklen Elfenmagier, Feal-Thas, getötet hatte. Er wußte von der Entdeckung der Kugeln der Drachen – der Zerstörung der einen, der Beherrschung der anderen durch den zerbrechlichen Magier.Es war Gakhan, der Tanis in Treibgut gefolgt und der in der Lage gewesen war, die Finstere Herrin zu der Perechon zu führen. Aber auch hier, wie schon zuvor, spielte Gakhan mit geschicktem Einsatz, um herauszufinden, daß die Karten seines Gegners den letzten Zug verhinderten. Der Drakonier gab nicht auf. Gakhan kannte seinen Gegner, er kannte die große Macht, die gegen ihn arbeitete. Er spielte mit einem hohen Einsatz – mit einem sehr hohen Einsatz.

Mit diesen Gedanken verließ er den Tempel Ihrer Majestät, in dem sich jetzt die Drachenfürsten zur Sitzung versammelten, und trat in die Straßen von Neraka. Jetzt, vor Anbruch des Abends, war es hell. Als die Sonne am Himmel hinunterglitt, wurden ihre letzten Strahlen von den Schatten der Zitadellen befreit. Sie brannte jetzt über den Bergen und färbte die immer noch schneebedeckten Wipfel blutrot.

Gakhans Reptilienblick weilte aber nicht auf dem Sonnenuntergang, Statt dessen suchte er die Straßen der Zeltstadt ab, die jetzt fast leer waren, da die meisten Drakonier an diesem Abend ihren Fürsten zur Verfügung stehen mußten. Die Fürsten hegten einen bemerkenswerten Mangel an Vertrauen untereinander und zu ihrer Königin. In ihren Gemächern waren schon Morde begangen worden und würden wahrscheinlich weiterhin begangen werden.

Das bereitete Gakhan jedoch keine Sorgen. In der Tat erleichterte es seine Arbeit. Schnell führte er die beiden Drakonier durch die stinkenden, mit Abfällen übersäten Straßen. Er hätte sie allein mit dieser Aufgabe betrauen können, aber Gakhan hatte allmählich seinen großen Gegner sehr gut kennengelernt und verspürte ein entschiedenes Gefühl von Dringlichkeit.

»Hier ist es«, sagte er, vor einem Bierzelt anhaltend. Auf einem Schild an einem Pfahl stand in der Umgangssprache »Das Drachenauge«, während ein Plakat am Eingang verkündete »Für Drakos und Goblins Zutritt verboten«. Gakhan spähte durch die schmutzige Zeltöffnung und sah sein Opfer. Er machte seinen Begleitern Zeichen.Sein Eintritt löste einen Aufruhr aus, als die Menschen im Schankraum ihre verschleierten Blicke auf die Neuankömmlinge richteten und sie als drei Drakonier erkannten. Man schrie höhnische Bemerkungen. Die Schreie und höhnischen Bemerkungen erstarben jedoch sofort, als Gakhan seine Kapuze abnahm, die sein Reptiliengesicht versteckte. Jedermann erkannte Fürstin Kitiaras Gefolgsmann. Eine Dunstwolke legte sich über die Menge, die dicker war als der übelriechende Rauch und die ekligen Gerüche, die den Raum erfüllten. Die Menschen warfen den Drakoniern ängstliche Blicke zu, dann wandten sie sich zusammengekauert ihren Getränken zu und versuchten, unauffällig zu wirken.

Gakhans glitzernde schwarze Augen fuhren über die Menge.

»Dort«, sagte er auf drakonisch und zeigte auf einen Mann, der über der Theke hing. Seine Begleiter handelten unverzüglich, ergriffen den einäugigen menschlichen Soldaten, der sie in seinem betrunkenen Zustand entsetzt anstarrte.

»Bringt ihn nach draußen«, befahl Gakhan.

Die Proteste und Bitten des verwirrten Hauptmannes wie auch die haßerfüllten Blicke und gemurmelten Drohungen der Menge ignorierend, zogen die Drakonier ihren Gefangenen nach draußen. Gakhan folgte langsam.

Die erfahrenen Drakonier brauchten nur wenige Augenblicke, um ihren Gefangenen so weit auszunüchtern, daß er reden konnte – die heiseren Schreie des Mannes ließen vielen Stammgästen die Lust auf Alkoholisches vergehen – und schließlich in der Lage war, auf Gakhans Fragen zu antworten.

»Erinnerst du dich, heute nachmittag einen Offizier der Drachenarmee wegen Verdacht auf Desertion verhaftet zu haben?«

Der Hauptmann erinnerte sich, viele Offiziere befragt zu haben... er war ein geschäftiger Mann... sie sahen alle gleich aus.

Gakhan machte den Drakoniern Zeichen, die prompt und wirksam reagierten.

Der Hauptmann schrie vor Schmerzen auf. Ja, ja! Er erinnerte sich! Aber es war nicht nur ein Offizier, es waren zwei gewesen.

»Zwei?« Gakhans Augen glitzerten. »Beschreib den anderen!«

»Ein großer Mensch, wirklich groß. Er quoll fast aus seiner Uniform heraus. Und sie hatten Gefangene...«

»Gefangene!« Gakhans Reptilienzunge zuckte aufgeregt in seinem Mund. »Beschreib sie!«

Der Hauptmann war allzu glücklich, sie beschreiben zu können. »Eine menschliche Frau, rote Locken, Brüste in der Größe von...«