Выбрать главу

Wenn du stirbst – stirbt auch sie!

Sein Körper erbebte vor Eiseskälte. Der Halb-Elf hielt inne, dann trat er zurück. Schließlich taumelte Laurana benommen auf die Füße. Einen Moment lang blickte sie sich wirr um, blinzelte im flackernden Fackelschein. Ihr Blick richtete sich auf Kitiara, die ihr hinter dem Drachenhelm zulächelte.

Beim Anblick ihrer Feindin, der Frau, die sie verraten hatte, richtete sich Laurana auf. Einen Moment lang vergaß sie in ihrem Zorn ihre Angst. Gebieterisch wanderte ihr Blick nach unten, dann nach oben, dann über die ganze Halle. Glücklicherweise sah sie nicht nach hinten. Sie sah nicht den bärtigen Halb-Elfen in der Drachenrüstung, der sie scharf beobachtete. Statt dessen sah sie die Soldaten der Dunklen Königin, sie sah die Drachenfürsten auf ihren Thronen, sie sah die Drachen oben an der Decke. Schließlich blieb ihr Blick auf der dunklen Form der Königin der Finsternis haften.

Und jetzt weiß sie, wo sie sich befindet, dachte Tanis, der sich elend fühlte, denn aus Lauranas Gesicht war jede Farbe gewichen. Jetzt weiß sie, wo sie ist und welches Schicksal sie erwartet.

Welche Geschichten muß man ihr erzählt haben, in den Verliesen unterhalb des Tempels, wie hat man sie gequält mit Geschichten über die Todeskammern der Königin der Finsternis.

Vermutlich hat sie die Schreie der anderen gehört, dachte Tanis. Sie hatte ihre Schreie in der Nacht gehört, und jetzt, binnen Stunden, vielleicht Minuten, würde sie in diese Schreie einstimmen.

Mit leichenblassem Gesicht wandte sich Laurana wieder Kitiara zu, als ob sie der einzige Fixpunkt in einem wirbelnden Universum wäre. Tanis sah Lauranas zusammengepreßte Zähne, sie biß sich auf die Lippen, um sich zu beherrschen. Sie würde dieser Frau niemals ihre Angst zeigen, sie würde keinem hier ihre Angst zeigen.

Kitiara machte eine kleine Handbewegung.

Laurana folgte ihrem Blick.

»Tanis...«

Sich umwendend, sah Laurana den Halb-Elfen, und als ihre Augen sich trafen, sah Tanis in ihnen Hoffnung. Er spürte, wie ihre Liebe ihn umfing und ihn wie das Erwachen des Frühlings nach der bitteren Dunkelheit des Winters segnete. Denn Tanis hatte erkannt, daß seine Liebe zu ihr das Band zwischen seinen beiden miteinander im Krieg stehenden Hälften war. Er liebte sie mit der unveränderbaren, ewigen Liebe seiner Elfenseele und mit der leidenschaftlichen Liebe seines menschlichen Blutes. Aber die Erkenntnis kam zu spät, und jetzt würde er für diese Erkenntnis mit seinem Leben und mit seiner Seele zahlen.

Er konnte Laurana nur einen Blick zuwerfen. Ein Blick, indem die Botschaft seines Herzens liegen mußte, denn er spürte Kitiaras braune Augen, die ihn aufmerksam beobachteten. Und andere Augen waren auf ihn gerichtet.

Sich dieser Augen bewußt, zwang sich Tanis, in seinem Gesicht nichts über seine Gedanken zu enthüllen. Seine ganze Beherrschung aufbringend, spannte er seine Kiefer an, hielt seinen Blick sorgfältig ausdruckslos. Laurana hätte eine Fremde sein können. Kalt drehte er sich von ihr weg, und er sah die Hoffnung in ihren leuchtenden Augen flackern und sterben. So wie eine Wolke die Sonne verdunkelt, verwandelte sich Lauranas Liebe in schiere Verzweiflung, die Tanis frösteln ließ.

Er hielt den Knauf seines Schwertes fest umklammert, um sein Zittern zu unterdrücken, und wandte sich Takisis, der Königin der Finsternis, zu.

»Eure Dunkle Majestät«, rief Kitiara, während sie Laurana am Arm ergriff und nach vorn zog, »ich überreiche Euch mein Geschenk – ein Geschenk, das uns den Sieg bringen wird!«

Einen Moment lang war sie von stürmischem Beifall unterbrochen. Sie hob ihre Hand, erbat sich Ruhe und fuhr fort.

»Ich gebe dir die Elfenfrau Lauralanthalasa, Prinzessin der Qualinesti-Elfen, Befehlshaber der schädlichen Ritter von Solamnia. Sie war es, die die Drachenlanzen zurückbrachte, sie war es, die die Kugel der Drachen im Turm des Oberklerikers anwendete. Auf ihren Befehl reisten ihr Bruder und ein Silberdrache nach Sanction, wo sie es mit Hilfe der Unfähigkeit von Lord Ariakus schafften, in den heiligen Tempel einzubrechen und die Zerstörung der Eier der guten Drachen zu entdecken.«

Ariakus trat einen drohenden Schritt vor, aber Kitiara ignorierte ihn kühl. »Ich schenke sie Euch, meine Königin, damit Ihr mit ihr verfahrt, wie sie es Eurer Meinung nach verdient hat.«

Kitiara schleuderte Laurana nach vorn. Die Elfenfrau stolperte und fiel vor der Königin auf die Knie.

Du hast dich bewährt, Fürstin Kitiara, und du wirst reich belohnt werden. Wir werden diese Elfe in die Todeskammern führen lassen, dann werden wir dir deine Belohnung gewähren.

»Vielen Dank, Majestät.« Kitiara verbeugte sich. »Bevor wirunseren Handel abschließen, bitte ich Euch um zwei Dinge.«

Sie streckte ihre Hand aus und fing Tanis mit ihrem starken Griff. »Zuerst möchte ich Euch jemanden vorstellen, der in Eurer großartigen und siegreichen Armee dienen möchte.«

Kitiara legte eine Hand auf Tanis' Schulter und deutete mit einem festen Druck an, daß er sich hinknien sollte. Unfähig, den letzten Blick von Laurana aus seinem Bewußtsein zu löschen, zögerte Tanis. Er konnte sich noch immer von der Dunkelheit abwenden. Er konnte sich immer noch zu Laurana stellen, und sie würden gemeinsam dem Ende entgegensehen.

Dann grinste er höhnisch.

Wie selbstsüchtig ich bin, sagte er bitter, daß ich sogar in Erwägung ziehe, Laurana für einen Versuch zu opfern, meine eigene Dummheit zu decken. Nein, ich allein werde für meine Untaten bezahlen. Wenn ich nichts Gutes mehr in meinem Leben machen kann, dann will ich wenigstens sie retten. Und ich werde dieses Wissen mit mir tragen wie eine Kerze, die meinen Weg beleuchtet, bis die Dunkelheit mich verzehrt hat!

Kitiaras Griff war selbst durch die Drachenschuppenrüstung schmerzhaft. Die braunen Augen hinter dem Drachenhelm begannen vor Wut zu flimmern.

Langsam sank Tanis mit gebeugtem Kopf vor Ihrer Dunklen Majestät auf die Knie.

»Ich stelle Euch Euren demütigen Diener, Tanis, den Halb-Elfen, vor«, fuhr Kitiara kühl fort, obwohl Tanis eine Spur Erleichterung in ihrer Stimme zu erkennen glaubte. »Ich habe ihn zum Kommandanten meiner Armee ernannt, als Nachfolger meines verstorbenen Kommandanten Bakaris.«

Unser neuer Diener soll vortreten, hörte Tanis in seinem Bewußtsein.

Tanis spürte Kits Hand auf seiner Schulter, als er sich erhob.

Sie zog ihn zu sich. Schnell flüsterte sie: »Vergiß nicht, du bist jetzt das Eigentum Ihrer Dunklen Majestät, Tanis. Sie muß völlig überzeugt sein, oder nicht einmal ich werde dich retten können, und du wirst deine Elfenfrau nicht retten können.«

»Ich vergesse es nicht«, sagte Tanis ausdruckslos. Er schüttelte sich aus Kitiaras Griff frei, trat nach vorn, um am äußersten Rand der Plattform unter dem Thron der Dunklen Königin stehenzubleiben.

Hebe deinen Kopf. Sieh mich an, kam der Befehl.

Tanis nahm seinen ganzen Mut zusammen, bat tief in seinem Innern um Stärke, eine Stärke, von der er nicht sicher war, sie zu besitzen. Wenn ich versage, ist Laurana verloren. Um der Liebe willen, muß ich die Liebe verbannen. Tanis hob seine Augen.

Sein Blick wurde festgehalten. Wie hypnotisiert starrte er auf die dunkle Form, unfähig, sich abzuwenden. Es war nicht notwendig, sich zu Ehrfurcht und Verehrung zu zwingen, denn das kam von allein, so wie es mit allen Sterblichen geschah, die einen Blick auf Ihre Dunkle Majestät warfen. Aber selbst jetzt stellte er tief in seinem Innern fest, daß er immer noch frei war.

Ihre Macht war nicht vollkommen. Sie konnte ihn nicht gegen seinen Willen verzehren. Obwohl Takisis sich bemühte, diese Schwäche nicht zu enthüllen, war sich Tanis des Kampfes bewußt, den sie führte, um in die Welt zu treten.

Ihre dunkle Gestalt schwankte vor seinen Augen, enthüllte sich in all ihren Verkleidungen, bewies, daß sie über keine die Kontrolle besaß. Zuerst erschien sie ihm als fünfköpfiger Drache gemäß der solamnischen Legende. Dann änderte sich die Gestalt, und sie war die Verführerin – eine Frau, für die Männer ihr Leben geben würden. Eine neue Gestalt. Jetzt war sie der Dunkle Krieger, ein hochgewachsener und mächtiger Ritter des Bösen.