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»Es spricht die Sprache Arams«, stammelte der Krieger fassungslos.

»Es versteht sogar ein wenig das Drusnische, wenngleich ich meine Zunge nicht so zu verbiegen vermag, dass ich eure Sprache auf verständliche Weise nachzuahmen verstünde.«

»Das ist Nica …, Neca …«, sagte Volodi.

»Necahual, Anführer dieses Rudels«, unterbrach ihn der Jaguarmann und wandte sich an den jungen Krieger. »Und ich rate dir, mein Freund, den Worten eines Mannes, der sich nicht einmal einen einfachen Namen merken kann, nicht allzu sehr zu vertrauen. Volodi, der über den Adlern schreitet, mag ein herausragender Krieger sein. Ein Gelehrter, der mit meinem Volk, seinen Gebräuchen und seiner Geschichte vertraut wäre, ist er sicherlich nicht.«

»Er will dich nur verführen, durch dieses Tor zu schreiten«, murrte Volodi. Dann deutete er auf die weißen Steinplatten, mit denen der weite Platz ausgelegt war. »Sieh dir die Bilder an, die in den Stein geschnitten sind, die Priester in Federkleidern, die riesigen Schlangen, die sich um Altäre winden, die Hügel aus Totenschädeln. Dann weißt du, was dich hinter diesem Tor erwartet.«

»Die schönen Frauen, die Völlerei, der Wein … Sieh genau hin, Drusnier. Und du, Volodi, komm mit mir!«

Volodi kämpfte gegen den Impuls aufzustehen. Was war mit ihm los? Warum ließ er sich von diesem verdammten Katzenarsch herumkommandieren? Wenn er aufstand, dann höchstens, um zum Statthalterpalast Arams zu gehen. Er war ein Befehlshaber in der Leibwache des Unsterblichen. Er sollte seine Zinnernen rufen und endgültig mit diesen überheblichen Kätzchen aufräumen.

»Ich muss mit dir über Quetzalli sprechen«, sagte der Zapote und entfernte sich von der Gruppe.

Volodi fluchte. Dann stand er doch auf und folgte ihm. Das klare Morgenlicht brannte in seinen Augen, sodass er den Blick gesenkt hielt. Er setzte seine Schritte vorsichtig, um nicht auf die Bilder von Priestern und Kriegern zu treten. Er wusste, dass diese Handvoll Zapote ein ganzes Heer aufgehalten hatten. Sie waren tapfer. Und verrückt … Volodi fühlte sich unwohl, wenn sie in der Nähe waren. Aus den Augenwinkeln sah er, wie drei weitere Männer aus der Gruppe aufstanden und zu dem großen, weißen Tor, hinter dem irgendwo in den blühenden Gärten der Tod wartete, hinübergingen. Lachen erklang von dort. Es waren noch mehr Mädchen mit Blumenketten gekommen. Es sah ganz harmlos aus. Wie ein herzliches Willkommen nach siegreicher Schlacht.

»Du weißt, dass Quetzalli meine Schwester ist«, sagte Necahual mit so hartem Akzent, dass seine Worte kaum zu verstehen waren. Er sprach gepresst und leise. Auch sein Blick war zu Boden gerichtet. »Ich weiß, du hältst mich für das, wonach ich aussehe. Für ein wildes Tier. Und du hast recht damit … Wenn ich kämpfe oder wenn mich die Leidenschaft übermannt, dann bin ich kein Mensch mehr. Erst wenn mein Blut wieder kühl wird … doch dann erinnere ich mich kaum, was ich getan habe. Wir werden in meinem Volk verehrt und sind zugleich auch Ausgestoßene. Wir werden weggesperrt, wenn es keine Verwendung für uns gibt, weil wir eine Gefahr sind.« Es schwang kein Selbstmitleid in seiner Stimme. Er sprach nüchtern und sachlich.

Volodi wusste nicht, was er sagen sollte. Er fühlte sich etwas klarer. Es tat gut, nicht mehr diesen süßlich stinkenden Sack über den Kopf gestülpt zu haben.

»Hast du eine Vorstellung, warum ich nach Kush gekommen bin, Drusnier?«

»Um dich zu holen blonde Männer für Blutaltäre. Ist sich klar!« Volodi hasste es, sich in der Sprache Arams unterhalten zu müssen, die er nie ganz gemeistert hatte.

Der Panthermann schnaubte. »Du glaubst, du kennst mich? Ich bin deinetwegen gekommen. Die anderen musste ich mitbringen. Ich brauchte sie, um zu rechtfertigen, dass wir nach Kush gingen. So war es mit deinem einarmigen Freund abgemacht. Ein Handel um Fleisch. So sahen es die Hohepriester. Alle waren einverstanden. Aber in Wahrheit ging es für mich immer nur um dich. Ich will, dass du durch dieses Tor dort hinten gehst. Freiwillig.«

Volodi biss die Zähne zusammen. Kolja! Er hatte es geahnt. Kolja hatte ihn zu den Zapote geschickt. Er musste gewusst haben, was geschehen würde. Warum? Wie hatte sein Freund ihn so hintergehen können. Wollte er allein die Zinnernen anführen? Sein eigenes Schattenreich in den dunklen Gassen der Goldenen Stadt errichten? Das hätte er nie geduldet … und Kolja hatte das gewusst!

»Fehlen dir jetzt endgültig die Worte, du schafsköpfiger Stammler?«, zischte Necahual. »Dein bester Freund hat dich verraten. Und dein Feind steht vor dir und fleht dich um einen Gefallen an. Um etwas, das allein du vollbringen kannst. Als Einziger auf Daia und Nangog kannst du meine Schwester retten.«

Volodi starrte den Panthermann an. Das Gesicht hinter den Raubtierkiefern lag im Schatten. Es war unmöglich, in seinen Zügen zu lesen.

»Wie geht es sich Quetzalli?«

»Schlecht. Sie büßt dafür, dass sie dich nicht hierhergeführt hat. Als du sie kennengelernt hast, war sie eine Jägerin. Sie war …«

»Sie war sich eine Hure! Hat sich Männer verführt, zu gehen mit sich in Bett. Und wenn sich Kopf leer war von Männer, hat sie genommen sich und ist sich gegangen in verfluchte Tempelstadt.«

»So mag es aussehen, wenn man mein Volk nicht kennt«, entgegnete der Jaguarmann erstaunlich ruhig. »Tatsächlich war sie eine Priesterin von hohem Rang, die sich ganz und gar dem Dienst an der Gefiederten Schlange verschrieben hatte. Sie hatte heilige Eide geschworen, niemals einen Mann zu lieben. Sie gehörte allein der Schlange, und es war ihre Aufgabe, würdige Opfer zu finden. Und dann ist sie dir begegnet, und sie hat ihr Volk verraten … und was noch schlimmer ist, ihren Gott. Du bist entkommen. Meine Schwester aber musste die schlimmste aller Strafen erdulden, die einer Priesterin zuteilwerden kann.«

Immer noch sprach Necahual ohne jede Emotion.

Volodi starrte in das hinter Schatten verborgene Gesicht. »Habt ihr sie sich ermordet … Habt sie sich gezerrt selbst auf einen Blutaltar. War es sich so?«

Der Zapote schüttelte sanft den Jaguarkopf. »Du verstehst nicht. Sein Leben der Gefiederten Schlange zu geben ist eine Ehre. Und Ehre hat man meiner Schwester nicht erwiesen. Auch nicht Gnade, denn nichts anderes wäre eine Hinrichtung gewesen. Ihr wurde bestimmt, ›Fleisch‹ zu sein.«

»Fleisch?« Volodi schwankte. Er fühlte sich, als habe ihn ein Schlag in den Magen getroffen. Was sollte das heißen, Fleisch? Unwillkürlich musste er an die Hunde und Geier auf dem Schlachtfeld denken, die am Fleisch der Toten gezerrt hatten.

»So bestraft die Priesterschaft ihre Feinde von hoher Geburt. Die Weiber und Töchter aus Familien von Adel werden dazu verdammt, den Adlerrittern und Jaguarmännern gefügig zu sein, denn auch wir sind Männer … zumindest ein Teil von uns ist es noch und wir sehnen uns nach … zärtlichen Stunden.« Bei den letzten Worten war Necahual ins Stocken geraten und wandte sein Gesicht ab.

»Also tut sich deine Schwester, was sie sich immer hat getan«, murmelte Volodi bitter. »Steigt sich in Bett mit fremden Männern.«

Die Bewegung kam so schnell und unerwartet, dass Volodi völlig überrumpelt wurde. Obwohl die schwarzen Krallen des Panthermanns seine Wange kaum berührten, blieben vier Schnitte zurück, aus denen warmes Blut auf seine Schulter troff. Der Drusnier machte einen Satz zurück, duckte sich und hob die Fäuste. Ihm war klar, dass der Jaguarkrieger ihn zerfleischen könnte, aber zumindest würde er sich nicht mehr überrumpeln lassen.

Necahual hatte die Rechte erhoben, als wolle er noch einmal zuschlagen. Seine Krallenhand zitterte. »Du wirst nicht schlecht von meiner Schwester sprechen. Du hast ja keine Ahnung … du goldhaariges Stück Scheiße!«

Solange er redete, würde er nicht wieder zuschlagen, dachte Volodi. »Was ist sich anders jetzt? Bin ich mich Barbar. Musst du mir mich langsam erklären.«